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1.2 Vermeidung von Tracking

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Angriffe der somalischen Piraten finden am Tage statt, nächtliche Überfälle sind mir nicht bekannt. Dies zeigt die Statistik, das haben mir die Piraten selber gesagt und es ist durchaus auch verständlich. Denn eine Kaperung ist schon am Tage ein heikles Unterfangen, selbst wenn die Besatzung die Piraten nicht entdecken würden, der Pirat an der Pinne im Boot könnte ohne Tageslicht gar nicht die Distanzen zur Bordwand des Schiffes richtig einschätzen.

Auf der HS haben wir mitbekommen, wenn abends noch ein Boot mit Nachschub rüber kam, wie deutlich schwieriger es für die Bootscrew war, zu boarden, als am Tage.

Außerdem fehlt es den Piraten an entsprechender Ausrüstung, um für eine vernünftige Beleuchtung zu sorgen. Lediglich bei Vollmond und ruhiger See könnten sie daher einen Versuch wagen.

Nichtsdestotrotz sollte man, vor allem im Indischen Ozean, wo die Piraten keine so große Auswahl haben wie im GoA, jede Gefahr minimieren, evtl. bis in die frühen Morgenstunden gesehen, verfolgt und schließlich beim ersten Tageslicht angegriffen zu werden.

Daher ist es ratsam, das Schiff komplett zu verdunkeln - Beleuchtung an Deck aus und verdunkeln der Bullaugen.

Eine weitere Gefahr verfolgt zu werden, und zwar am Tag oder in der Nacht, besteht durch das Automatic Identification System (AIS). Durch dieses werden Schiffsdaten wie Name, Größe, Position, Geschwindigkeit und Kurs an jeden, der ebenfalls ein entsprechendes System hat, übermittelt. Man kann nicht nur verfolgt werden, man vereinfacht auch, dass das Schiff überhaupt lokalisiert wird und dies auf einer Reichweite, die locker über Sichtweite hinausgeht.

Deshalb: Deaktivierung des AIS.

Einhergehend sollte man auch nicht durch unnötigen Funkverkehr auf sich aufmerksam machen, daher Funkdisziplin und UKW-Wache Kanal 16 und Kanal 8. (Kanal 8 wird ebenfalls von Marineschiffen überwacht und ist der Ausweichkanal zum 16er, welcher auch schon mal von den Mutterschiffen der Piraten aus gestört bzw. blockiert werden kann.)

Der Schutz des Schiffes gegen Verfolgungen bzw. Angriffe beginnt jedoch schon vorab im Hafen, in dem man versucht zu verhindern, dass das Schiff über seine Route oder Abwehrmaßnahmen ausspioniert wird.

Die Taktik der Piraten sieht zwar lediglich das Aussetzen von einzelnen Skiffs durch Mutterschiffe vor, deren Besatzung dann bei Erfolg die gekaperten Schiffe nach Somalia bringen und dies über Satellitentelefon den Hinterleuten weitergeben, welche dann die Erfolgsnachricht an das Mutterschiff weitergeben. Dieses wäre nämlich nach ein paar Tagen wieder in das Gebiet der Aussetzposition gefahren und hätte ihre Leute wieder eingesammelt.

Bisher ist noch nichts bekannt, dass ihre Taktik auch das gezielte Aussuchen und Ausspähen von Schiffen beinhaltet. Bekannt ist jedoch, dass die somalischen Piraten weitreichende Kontakte ins Ausland haben. Mir persönlich ist durch Gespräche mit einem Unterhändler der Piraten bekannt, dass es durchaus auch ausländische Hinterleute bzw. Finanzierer gibt - es sind mafiöse Strukturen. Daher ist es überhaupt nicht abwegig, davon auszugehen, dass diese auch ihre Informanten haben, die Details über mögliche und lukrative Ziele weitergeben. Es können Serviceleute sein, die in einschlägigen Häfen (z. B. Aden, Dubai …) an Bord kommen oder die hübschen Somalidamen, die unseren Jungs in Mombasa den Kopf verdrehen. Aber vielleicht auch die Angestellten oder Agenten des Charteres8, welche in jedem Hafen an Bord und unvermeidlich auch Informationen über unsere Route etc. per e-mail zugesandt bekommen.

Im Hafen sollten daher nicht nur brisante Informationen über die Verteidigung gegen Piratenüberfälle verstaut werden, sondern auch jegliche Informationen über die Routenplanung. Die Mannschaft soll instruiert werden, bei Landgängen nicht über die einschlägigen Angelegenheiten des Schiffes zu reden.


HS: Das Schiff war komplett verdunkelt, aufgrund der sehr geringen Verkehrsdichte im Indischen Ozean waren selbst die Positionslaternen ausgeschaltet. Die Bullaugen waren verdunkelt, kein Licht trat aus den Aufbauten nach draußen. Das AIS war deaktiviert und auch auf den Feuerronden des Wachmatrosen in der Nacht wurde auf die Nutzung eines UKWs verzichtet.

In Dubai kam sehr oft Servicepersonal an Bord, welches unsere elektronische Seekarte, unseren Kreiselkompass oder Ähnliches gewartet hat. Oft waren sie den ganzen Tag auf der Brücke, wo sämtliche Details unserer Routenplanung ausliegen, sei es in ausgedruckter Form oder in elektronischer auf Computer, im Radar, ECDIS9 oder GPS10. In Dubai gibt es neben den Lade- und Löscharbeiten noch Proviantlieferungen, Ersatzteile kommen oder anderer Service, z. B. für Sicherheitseinrichtungen, steht an. Nicht immer kann jemand bei dem Servicepersonal auf der Brücke sein.

Ich bin zwar der Meinung, dass die Kaperung der HS keine geplante Aktion war. Doch auch die somalischen Piraten entwickeln sich, breiten ihr sowieso schon großes Informations- und Logistiknetzwerk aus und spätestens seit der Hansa Stavanger wissen sie, dass besonders Containerschiffe ein hervorragender Fang sind. Sie bringen neben Lösegeld auch nützliche Ladung mit vor die Küste Somalias - Ersatzteile für Autos, Generatoren, Kleidung, Reis, Elektronik usw.

Vielleicht ist es im Moment noch nicht soweit, aber wer kann sagen, dass eine solche gezielte Vorbereitung von Angriffen nicht schon in Planung ist und damit in nahe Zukunft gerückt ist.

Die Entführung der MS Hansa Stavanger

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