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2. Bücherverbote in der alten Kirche.

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In manchen Ausgaben des Römischen Index findet sich als Motto die Stelle Apg. 19, 19, wo berichtet wird, dass zu Ephesus „Viele, welche vorwitzige Dinge (Zaubereien) getrieben, die Bücher zusammenbrachten und öffentlich verbrannten“, oder auch ein Titelkupfer, welches die Scene darstellt mit jener Stelle als Unterschrift (so noch in der Ausgabe von 1819). Es ist aber doch ein Unterschied zwischen dem, was damals in Ephesus geschah, als diejenigen, welche Zaubereien getrieben, durch die Predigt des h. Paulus und die Zeichen, welche sie begleiteten, bekehrt und von der Nichtigkeit und Sündhaftigkeit ihres Treibens überzeugt, freiwillig ihre Zauberbücher verbrannten, und dem, was die spätere kirchliche Gesetzgebung vorschreibt, dass die von den Päpsten oder päpstlichen Behörden durch allgemeine Regeln oder specielle Erlasse für glaubens- oder sittengefährlich erklärten Bücher von niemand ohne eine ausdrückliche Erlaubniss der kirchlichen Oberen gelesen, vielmehr diesen abgeliefert und verbrannt werden sollen.

Seit jenem Vorfalle in der apostolischen Zeit hat die kirchliche Gesetzgebung über gefährliche Bücher grosse Wandlungen durchlaufen.

Dass ein Christ das Lesen solcher Bücher zu meiden hat, von denen er weiss, dass ihre Lectüre ihm in religiöser oder sittlicher Hinsicht schädlich sein würde, ist ein Grundsatz, der seit den Zeiten der Apostel immer gegolten. Aber dieser Grundsatz ist in den ersten Jahrhunderten von den kirchlichen Oberen nur durch Belehrung und Ermahnung zur Geltung gebracht worden. Dass kirchliche Behörden bestimmte Bücher als solche bezeichneten, welche von den Gläubigen im allgemeinen nicht gelesen werden dürften, davon finden sich in dem ersten Jahrtausend, und zwar erst seit dem 4. Jahrhundert, nur einige Beispiele, und davon, dass das Lesen eines in dieser Weise verbotenen Buches von einer speciellen Erlaubniss der kirchlichen Oberen abhängig gemacht und sonst mit kirchlichen Strafen bedroht worden wäre, nur allenfalls eins, aus dem J. 787.

Kirchliche Bücherverbote kommen erst vor, nachdem die christliche Religion durch Constantin den Grossen Staatsreligion geworden. Das Concil von Nicaea (325) verbot1) die Thalia des Arius; darauf erliess Constantin ein Edict, worin er verordnete: wie die gottlosen Bücher des Porphyrius gegen die christliche Religion vernichtet worden seien, so sollten auch die Schriften des Arius verbrannt werden; wer dieselben verberge und nicht sofort zum Verbrennen abliefere, solle mit dem Tode bestraft werden2). Eine ähnliche Verordnung erliess Arcadius 398 bezüglich der Bücher der Eunomianer: wer sie nicht abliefere, heisst es am Schlusse derselben, solle velut noxiorum codicum et maleficii crimine conscriptorum retentator mit dem Tode bestraft werden3); es werden also auf die häretischen Bücher in verschärfter Form die Strafbestimmungen des Römischen Rechts bezüglich der magischen Bücher angewendet: libros magicae artis apud se neminem habere licet, et si penes quoscunque reperti sint, bonis ademtis ambustisque his publice in insulam deportantur, humiliores capite puniuntur4).

Die beiden genannten Verordnungen sind ohne Zweifel aus Veranlassung der Beschlüsse der beiden ersten allgemeinen Concilien, vielleicht auf Ersuchen derselben erlassen worden. Von der Synode von Ephesus vom J. 431 ist uns ein Schreiben erhalten, worin der Kaiser Theodosius gebeten wird, dafür zu sorgen, dass die Irrlehre des Nestorius aus den Kirchen entfernt und seine Bücher überall verbrannt würden1). Der Kaiser verordnete darauf 435: die Bücher des Nestorius dürfe niemand besitzen, lesen oder abschreiben, dieselben seien vielmehr sorgfältig aufzusuchen und zu verbrennen2). In einem andern Edicte des Theodosius wird befohlen, die Bücher des Porphyrius und anderer gegen die christliche Religion und die Schriften, welche mit der Lehre der Synoden von Nicaea und Ephesus und des Cyrillus von Alexandrien nicht übereinstimmten, namentlich die des Nestorius zu verbrennen. Wer sie behalte und lese, habe „die äusserste Strafe“ zu erwarten3). In dem Edicte von 435 wird Vermögens-Confiscation, in einem ähnlichen nach dem Concil von Chalcedon (451) erlassenen Edicte über die Bücher der Eutychianer und Apollinaristen Deportation auf Lebenszeit angedroht4). Dass eine dieser Strafen oder gar die Todesstrafe wirklich verhängt worden sei, davon wird kein Fall berichtet; es scheint bei der Androhung derselben sein Bewenden gehabt zu haben.

Diese und einige andere Beispiele5) zeigen, dass es in den ersten Jahrhunderten nach Constantin Praxis war, dass die Concilien häretische Lehren verdammten und dann die Kaiser die betreffenden Bücher verboten und ihre Verbrennung anordneten.

Noch die Synode von Constantinopel von 536 beschränkte sich auf die Erklärung, die Bücher des Severus seien zu verbrennen, und bat den Kaiser Justinian, die Verbrennung anzuordnen, was denn dieser auch unter Bezugnahme auf die älteren derartigen kaiserlichen Verordnungen that1).

Das erste rein kirchliche Bücherverbot kommt um 400 in dem Origenisten-Streite vor: auf einem unter dem Vorsitz des B. Theophilus von Alexandria 399 gehaltenen Concil wurde verordnet, niemand dürfe die Bücher des Origenes „lesen oder haben“. Gegen dieses Verbot, berichtet Sulpicius Severus2), hätten ägyptische Mönche opponirt, indem sie sagten, man dürfe nicht Schriften, die viel Gutes enthielten, um des Tadelnswerthen willen, welches darin stehe und welches auf Interpolationen durch die Häretiker beruhe, verdammen, da die Leser leicht das Gute und das Schlechte von einander unterscheiden könnten; dagegen hätten die Bischöfe geltend gemacht, es gebe mehr als genug von der Kirche gut geheissene Bücher, darum sei das Lesen solcher zu unterlassen, die den Ununterrichteten mehr schaden als den Unterrichteten nützen könnten; es sei darüber zu ärgerlichen Streitigkeiten gekommen und die Bischöfe hätten schliesslich den bedenklichen Schritt gethan (scaevo exemplo), zur Durchführung der kirchlichen Disciplin die Hülfe des Präfecten anzurufen.

Im J. 446 schritt Leo I. zu Rom gegen die Manichäer ein und liess eine grosse Zahl von Büchern derselben verbrennen3). Wenn Prosper, der dieses berichtet, beifügt, viele Bischöfe im Orient hätten die industria des Papstes nachgeahmt, so ist damit wahrscheinlich nicht speciell das Verbrennen von Büchern, sondern überhaupt das Einschreiten gegen die Manichäer gemeint. Im folgenden Jahre schrieb Leo an den spanischen Bischof Turibius: die von den Priscillianisten gefälschten Bibelhandschriften dürften nicht bei den kirchlichen Lesungen gebraucht werden, ihre apokryphischen Schriften aber seien nicht nur zu verbieten, sondern zu verbrennen; einen Bischof, der nicht verbiete, die Apokryphen im Hause zu haben, oder gestatte, die von den Priscillianisten verfälschten Codices als biblische zu lesen, müsse man als Ketzer ansehen; auch derjenige, welcher die priscillianistischen Schriften des Dictinnius gebrauche, die nicht nur von der katholischen Kirche, sondern auch von ihrem Verfasser selbst nach seiner Bekehrung verdammt worden seien, sei nicht als Katholik anzusehen1).

Die erste allgemeine Synode, welche selbst die Verbrennung der (ihr vorliegenden Exemplare der) von ihr verdammten Schriften, — darunter der Briefe des Papstes Honorius, — anordnete, war die dritte allgemeine Synode von Constantinopel im J. 6812). Die Trullanische Synode von 692 verordnete das Verbrennen von erdichteten Martyrergeschichten3).

Die zweite allgemeine Synode von Nicaea (787) befahl, die Schriften gegen die Bilderverehrung in der Amtswohnung des Bischofs von Constantinopel mit den Büchern der übrigen Häretiker aufzubewahren, und bestimmte: wer überwiesen werde, dass er dieselben verberge, solle, wenn er ein Bischof, Priester oder Diakon sei, abgesetzt, wenn er ein Mönch oder Laie sei, excommunicirt werden4). Etwas früher, auf dem Römischen Concil im J. 755, wurde von den Bischöfen beantragt, die von dem Concil verdammten Schriften des Adelbert zu verbrennen; Papst Zacharias erklärte es aber für zweckmässiger, sie im Römischen Archiv aufzubewahren ad reprobationem et ad perpetuam ejus confusionem5).

Als der älteste Index verbotener Bücher wird gewöhnlich das 496 auf einem Römischen Concil publicirte (auch in das Decretum Gratiani c. 3 D. 15 aufgenommene) sog. Decretum Gelasianum bezeichnet1). Es werden darin zunächst die von der Römischen Kirche recipirten patristischen Schriften aufgezählt; dann heisst es: „Caetera, quae ab haereticis sive schismaticis conscripta vel praedicata sunt, nullatenus recipit catholica et apostolica Romana ecclesia“, und nach einem langen Verzeichniss von Apokryphen und Schriften häretischer und als heterodox angesehener Schriftsteller: „Haec et omnia his similia … non solum repudiata, verum etiam ab omni Romana catholica et apostolica ecclesia eliminata atque cum suis auctoribus auctorumque sequacibus sub anathematis indissolubili vinculo in aeternum confitemur esse damnata.“ Das Decret ist offenbar kein Index im spätern Sinne, da es nur eine Verwerfung und Verdammung der betreffenden Schriften, nicht ein allgemeines Verbot des Lesens derselben ausspricht.

Bellarmin2) macht sich, nachdem er zu beweisen versucht, dass die Bücher der Ketzer mit Recht verboten und verbrannt würden, die Einwendung: nach Eus. H. E. 7, 6 habe Dionysius von Alexandria, als er wegen des Lesens häretischer Bücher getadelt wurde, sich auf eine Vision berufen; nach Socr. 6, 15 habe Theophilus von Alexandria, als man ihn darüber tadelte, dass er die Schriften des Origenes lese, geantwortet, er entnehme daraus das Gute und verwerfe das Schlechte; Hieronymus sage (Ep. 119, 11), er lese häretische Schriften, um das Gute daraus zu entnehmen, obschon er wisse, dass einige darüber murrten, und Gelasius sage de vinc. anath., die Bücher der Ketzer seien theils anzunehmen, theils zu verwerfen, und citire dabei das Schriftwort: Prüfet alles, das Gute behaltet. Auf diese Einwendung antwortet Bellarmin: Aus den ersten Stellen gehe hervor, dass es auch in der alten Kirche Sitte gewesen, ketzerische Bücher nicht zu lesen, da sonst niemand jene Väter getadelt haben würde. Das Lesen ketzerischer Bücher sei aber den Bischöfen und vielen anderen gestattet gewesen, wie es auch jetzt gestattet werde; darum hätten die Patriarchen Dionysius und Theophilus und der gelehrte Hieronymus sie lesen dürfen. Es habe bezüglich des Lesens ketzerischer Bücher, abgesehen von den Büchern des Arius, damals vielleicht (!) noch nicht, wie jetzt, ein allgemeines kirchliches Gesetz, sondern nur eine Gewohnheit bestanden. — Dass niemand, auch nicht ein Patriarch und ein Gelehrter, ohne Erlaubniss des Papstes ketzerische Bücher lesen dürfe, war jedenfalls in der alten Kirche weder Gesetz noch Gewohnheitsrecht.

1) ἀπεκήρυξεν. Socr. 1, 9, ed. Val. p. 30. Sozom. 1, 21, p. 435.

2) Socr. 1, 9, p. 32.

3) Cod. Theod. 1. 16, tit. 5, 1. 34.

4) Bücherverbote der alten Kirche.

1) Mansi IV, 1240.

2) Cod. Theod. 1. 16, tit. 5, 1. 66.

3) Cod. Just. 1. 1, tit. 1, n. 3: „Wir verordnen, alles was Porphyrius … oder irgend ein anderer gegen die christliche Religion geschrieben, bei wem es auch gefunden werden mag, zu verbrennen… Da es uns zu Ohren gekommen, dass Einige Lehren aufgeschrieben, die zweideutig sind und nicht genau mit dem orthodoxen Glauben übereinstimmen, der von der h. Synode der zu Nicaea und zu Ephesus zusammengekommenen h. Väter und von Cyrillus dargelegt worden, … so befehlen wir, derartige vordem oder jetzt verfasste Schriften, namentlich die des Nestorius, zu verbrennen und der gänzlichen Vernichtung preiszugeben, so dass sie niemand mehr zu Gesicht kommen können. Wer solche Schriften fortan besitzt und liest, hat die äusserste Strafe (ἐσχἀτην τιμωρίαν) zu erwarten.“

4) Cod. Just. 1. 1, tit. 5, 1. 6.

5) Boehmer, Jus eccl. prot. 1. V, tit. 7, § 92. 93.

1) Mansi VIII, 1153: „Wir verbieten allen, von diesen Büchern irgend eines zu besitzen; und wie es nicht gestattet ist, die Bücher des Nestorius abzuschreiben oder zu besitzen, weil die Kaiser vor uns in ihren Verordnungen befohlen haben, sie gleich den Schriften des Porphyrius gegen die Christen zu behandeln, so soll auch das, was Severus gesagt und geschrieben, bei keinem Christen bleiben, … vielmehr von den Besitzern verbrannt, … und fortan von niemand abgeschrieben werden. … Wer seine Schriften abschreibt, soll durch Abhauen der Hand bestraft werden“.

2) Dial. I, 6. 7.

3) Prosper, Chron. ed. Paris 1711. p. 749.

1) Ep. 15 n. 15. 16.

2) Mansi XI, 582: „Und wir beschliessen, dass diese Schriften als gottlos und seelenverderblich sofort zur gänzlichen Vernichtung dem Feuer übergeben werden sollen. Und sie wurden verbrannt“.

3) Mansi XI, 972.

4) Mansi XIII, 430.

5) Mansi XII, 379.

1) Hefele, Conc.-Gesch. II. §. 217.

2) Controv. de membris Eccl. mil. 3, 20.

Der Index der verbotenen Bücher. Bd.1

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