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Vorbericht.

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Inhaltsverzeichnis

Auf dem Lande geboren und erzogen, habe ich schon früh vielfache Gelegenheit gehabt, nicht allein die Sprache der Landleute Westphalens in allen ihren Eigenthümlichkeiten zu belauschen und genau kennen zu lernen, sondern auch das Thun und Treiben derselben zu beobachten, und da auch meine späteren Lebensverhältnisse vielen Verkehr mit den Landbewohnern herbeiführten, so sind mir ihre Weisen und die Veränderungen, welche selbige in neueren Zeiten durch Sitten- und Sprachverfeinerung — die stets gleichen Schritt halten — erlitten, nicht fremd geblieben, so daß ich mir getrauen darf, im Stande zu sein, sowohl die früheren Gewohnheiten des Landmannes, als auch die Eigenthümlichkeiten seiner Sprachweise zutreffend zu schildern. Ich habe damit einen Versuch gemacht, indem ich einige Erzählungen, Gedichte u. s. w. zusammengetragen, die ich dem Drucke übergebe. Ich glaube, daß die noch lebende ältere Generation, (ich meine damit die im vorigen Jahrhundert, oder doch vor der französischen Invasion, welche, im Zusammenhange mit den ihr nachgefolgten Zeitläuften und Ereignissen, so vielen Einfluß auf die Veränderung der alten deutschen Sitten und Gewohnheiten im Allgemeinen, und namentlich auch in Hinsicht auf die Bewohner des platten Landes ausgeübt hat, Geborenen und Herangewachsenen) mich überall verstehen werde; wogegen der Jüngeren wohl Manche in meinen Darstellungen vorkommende Ausdrücke und Redensarten schon nicht überall mehr verständlich sein mögten. Für diese habe ich erklärende Noten beigefügt. Jedes Wort habe ich absichtlich genau so geschrieben, wie es zuerst buchstabirt und nachher ausgesprochen werden muß, daher die vielen Doppelbuchstaben und Vorklänge, was nicht von Allen, die plattdeutsch schreiben, genugsam beobachtet wird.

Die plattdeutsche Sprache hat eine Menge ausdrucksvoller, scharf bezeichnender, witziger Redensarten, weshalb sie, anerkannt, zu humoristischen, aus dem Leben gegriffenen Darstellungen ganz vorzüglich geeignet ist, und diese Seite habe ich bei meinen Darstellungen besonders im Auge gehalten.

Man hat überall eingesehen, daß es eben noch Zeit sei, die immer mehr verhallenden Klänge der plattdeutschen Mundarten, soviel deren in ihrer ältern Eigenthümlichkeit noch vorhanden sind, zu sammeln und deshalb hat dieser Gegenstand der Wissenschaft, auch eben in unsern Tagen noch zu rechter Zeit, die Aufmerksamkeit der Gelehrten erregt, so daß sich ihrer Viele dem gewiß eben so verdienstlichen als patriotischen Geschäfte widmen, die Idiome der plattdeutschen Mundarten vor der Vergessenheit zu schützen. Unter solchen verdienen besonders der Herr Professor Dr. Rosegarten in Greifswalde und der Herr Dr. Firmenich in Berlin hervorgehoben zu werden, von denen der Erstere sich die verdienstvolle Aufgabe gestellt hat, ein allgemeines Wörterbuch der niedersächsischen oder plattdeutschen Sprache älterer und neuerer Zeit zu bearbeiten, während der Letztere der gesammten deutschen Nation in seinen »Völkerstimmen Germaniens« ein gediegenes und ächtes deutsches National-Werk übergeben wird. Beide haben mich mit dem Vertrauen beehrt, mein thätliches Interesse für ihre Unternehmungen in Anspruch zu nehmen und daraus ist die Veranlassung zu der Niederschreibung der Darstellungen hervorgegangen, durch deren Herausgabe ich den vielen Freunden der plattdeutschen Sprache um so mehr einen Dienst zu erweisen glaube, als es meine Aufgabe gewesen ist, eine möglichst große Menge solcher Sprichwörter und Redensarten zusammen zu bringen, die größtentheils schon jetzt nur selten mehr gehört werden, weil sie meistens nur noch in dem Munde abgängiger Großväter anzutreffen sind und von welchen eben dieserhalb zu vermuthen ist, daß sie bald ganz verschwinden, oder, wie ich mich ausdrücken mögte, aussterben werden.

Besseren Verständnisses halber sind diese Sprichwörter in ein erzählendes Gewand gewebt und die besonderen Redensarten und Sprichwörter mit gesperrter Schrift gedruckt worden. Als Anhang habe ich noch einige, theils von mir, theils von Anderen herrührende Gedichte u. dgl. beigegeben und bemerke nur noch, daß ich mich überall streng des Osnabrücker Idioms bedient habe.

Osnabrück, im März 1844.

Lyra, Canzlei-Registrator.

Der Herr Canzlei-Registrator Lyra ist mir bereits längst bei mehrfältigen Gelegenheiten als ein Mann bekannt geworden, der die plattdeutsche Sprache in allen ihren Eigenthümlichkeiten genau und vollkommen kennt. Es steht ihm dabei auch zugleich die Gabe zu Gebote, das, was er giebt, mit äußerst gemüthlicher Laune darzustellen. Ich habe die von ihm zum Druck bestimmten Briefe u. s. w. im Manuscript theilweise durchgesehen und kann aus vollster Überzeugung die Versicherung geben, daß sie Jedem, der sich für die plattdeutsche Mundart interessirt, gewiß gefallen werden. Ein größeres Verdienst aber besteht darin, daß namentlich in den Briefen eine Menge Sprichwörter und besonderer Redensarten, in ein humoristisches Gewand gekleidet, und dadurch zugleich leichter verständlich gemacht, niedergelegt sind; so daß das Werkchen, wie es daliegt, für sich allein schon fast ein vollständiges Idiotikon, besser wenigstens als das Strodtmannsche[A], ist.

Wenn der Herr Herausgeber mir an meinem Namenstage den 24. Februar 1842 sagte: »He begreipe nich, wo ick sau viele schäune Leeder to haupe kriegen harre un se vor saune Schnüüsterigge weggiewen mogte, un dat he'r wual wat ümme schüllig sien wolle, dat he't auck sau verstönne;« so kann ich nicht umhin, demselben jetzt das Zeugniß zu geben, »dat he se nau vüllig sau goot uut'r Mowwen schüdden kann, as icke un dat ick der Meenunge bin, he miöte den grauten Schatt, den he to'm Besten gift, nich sau spottwualfeil uutdoonen. — Man daarunner folget he mi, as't schint, daarmet'r Jeddereene, un auck de minneste Landmann, lichtferriger to kuomen kann. — Ick wünske van Hartensgrunde, dat'r en hauge uppackeden Miölenwaagen vull van na allen Kanten der Welt gaunen müüge, un segge met eenen Waarde: dat Book is aller Rekummedation mäutig[C] un unner Bröörs 12 Ggr. werth; dann Buur un Börgersmann, saugaar Edellüüe kiön't'r sick anne ergetzen un'r hen un wier na wual wat uut leeren.«

Seling, Pfarr-Caplan zu St. Johann in Osnabrück.

[A] Zu bedauern würde es sein, wenn wirklich Jemand zu Forschungen und Arbeiten in unserer plattdeutschen Mundart etwa das Strodtmannsche Idiotikon von 1756 zu Rathe gezogen haben mögte, indem eine blos flüchtige Ansicht desselben Jedem, der mit dem hiesigen Dialekte nur einigermaßen bekannt geworden ist, sofort die Überzeugung gewähren muß, daß ein bedeutender Theil der darin vorkommenden Wörter unrichtig gegeben, geschrieben und interpretirt, die wenigen darin aufgenommenen Sprichwörter und besonderen Redensarten aber fast durchweg falsch und sinnwidrig erklärt sind; was auch schon der verstorbene Dr. Klöntrup, der mit vollem Rechte als bewährter Kenner und fleißiger Forscher in plattdeutschen Idiomen dasteht, in dem Vorberichte zu seinem im Manuscripte hinterlassenen, vor Kurzem in die Bibliothek des hiesigen Rathsgymnasii übergegangenen, überaus vollständigen und eben deshalb sehr schätzbaren Wörterbuche der niederdeutsch-westphälischen Mundart bemerkt, von welchem sehr zu beklagen ist, daß es bisher nicht zum Drucke gelangte[B].

Ich erachte es für angemessen die betreffende Stelle aus der Klöntrupschen Einleitung hier abdrucken zu lassen, so wie ich es auch nicht für überflüssig gehalten habe, von dem bei Strodtmann angetroffenen wenigen Guten, die in einem Anhange zu seinem Idiotikon beigebrachte, bei der Flachs- und Leinwandgewinnung in Westphalen gebräuchliche, mittheilungswerthe Nomenclatur am Schlusse dieses Büchleins berichtigt aufzunehmen, zumal das Strodtmannsche Idiotikon selbst sich nur in wenigen Händen befindet.

(der Verfasser.)

»In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gab der Herr Strodtmann, dermaliger Rector am Gymnasio zu Osnabrück, ein osnabrücksches Idiotikon heraus, welches nachher nebst dem hamburgischen Idiotikon des Herrn Professor Richey die Grundlage zu dem bekannten bremischen Wörterbuche ausmachte. Von jenem Idiotikon des Herrn Strodtmann läßt sich nicht viel Gutes sagen; der Herr Rector, der selbst kein geborener Osnabrücker war, hatte es durch seine Schüler sammeln lassen, er hat es blos in Ordnung gebracht. Daher ist es denn gekommen, daß zwei Drittel der darin aufgenommenen — im bremischen Wörterbuche mit S bezeichneten Worte entweder unrichtig geschrieben, oder falsch erklärt sind. Hat nun der Herausgeber des bremischen Wörterbuchs bei dem Richeyschen Idiotikon — das ich, da ich den hamburgischen Dialect nicht so genau kenne, nicht beurtheilen kann — eine eben so üble Wahl getroffen, so steht es schlecht um das bremische Wörterbuch, wie auch sonst am Tage liegt.

Indessen ist es wohl hohe Zeit an ein brauchbares niederdeutsches Wörterbuch zu denken. Kenne ich doch Rechtsgelehrte in meiner Vaterstadt, denen ich die Schuhriemen aufzulösen nicht werth bin, die aber nicht im Stande sind eine Urkunde aus den Zeiten des Bischofs Philip Sigismund zu lesen. Die niederdeutsche Sprache kömmt unter den gebildeten Classen immer mehr außer Gebrauch, und sogar Kindermädchen und Ammen werden angewiesen mit den Kindern hochdeutsch zu rothwelschen. Das giebt denn freilich ein hübsches Deutsch, aber das geht mich nichts an; ich bedaure nur den Untergang unsers altsächsischen Idioms, den wir in der Folge nur noch theilweise aus dem Holländischen werden erklären können.«

Klöntrup, Dr.

[B] Der Herr Professor Dr. Rosegarten theilt mir so eben mit, daß er aus dem Klöntrupschen Manuscripte alles Wesentliche in sein Wörterbuch aufnehme; weshalb dasselbe auch für uns Westphalen ein berücksichtigungswerthes Werk werden dürfte.

[C] angemessen, würdig, werth.

Plattdeutsche Briefe, Erzählungen und Gedichte

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