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Malen wir den Teufel an die Wand
ОглавлениеGloria in excelsis et in tenebris, Satan aeternus!
Amamus te, laudamus te, glorificamus te: Satan!
Satan nobiscum. Yallah! Yallah! Yallah!
Amen.
Nachdem wir die Geschichte des Satanismus etwas beleuchten konnten, möchte ich dich nun einladen, mit mir exemplarisch ein Bild des modernen Satanismus zu betreten. Wir haben bereits gesehen, daß Anton Szandor LaVeys Church of Satan den Satanismus wieder emanzipierte und zu einer selbstbewußten, eigenständigen Philosophie entwickelte. Michael Aquino’s Temple of Set führte dies fort und verband LaVeys Satanismus mit Crowleys thelemischen Konzepten. Beiden Ansätzen ist zueigen, daß sie bewußt sehr viele Fragen unbeantwortet lassen und sich kaum in Spekulationen verlieren.
Da die großen Wahrheiten meist die einfachen Wahrheiten sind, läßt sich das Heer von Dämonen, Unterteufeln, Oberteufeln, Gegengöttern sehr schön reduzieren, wie dies bereits LaVey mit seinen von Abramelin übernommenen höllischen Kronprinzen tat. Ziel ist es, ein einfaches System zu schaffen, in dem sich die Magie des Magiers heimisch fühlt und funktioniert, ohne Gefahr zu laufen, sich in kabbalistischen Zahlenlabyrinthen zu verirren. Wie wir dieses System nennen oder wie es gestaltet ist, bleibt letztlich egal.
Man erkennt ein gutes System daran, daß es einem paßt wie ein Maßanzug. Magische Systeme müssen wie Anzüge an- und ausprobiert werden, dann stellt man sehr schnell fest, ob sie zum Magier passen; weder beim einen noch beim anderen ist es vonnöten, jahrelang damit umherzulaufen. Der Magier wird augenblicklich feststellen, wo der Anzug nicht paßt. Wenn er im Schritt kneift, dann weiß er, daß der Anzug dort weiter sein muß. Wenn du dieses Buch liest und bearbeitest, dann probierst du meinen Anzug an, der zwar wahrscheinlich nicht perfekt für dich ist, aber hoffentlich ausreichend Bewegungsfreiheit läßt. Schließlich lerne Schneidern und fertige deinen eigenen Anzug. Geeigneter Stoff dafür liegt überall herum.
Wichtig ist der Erfolg. So ist alles, was ich in diesem Buch vorstelle nur ein Beispiel, das verändert, verworfen, nachgespielt, neu entworfen oder auch übernommen werden kann. Wirf einen Blick auf das folgende Bild:
Der Dreizack ist ein Anker, mit dem wir in der Unterwelt, den eigenen Tiefen, verankert sind, er ist das Schwert im Stein, die Verbindung zur Konstanten des Lebens selbst. Stein und Erde sind Belial zugeordnet, die unabhängige Basis dieser Welt. Durch das nach unten geöffnete Trapezoid und das inversen Pentagramm verliert sich die Ankerkette in namenloser Unendlichkeit, verläuft durch die gesamte Evolution des Lebens und knüpft uns im Irgendwo möglicherweise an die ursprüngliche Einheit. Dieser Hinweis auf Belial ist auch ein Hinweis auf die Ur-Mutter und Belial ist in diesem Bild eher weiblich als männlich. Das Schwert ist dem luftigen Prinzip zugeordnet, und so ist der Anker in unserer Mitte, im Pentagon, „verankert“. Der Kronprinz der Luft ist Luzifer, der in seinem prometheischen Aspekt den Lichtfunken von den alten Göttern stahl und ihn den Menschen brachte. Im Herzen des Pentagon wirkt der Wille des Magiers, eine schöpferische Kraft, die göttlich ist, da sie ihn von allen anderen Geschöpfen trennt und ihm so die Macht gibt zu herrschen. Dieser Funken Göttlichkeit ruht im Pentagon, das sich aufstrebend in unserer Mittel befindet und damit den Gegenpol zum hinabzeigenden Pentagramm bildet. Diesen Funken zur Flamme werden zu lassen heißt, frei zu werden. In dieses Pentagon könnte man ein aufrechtes Pentagramm zeichnen, welches dann ein absteigendes Pentagon beinhalten würde, in das man wieder ein inverses Pentagramm zeichnen könnte und so fort, bis unsere Augen die kleinen Pentagramme nicht mehr sehen können. So ist im kleinsten Lichtfunken das Ganze verborgen.
Es ist Luzifer, das Licht in der Dunkelheit, der uns vorantreibt, unsere Köpfe über die Himmel ragen zu lassen. Göttlichkeit zu kosten, während unsere Füße tief in der Erde Belials verwurzelt sind. Und so ist es Satan, der Bruder der Menschheit, der laut kirchlicher Meinung genau wie der Mensch sein Reich auf dieser Erde hat, der durch das inverse Pentagramm dargestellt wird und vielleicht ist es der Mensch selbst. Jener Mensch, der sich der ursprünglichen Einheit und seiner Existenz als Kind der Erde bewußt ist, denn das Pentagramm ist zu Belial geöffnet. Belial ist der Kronprinz, der ohne Meister ist, unabhängig von der Existenz des Menschen und so von ihm nicht zu „meistern“. Was macht man mit einer Kraft, die man nicht beherrschen kann? Man schließt einen Pakt mit ihr. Der Pakt mit Belial resultiert aus der Erkenntnis der Natur, der Satanist achtet das Gesetz der Erde und bekommt als Gegenleistung die fruchtbare Kraft des Mutterbodens, in den im wahrsten Sinne des Wortes seine „Wurzeln“ ragen.
Im Siegel der Church of Satan ist in das Pentagramm ein Bockskopf gezeichnet, seine Hörner sind identisch mit den oberen Spitzen des Pentagramms, der aufstrebende Satan trifft hier auf die dialektische Welt, auf Tag und Nacht, Frau und Mann, Links und Rechts, Oben und Unten. Er verbindet sich mit seiner Umwelt, vereinigt alles in sich und transzendiert die Begrenzung, ohne sein Selbst, aber auch ohne sein Ego aufzugeben. Er wird Baphomet. Und dies ist der Knackpunkt: Viele mystische Schulen und Religionen lehren, daß das Ego zerstört werden muß, um zur Erleuchtung zu gelangen. Satanisten, auch jene im Temple of Set, wünschen, daß es fortbesteht, möglichst über den Tod hinaus. Das Selbst ist nicht „gut“ und das Ego „schlecht“. Das Ego ist ein schillerndes Gewand, in das sich das Selbst hüllt.
Wenn du Erfolg beim anderen Geschlecht suchst, ist es wichtig, die Kleider von Zeit zu Zeit zu wechseln, denn sonst werden sie schmutzig und beginnen zu riechen; keine gute Visitenkarte für dich. Genauso wandelt sich das Ego, und indem es immer neue Verbindungen eingeht, ist es göttlich. Das einzige, was in unserem Empfinden von Leben feststeht, ist der Wandel, der das Leben ist. Alles, was lebt, ist göttlich. Es ist Sünde, Gott darin zu behindern, er selbst zu sein. Der Satanist gibt weder das Selbst noch sein Ego auf, aber er hört endlich auf, beide zu verwechseln. Indem sich Mensch-Satan mit den Ausdrucksformen des Lebens selbst verbindet, gelangt er ins Leben hinein, gelangt ins Dasein.
Dies ist die altägyptische Formel von Xeper. Im Liber Al vel Legis, dem „Buch des Gesetzes“, steht geschrieben: „Gieret nicht nach Ergebnissen“. Und so ist der Satanist ein Wanderer auf äußeren und inneren Pfaden, ein Werdender. Xeper ist nicht auf ein Ziel ausgerichtet, sondern Werden um des Werdens willen. Was dann kommt, bleibt offen, aber wenn man fragt, nicht immer unbeantwortet.
Das inverse Pentagramm wächst, wird, dehnt sich aus, doch es erreicht das Trapezoid, das sich um Mensch-Satan schließt, immer nur mit den äußersten Spitzen, um von dessen Existenz zu wissen. Je größer das Pentagramm wird, desto größer wird auch das Trapezoid. Je höher ich auf einen Turm steige, desto weiter kann ich sehen. Wenn ich sehnsüchtig in den Horizont blicke und mich auf den Weg mache, ihn zu erreichen, so schiebt er sich mit jedem meiner Schritte ein Stück weiter nach hinten, aber immer gerade so weit, daß ich ihn noch sehen kann.
Das Trapezoid symbolisiert die Drachenschlange Leviathan, Kronprinz des Wassers, auch Ouroboros, jener Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt, ein Bild, das viele Kulturen kennen. Sie ist unser Horizont auf jeder Ebene unseres Daseins und verschlingt sich fortwährend selbst. Aus dem Wasser Leviathans, das sich mit der Erde Belials verbindet, ist der fruchtbare Boden der Menschheit gemacht; doch Leviathan hält uns gleichzeitig die Mohrrübe vor die Nase, Luzifer sendet uns den Impuls, danach zu streben, und der Esel (der eselsköpfige Set) Satan, der wir sind, setzt sich in Bewegung. Set erkennt durch die Schwarze Flamme, die namenlos im Herzen des Pentagons brennt, daß es zu nichts führt, hinter dem Horizont Leviathans herzurennen. Es führt zu nichts, außer dazu, daß er geht, wird, voranschreitet in ein Dasein, welches reine Freude ist.
Und Leid und Schmerz sind nichts als Schatten, sie ziehen vorüber und sind vorbei.
Liber Al
Satan wählt die Formel seines Weges selbst: Dilige et quod vis fac.