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Die Initiation

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Wenn Menschen über die Schwelle des Todes treten und ins Jenseits eingehen, setzt der außerkörperliche Zustand, den die Ägypter als ba bezeichneten, automatisch ein. Will man aber Zeit seines Lebens in einen solchen Zustand überwechseln, muss die außerkörperliche Erfahrung bewusst herbeigeführt werden. Dazu benötigt man eine Initiationstechnik, ein Ritual, um im vollen Bewusstsein diese Reise antreten zu können.

»Dr. Jeremy Naydler, der die Mysterien der ägyptischen Texte ergründet hat, (…) legt den Schluss nahe, dass die alten Ägypter ungewöhnliche Initiationstechniken anwandten, die eine Kenntnis des Jenseitslandes vermittelten und dem Einzelnen ermöglichten, es zu besuchen und wieder zurückzukehren«, berichtet Michael Baigent. »In der Tat gibt es gewisse ägyptische Tempelrituale, die von den Wissenschaftlern nicht ganz durchschaut werden. Laut den vorliegenden Texten saß der amtierende Priester an einem ruhigen Ort und wandte spezifische Techniken an, um einen Zustand zu erreichen, den die Hieroglyphen als qed beschreiben. Unter normalen Umständen wird dieses Wort mit ›Schlaf‹ übersetzt, doch in einem rituellen Kontext deutet es auf einen Zustand der Trance oder Meditation hin.« [1]

Es wäre falsch, die Initiation und die Reise ins Jenseitsland als Aberglauben abzutun, denn zu groß ist die Verbreitung des Wissens darüber. Der römische Philosoph Seneca wusste darüber genauso Bescheid wie Plutarch, Heraklit, Pythagoras oder Plato, welcher den Ausspruch tätigte: »Zu sterben heißt, initiiert zu werden.«

Themestius behauptete, dass, wer initiiert sei, das gleiche Wissen hätte wie die Toten.

»Gegen Ende des 3. und zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. lehrte der Philosoph Iamblichus von Apamea, einer der prominentesten neoplatonischen Gelehrten seiner Zeit, im heutigen Libanon. (…) Iamblichus hatte sich mit der Mystik Ägyptens vertraut gemacht. Eines seiner Hauptwerke trug den Titel ›De mysteriis‹ (Über die Geheimlehren). Darin enthüllte er viel von den in den Tempeln verborgenen Kenntnissen. Er äußerte sich offen über die Fähigkeit der Priester, ihr Bewusstsein vom Körper zu trennen und sich ins Jenseitsland zu begeben«, berichtet Baigent und fährt fort: »Iamblichus sprach hierbei nicht von Möglichkeiten oder Fantasien, sondern er beschrieb eine reale, alltägliche Praxis der ägyptischen Priesterschaft. Er bestätigte, dass die Priester in der Lage waren, ins Jenseitsland zu reisen.« [2]

Im Buch Henoch finden wir auch Hinweise auf die Initiation. Dort steht geschrieben, dass der Aufstieg Henochs in den Himmel sich bei Lebzeiten vollzog. Die Initiation wird dort zwar nicht beim Namen genannt, das beschriebene Ereignis enthält jedoch alle Eigenschaften dieser.

Johannes der Täufer tauchte die Menschen im Zuge der Taufe mit dem Kopf vollständig in den Fluss Jordan. Ihm wird die Fähigkeit nachgesagt, dass er die Menschen dabei für einen kurzen Augenblick in das Jenseitsland schauen lassen konnte (nicht in Form eines Nahtoderlebnisses). Dieses Ritual wird sogar von den katholischen Herausgebern der Jerusalem Bible für eine Initiation gehalten.

Bestätigung für die enorme Bedeutung der Initiation finden wir auch in einigen Büchern. Im Amduat, dem Buch über das, was in der Unterwelt ist, finden wir mehrfach den Hinweis, dass es für die Toten gut sei, dieses Wissen zu besitzen, doch auch für die Lebenden ist es von großem Nutzen. Sowohl das Amduat wie auch das Buch der Tore waren nach Ansicht einiger aufgeschlossener Ägyptologen in erster Linie zum Gebrauch in der physischen Welt bestimmt, und nicht als Literatur für königliche Begräbniszeremonien gedacht.

Die Spielregeln des Lebens

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