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1.3 Früherkennung verdächtiger Fahrzeuge

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Grundlage für eine frühe Sichtung der Piraten ist verstärkter Ausguck bzw. zusätzliche Wachbesetzung rund um die Uhr auf der Brücke. Neben dem Wachoffizier ist es ratsam, beide Nocken11 jeweils mit einem Wachmann zu besetzen. Der Wachoffizier ist dafür verantwortlich, dass diese Wachmänner bei Wachantritt noch mal persönlich daran erinnert werden, dass gehörig Ausguck gehen 360° um das Schiff bedeutet und dass alles gemeldet werden muss.

Die Bewertung der Sichtung obliegt dem Offizier.

Neben dem visuellen Ausguck hat der Wachoffizier gehörig Radarwache zu gehen.

Skiffs sind sehr schwer auf dem Radar auszumachen, selbst wenn man weiß, dass eins unterwegs ist, kann man es ab 3 -4 Bft.12 sehr schwer wahrnehmen.

Ab 3-4 Bft. wird es für die kleinen Skiffs zwar deutlich schwerer zu boarden, aber wer die somalischen Piraten kennt, weiß, dass sie nichts unversucht lassen werden.

Da wir während der Zeit vor Somalia ständig von den Piraten angehalten wurden, auf dem Radar nach kleinen Fahrzeugen Ausschau zu halten, und auch versuchen sollten, die Skiffs mit den täglichen Proviantlieferungen wahrzunehmen, konnten wir mit dem Erfassen dieser kleinen Fahrzeuge zu unterschiedlichen Wetterbedingungen einschlägige Erfahrungen machen.

Auf See ist es empfehlenswert, regelmäßig die Reichweiten zu ändern. Meiner Erfahrung nach macht eine Einstellung von 12 nm13 lediglich für die Erfassung von Mutterschiffen Sinn. Geht man von einer Windstärke um die 3 Bft aus, sollte man sich, um die Angriffsboote, die Skiffs, einzufangen, in einem Meilenbereich von 1,5 - 3 nm, maximal 6 nm bewegen.

Das Problem besteht immerhin darin, dass wir mit unserem Radar nach etwas suchen, was womöglich gar nicht da ist. Eine Feineinstellung, als würden wir beispielsweise nach einer Fahrwassertonne suchen, fällt damit schwerer.

Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, ein Radar auf 3 nm und ein Radar auf 12 nm (für Mutterschiffe und übrigen Verkehr) zu halten, aber in Abständen von 15 - 20 min. auf beiden Bändern die Abstände zu variieren (z. B. 1,5 nm, 6 nm etc.).

Neben den Reichweiten sollte man den Gain (Verstärkunsgregelung des Empfängers des Radars) entsprechend einstellen.

„Entsprechend“ ist immer so ein einfaches, weitreichendes Wort - im Grunde geht es darum, nicht zu viel Fehlechos zu empfangen, aber auch nicht als zu schwach zu senden und damit eventuelle Ziele zu verfehlen. Ich denke, dass man den Gain ruhig etwas höher stellen kann, denn jeder ausgebildete Nautiker wird in der Lage sein, diese von richtigen Zielen zu unterscheiden, er muss nur genauer hinschauen.

Gerade beim Hinschauen, sprich der Aufmerksamkeit, spielt die persönliche Einstellung des jeweiligen Wachoffiziers eine Rolle. Jeder der in dem Einzugsgebiet der somalischen Piraten fährt, kann davon ausgehen, dass er irgendwann mit ihnen in Kontakt kommt. Diese Gewissheit sollte der Wachoffizier mit auf Brücke nehmen und sich seiner Verantwortung für das Schiff während seiner Wache bewusst sein.

Neben seinen kurzen Logbuch- und Positionseinträgen sollten seine Sinne vorrangig auf Ausguck konzentriert sein - visuell und mit Radar.

Selbstverständlich - dieses Verhalten sollte jeder Offizier während jeder Wache haben. Doch mal Hand aufs Herz, die Aufmerksamkeit, die Agilität auf der Brücke ist im Ärmelkanal doch viel höher, als wenn wir den Atlantik überqueren. Im Indischen Ozean ist das nicht anders, ruhiges Wetter, kein Schiff weit und breit - das ist das trügerisch, weswegen jeder Wachhabende sich stets dran erinnern muss, die gleiche Schärfe in seine Sinne zu legen, wie in einem dicht befahrenen Gebiet - nur dass hier nicht mit einer Kollision, sondern mit dem Einschlag einer Granate zu rechnen ist.

Zur Früherkennung gehört aber auch, dass Meldungen über Piratenaktivitäten sofort verwertet werden, um ggf. eine Abweichung von der Route durchzuführen.


Für den Fall, dass ein verdächtiges Fahrzeug wahrgenommen wird, sollten im Wachorderbuch die Prozeduren für den Wachhabenden festgehalten sein, zu welcher die Einleitung von Manövern und das Alarmieren des Kapitäns gehören.


HS: Der Ausguck auf der HS war am Tag des Überfalls lediglich mit dem Wachoffizier besetzt. Die Tage zuvor war ein Auszubildender von 08-1600 Uhr auf der Brücke, nicht aber direkt als Piratenwache vorgesehen, sondern um seine Ausbildungszeit auf der Brücke voll zu bekommen. Am Tage des Überfalls war er nicht auf der Brücke, er sollte einen Räucherofen für Kapitän Kotiuk herstellen.

(Da ich im Frühjahr 2010 wieder eine Passage durch den Golf von Aden hatte, kann ich jedoch die beschriebene Aufstellung des Ausgucks und den Umgang mit dem Radar als praktikabel bestätigen.)


Meldungen über Piratenangriffe wurden sofort in eine Übersichtskarte eingetragen und innerhalb des Offiziersstabs besprochen.

Innerhalb des Offiziersstabs, sprich zwischen dem ersten und dritten Offizier sowie mir, haben wir auch das Verhalten bei Sichtung verdächtiger Fahrzeuge übernommen. Da Herr Kotiuk weder eine Eintragung im Wachorderbuch, noch eine ähnliche Verlautbarung getätigt hat, haben wir die alten Eintragungen des vorherigen Kapitäns für weiterhin gültig erklärt:

Zu jedem Fahrzeug wird ein CPA14 von 5 nm gehalten, sollte das Fahrzeug der eigenen Kursänderung folgen, sprich sich annähern, soll sofort der Kapitän und die Maschine informiert sowie eine entsprechende Kursänderung vorgenommen werden.

Die Entführung der MS Hansa Stavanger

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