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Die Hexe von Wellfleet
ОглавлениеDer Hexenglaube in Neu-England steigerte sich im 17. Jahrhundert in Salem zu einer Massenhysterie. Aber auch andere Teile der Kolonie glaubten an Hexen und verfolgten Hexen. Die Leute von Kap Code, von denen viele zur See fuhren, machten sich eine Seehexe zurecht und verlegten deren Aufenthaltsort in die düsteren winddurchheulten Dünen weit draußen am Kap. Ein ganzer Kranz von Geschichten rankt sich um diese Hexe von Wellfleet.
Für mehr als hundert Jahre, von den Tagen der Gründung der Kolonien bis ins Jahr 1802, spielte die Hexe von Wellfleet dem seefahrenden Volk von Kap Code ihre Streiche.
In dieser Zeitspanne änderte sie ihren Namen und selbst ihre Hautfarbe, aber man konnte sie dennoch immer an den scharlachroten Schuhen mit hohen roten Absätzen erkennen, die sie trug, und an ihren zwei immertreuen Gefährten, einer schwarzen Katze und einer grauen Ziege mit einem Glasauge.
Mit bürgerlichem Namen hieß die Hexe Goody Hallett. Goody war ein hübsches Mädchen von fünfzehn Jahren aus Eastham und wurde von dem Piraten Samuel »Black« Bellamy verführt. Man fand sie in einer Scheune, mit ihrem toten Baby in den Armen. Sie wurde zum Schandpfahl geführt, dort festgebunden, ausgepeitscht und dann ins Gefängnis geworfen.
Während sie auf ihr Gerichtsverfahren wartete, spazierte angeblich Luzifer als vornehmer Fremder mit einem goldverzierten Spazierstock und angetan mit Kleidern aus bester französischer Seide unter ihrem Zellenfenster vorbei und begann mit ihr eine Unterhaltung. Sie benutzte den Knauf seines Spazierstockes, um ihr X unter das Dokument zu setzen, das er ihr vorlegte, nachdem er die Gitter fortgezaubert und sie aus dem Gefängnis befreit hatte.
Als sie im Abendlicht nach Eastham zurückkehrte, wurde sie erkannt. Die Leute warfen ihr Steine nach und vertrieben sie aus dem Ort.
Goody ließ sich in einer Hütte im Dünenland am Kap nieder. Die Gegend bekam bald den Namen Goody Halletts Wiese und jeder, der dort draußen entlangging und nicht dabei ein Gebet murmelte, hatte angeblich Unglück.
Als Bedingung des Vertrages, mit dem sie ihre Seele dem Teufel verkaufte, hatte Luzifer ihr versprochen, der Schwarze Bellamy werde vor ihrer Hütte ertrinken. Und dahin kam es dann auch. Das Schiff Whiddah, das der Pirat befehligte, ging vor Kap Code in einem Wirbelsturm unter. Bellamy wurde auf Goodys Wiese begraben.
Aber das war der Rache nicht genug. Goody hatte es immer besonders auf Männer abgesehen, die zur See fuhren, und bei Hurricans und Stürmen versuchte sie, deren Seelen an sich zu bringen.
Wenn man an der Küste einen Schrei im Heulen des Windes hörte, rückte man näher ans Feuer, schlug ein Kreuz und sagte: »Das ist die arme Goody, die mit den verlorenen Seelen tanzt.«
Einer ihrer beliebtesten Tricks war es, sich in einem Wal zu verstecken und dem Tier eine Schiffslaterne an den Schwanz zu binden. Das Licht verlockte die arglosen Kapitäne dazu, dem Wal zu folgen, bis sie mit ihren Booten an gefährlichen Riffen scheiterten oder auf Sandbänke aufliefen.
Goody und ihr Wal rammten auch Schiffe. Und in bitterkalten Nächten, wenn sich auf dem Deck der Schiffe Eis bildete, saßen Goody und der Teufel im vorderen Salon im Bauch des Hais im Warmen und würfelten um die Seelen der Matrosen.
Ihre Gefährten, die schwarze Katze und die Ziege mit dem Glasauge, ritten auf Tümmlern. Und wenn sie sich in der Nähe eines Schiffes zeigten, dann war es bald um das Fahrzeug und seine Besatzung geschehen. Die Fischer wussten, wenn sie die zwei grünen Augen der Katze aus dem Schaum aufblitzen sahen, dass Goody nur darauf wartete, ihre Seelen zu fangen. Dann trimmten sie sofort die Segel. Einen Augenblick später zeigte sich dann meist eine kleine schwarze Wolke am Himmel.
Goody suchte die Seeleute auch im Hafen heim und hinderte sie daran auszulaufen, indem sie eine Windstille herbeihexte.
Ab und zu pflegte Goody auch den einen oder anderen der Kapitäne vom Deck seines Schiffes weg zu entführen. Sie zäumte ihn dann auf, wie man ein Pferd aufzäumt, und ritt mit ihm hinaus nach Kap Code. Dann trieb sie die ganze Nacht hindurch die wildesten Streiche, bis sie den erschöpften Mann vor Morgengrauen wieder auf sein Schiff zurückbrachte.
Wenn sie an Land war, tanzte sie die Nacht hindurch in einer Senke nahe dem Friedhof von Eastham und nicht weit von einem Wirtshaus.
Die Landratten fürchteten sie ebenso wie die Seeleute, und man sagte, selbst die Pferde würden die Gefahr wittern.
Wenn jemand draußen in den Dünen durch die Senke ritt, ging sein Pferd immer schneller, bis die Lichter des Wirtshauses in Sicht kamen.
Die Matrosen sagten, Goody habe den Teufel schließlich beim Würfelspiel besiegt. Er sei darüber so wütend geworden, dass er sie erdrosselte.
Ein paar.Jahre später wurde auch ein Wal erlegt, und als man ihn aufbrach, fand man in.seinem Leib ein Paar rote Lackschuhe.