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Über Spiritualität

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In diesem Kapitel wollen wir von der Materie vorläufig Abstand nehmen, um uns mit geistigen – also spirituellen – Dingen zu beschäftigen. Aus diesem Grund erscheint es an dieser Stelle notwendig, sich mit dem Begriff der Spiritualität – oder Esoterik – einmal näher auseinanderzusetzen.

Was bedeutet Spiritualität? Vielleicht es ist einfacher, sich dieser Frage von der anderen Seite zu nähern. Fragen wir uns also, was Spiritualität nicht ist. Denn, Spiritualität bedeutet sicher nicht, wochenlang wie ein Yogi unter einem Ölbaum zu sitzen. Spiritualität bedeutet nicht, die Materie zu verneinen. Spiritualität bedeutet nicht, hier in der grobstofflichen Welt zu leben und so zu tun, als ob man sich in der feinstofflichen Welt befinden würde. Spiritualität stellt also keine Weltflucht dar.

»Wer das tägliche Leben zum Ritual erhebt, kann nicht in die Gefahr kommen, dass Esoterik ihm zur Weltflucht dient. Esoterik soll nicht von dieser irdischen Welt wegführen, sondern sie will helfen, den irdischen Daseinsbereich zu durchlichten und zu erlösen. Einen gefährlichen Weg betreten jene, die alles, was dem Bereich des Unten, des Irdischen, des Materiellen angehört, verachten und als unrein, dunkel und schmutzig peinlichst vermeiden – um sich dem Oben, dem Himmlischen und Reinen zuzuwenden«, erklärt Dethlefsen. »In diesem Falle wird Esoterik zur Flucht vor dem Bereich, den der Betreffende nicht mehr meistern kann. Leider übt die Esoterik gerade auf diejenigen eine große Faszination aus, die mit dem täglichen Leben und den Problemen dieser materiellen Welt nicht zurechtkommen – wodurch in den Kreisen, die sich mit Esoterik beschäftigen, das Verhältnis zwischen Eingeweihten und vor der Welt fliehenden Neurotikern ein recht ungleiches ist. « [3]

Weltflucht – oder Flucht vor der Wirklichkeit – stellt tatsächlich eine große Gefahr für jene dar, die sich mit spirituellen Dingen beschäftigen, in der physischen Welt jedoch zu wenig verwurzelt sind. Ein möglicher Grund dafür könnte das fehlende Alter sein.

C. G. Jung äußerte diesbezüglich die Ansicht, dass ein Mensch, der sich vor der Mitte seines Lebens ausschließlich mit spirituellen Dingen beschäftige, gefährdet sei.

Dion Fortune beschrieb dies so: »Der Mystiker muss die Bedingungen auf der Ebene der Formen erfüllen, bevor er sich aus dem Bereich des Gestalteten zurückziehen darf. Wenn er überstürzt den mystischen Pfad beschreitet, geht er ins Reich des Chaos ein, nicht ins Reich des Lichts. Wer von Natur aus zum mystischen Pfad tendiert, dem ist die Disziplin der Form zuwider, und es ist eine große Versuchung, den Kampf mit dem Leben auf der Ebene der Form aufzugeben und sich auf die höheren Ebenen zurückzuziehen, bevor man dazu reif ist.

Die Form ist ein Gefäß, das das flüssige Bewusstsein umgibt, bis es so weit geformt ist, dass es nicht mehr zerlaufen kann. Wird das Gefäß zu früh zerbrochen, dann zerfällt das Bewusstsein ins Formlose, so wie der Lehm zu Brei zerläuft, wenn man die Gussform zu früh zerbricht. Treten bei einem Mystiker Zerfallserscheinungen auf, so wissen wir, dass die Gussform zu früh zerbrochen wurde, und dass er zur Disziplin der Form zurückkehren muss, bis er die Lektion der Form gelernt hat. « [4]

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle aber auch gesagt, dass C. G. Jung seiner Aussage noch hinzufügte, dass ein Mensch, der es nach der Mitte des Lebens verabsäume, sich mit spirituellen Dingen zu beschäftigen, verloren sei.

Spiritualität soll also nicht von der physischen Welt wegführen, sondern im Gegenteil, sie soll den Menschen helfen, das physische Leben im richtigen Licht zu sehen, sich der eigenen Stellung innerhalb des kosmischen Gefüges bewusst zu werden, um dadurch das Leben leichter zu meistern.

Spiritualität bedeutet, geistige Gesetze in unserer grobstofflichen Welt, also feinstoffliche Gesetze in der Grobstofflichkeit, anzuwenden.

Dabei bringt es überhaupt nichts, tonnenweise Bücher zu lesen, das Wissen dann jedoch im Leben nicht umzusetzen. Wer spirituelles Wissen besitzt, es aber nicht zur Anwendung bringt, ist nicht spirituell, sondern intellektuell belesen.

Auf dem Holzweg befinden sich also solche, die entweder den spirituellen Weg überhastet angehen, oder sich einen Profit aus spirituellem Wissen erhoffen.

Entwicklung braucht Zeit. Und spirituell unreife Personen verfügen auch nur über spirituell unreife Fähigkeiten, ziellose und unbeherrschte Kräfte. Ungeduld und Eile sind aber schlechte Weggefährten, wenn es darum geht, den inneren Weg zu beschreiten. Unser Körper hat alle Muster und Erfahrungen unseres Lebens in jeder Zelle abgespeichert, und wenn man zu schnell zu viel verändern will, wird der Körper sich gegen die neuen Informationen wehren oder erkranken.

Wer aus spirituellem Wissen Profit ziehen will, der sollte sich vor Augen halten, dass niemand, der im spirituellen Sinn reich ist, im weltlichen Sinn lange arm bleiben kann. Doch jemand, der im spirituellen Sinn reich ist, wird nie nach mehr materiellen Gütern verlangen, als er für sein Leben braucht.

Warum hat die Spiritualität in unserer Gesellschaft einen so zweifelhaften Ruf? Die Antworten liegen auf der Hand. Erstens, hat das Geistige in einer materiell ausgerichteten Welt sehr wenig Platz. Wer seinen Fokus auf die Materie ausrichtet, wendet dem Geistigen den Rücken zu.

Zweitens lernt der Normalbürger in unserem Schulsystem nichts Wesentliches über geistige Dinge. Die Vernunft und die Materie bestimmen den Schulalltag. So werden junge Menschen in das Leben entlassen, die so gut wie keine Ahnung davon haben, dass es außer der Materie noch etwas anderes Erstrebenswertes gibt. Das Habenwollen verdrängt das Sein.

Massenmedien tragen das Ihre dazu bei. Selbst unwissend, stellen sie spirituell denkende Menschen in das Eck des Okkultismus, und suggerieren dem Durchschnittsbürger, dass Esoteriker nichts sind als eine zu meidende Randgruppe der Gesellschaft – weltfremd, unwissenschaftlich denkend und meist psychisch labil.

Die Auswirkungen auf das Denken des »aufgeklärten« Normalbürgers sind offensichtlich. Niemand möchte sich mit einer Randgruppe solidarisieren, wenn er dadurch Gefahr läuft, in der Gesellschaft isoliert zu werden und damit unter Umständen von den Annehmlichkeiten des etablierten Systems ausgeschlossen wird.

Doch hier wird der Normalbürger in die Irre geführt. Das Komische an der Sache ist nämlich, dass sich der Normalbürger, weil falsch informiert, vom Geistigen abwendet – während aber gleichzeitig die Mitglieder gehobener Gesellschaftsschichten der Spiritualität eine immens hohe Bedeutung beimessen.

Denn gerade diejenigen, welche in der Öffentlichkeit über die Esoteriker lästern und die Spiritualität lächerlich zu machen versuchen, geben im Stillen den geheimen Lehren in ihrem Leben einen besonderen Stellenwert. Die, die öffentlich am lautesten schimpfen, sind die, die die im Geheimen die fanatischsten Anhänger von esoterischen Lehren, Zeremonien und Ritualen sind. Wer Mitglied des Establishments ist, wird von Kind auf in geheimes Wissen eingeweiht.

Warum treiben diese Leute ein doppeltes Spiel? Weil Geheimlehren, in ihren Augen eben geheim bleiben sollen – und damit nicht für »jedermann« zugänglich sein dürfen. Dem Normalbürger soll dieses Wissen vorenthalten bleiben.

Doch wir leben in einer Zeit, in der wir uns mit großen politischen, gesellschaftlichen und spirituellen Umbrüchen konfrontiert sehen. Die Menschheit wird sich in vielerlei Hinsicht neu orientieren müssen. Und so ist es an der Zeit, dass sich die Menschen über ihre Stellung im Universum bewusst werden und die Spielregeln des Lebens verstehen. Daher ist der Augenblick gekommen, dem interessierten Menschen das Wissen der Eingeweihten zugänglich zu machen.

Die Spielregeln des Lebens

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