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ОглавлениеAls Professorin Rikke um viertel nach elf nach Hause zurückkam, war die Sondersendung über Douglas Douglas Jr., den knochenlosen Siebzehnjährigen, schon vorbei. Wansl, ihr Lebensgefährte, war vom Schachspiel heimgekehrt und saß mit einem Katalog für Elektronikbauteile im Sessel vor dem Fenster. In der Küche summte leise die Spülmaschine, die sie nach Erhalt ihrer Professur als erstes angeschafft hatte.
„Hast du zufällig ferngesehen?“ fragte sie.
„Nur kurz. Es gab irgendwas über Schlangenmenschen und Feuerschlucker. Völliger Blödsinn. Hat mich nicht weiter interessiert.“
„Aber mich hätte es vielleicht interessiert. Außerdem ist das kein Schlangenmensch, sondern ein Junge ohne Knochen.“
Sie zog ihre Jacke aus und hängte sie an die Garderobe. Dietmar hatte wirklich keine Hemmungen. Ohne Überleitung hatte er angefangen, auf die Lebensgefährtin des Außenministers einzureden und sie zu allem Überfluß auch noch mit zu ihr gezerrt.
„Wenn Sie sich für Kunst interessieren, dann hab ich etwas ganz Besonderes für Sie.“ Dietmar hatte das eingepackte Bild unter dem Buffettisch hervorgeholt, die Schnur gelöst und die Decke auseinandergeschlagen. „Sei doch so gut, Sabine, und halt das mal kurz.“ Und so mußte Professorin Rikke das Bild in die Höhe halten, während Dietmar der Lebensgefährtin die Einzelheiten erklärte. „Ich setze mich gerade mit der Schrift in der Malerei auseinander. Ein Rückgriff auf den Kubismus. Malerei selbst ist ja auch Schrift. Und so frage ich mich, inwieweit Schrift nicht vielleicht umgekehrt, innerhalb eines Bildes, zum reinen Objekt werden kann.“ Er machte beim Sprechen mit den ausgestreckten Handflächen kreisende Bewegungen über der Leinwand, so als wollte er das Gesagte in das Bild hineinreiben.
„Riechen Sie? Noch ganz frisch. Ich war den ganzen Tag im Atelier. Das dürfte Sie vielleicht interessieren. Wenn Sie mal vorbeikommen wollen, jederzeit. Warten Sie, ich gebe Ihnen mal mein Kärtchen. Danke, Sabine.“ Dietmar nahm Professorin Rikke das Bild wieder ab und stellte es auf den Boden. Um die Pause zu überbrücken, während er in seinem Organizer nach seiner Karte suchte, stellte er Sabine der Lebensgefährtin vor.
„Sie ist Professorin für Frauenstudien in Gießen.“
„Interessant“, sagte die Lebensgefährtin und musterte dabei Professorin Rikke.
„Ist irgendwas?“
„Nein, nein. Ich überlege nur, ob ich Sie nicht von irgendwoher kenne.“
„Ich wüßte nicht.“
„Na, nicht so bescheiden“, mischte sich Dietmar wieder ein, während er der Lebensgefährtin seine Karte überreichte. „Vielleicht kennen Sie uns aus dem Fernsehen.“
„Stimmt“, ein Lächeln ging über das Gesicht der ehemaligen Fernsehvolontärin. „Sie waren mal im Fernsehgarten, richtig?“
„Haargenau“, strahlte Dietmar. Professorin Rikke war die Situation eher peinlich.
„Da hab ich damals mitgearbeitet. Sie haben da Frauen beraten, wie sie das Beste aus ihrem Typ machen können, nicht wahr?“
Dietmar konnte so etwas mit Humor nehmen. „Hahaha, na ja, nicht so ganz. Es ging um die Bedeutung der Sommersonnenwende in unserer Kultur.“
„Ach, das mit den Seifenkisten, ja das war schön. Ich durfte nachher auch mal mit einer fahren. Toll war das. Das kam bei den Kindern gut an.“
„Und hatte gleichzeitig noch einen tieferen Sinn.“ Dietmar versuchte das Gespräch für Professorin Rikke erträglich zu halten, doch es war zu spät. Sie hatte sich reserviert höflich verabschiedet und den Laden verlassen.
„Und sonst haben die nichts gezeigt im Fernsehen?“ fragte sie Wansl noch einmal, während sie sich selbst die verspannte Schulter massierte.
„In irgendeinem amerikanischen Kaff wollten die Bewohner irgendwelche Tiere aus einem Zoo in Teer sieden, und dabei ist ein unheimlich wertvoller Ara abhanden gekommen. Jetzt suchen die den bundesweit, weil es ein einmaliges Tier ist. Der kann mit seinem Schnabel Zahlen addieren und sogar schreiben.“