Читать книгу Kätzchen schnurren nur manchmal: 2 Redlight Street Romane - G. S. Friebel - Страница 8

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Man nannte ihn Gringo, weil er so weiß war. Niemand konnte sich mehr an seinen richtigen Namen erinnern. Eines Tages war er in der Stadt aufgetaucht und hatte sich sehr schnell durchgesetzt. Seine absolute Brutalität machte ihn in der Unterwelt immer wieder zum Tagesgespräch. Immer wenn eine Dirne leiden musste, konnte man sichergehen, dass sie eines von Gringos Mädchen war. Es kam sogar vor, dass eine ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, wenn sie ihr Soll nicht erfüllt hatte.

Die Zuhälter bezeichneten Gringo als verrückt und dämlich. »Weiß er denn nicht, dass er sich damit nur schadet?«

Seine Bewacher, wie er die Truppe nannte, die ihn ständig umgab, zuckten nur die Schultern, wenn sie solche Bemerkungen hörten.

»Wir haben schon alles versucht. Aber manchmal denken wir, er hat da oben eine Schraube locker.«

»Sag das nicht laut, sonst kannst du dir morgen ein neues Gebiss bestellen.«

Der Hilfslude Stani zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Ein anderer Zuhälter war zu ihm getreten.

»Musst du mich so erschrecken?«

»Ich würde lieber nicht so über Gringo sprechen, ehrlich!«

Der Zuhälter lächelte verächtlich.

»Du willst mir doch nicht sagen, dass du die Hose voll hast, Paule!«

»Ich? Bist du verrückt! Ich hab doch nicht die Hose voll! Wie kommst du denn auf diesen Schwachsinn?«

»Du zitterst ja wie Espenlaub, mein Lieber.«

Der Zuhälter ließ sich ein neu gefülltes Glas reichen.

»Na, du willst mir doch nicht weismachen, dass er sich sogar an seinen Freunden vergreifen würde?«

Stani, der eben so erschrocken gewesen war, grinste jetzt.

Paule schluckte heftig, nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas, wischte sich den Schaum von den Lippen und meinte bockig: »Nein, der sollte das mal versuchen! Aber ich kann es nun mal nicht leiden, wenn man abfällig über den Boss quasselt. Das ist alles, klar?«

»Natürlich, natürlich«, beeilte sich der Lude zu versichern, und seine Augen begannen verräterisch zu glitzern. »Ich spreche ja auch nicht abfällig über ihn. Stani auch nicht. Wir haben uns nur überlegt, dass die kleine Hure ihm jetzt mächtig viel Kosten verursachen wird. Wie ich gehört habe, soll sie vier Wochen lang ausfallen.«

»Das hat sie auch verdient, dieses Miststück. Und wenn ich dabei gewesen wäre, dann ...«

»Hättest du ihr womöglich das Genick gebrochen?«, fragte der Lude zuckersüß.

»Es geht dich einen Dreck an, was ich getan hätte! Sie hat es verdient, klar? Scheißfaul war sie. Und dafür soll Gringo jetzt auch noch zahlen, na, da werden halt die andern für sie herhalten müssen.«

Der Lude runzelte die Stirn.

»Was soll das heißen?«

»Das ist doch ein alter Brauch, wenn eine Nutte wegen Krankheit ausfällt, müssen die anderen für sie einspringen. Der fehlende Betrag wird genau aufgeteilt. Basta!«

Dem Luden blieb die Spucke weg.

»Das soll wohl ein Witz sein! Haha, und ich hätte es beinah geglaubt! Gut! Ehrlich, das ist ein guter Witz.«

Paule wurde immer wütend, wenn er das Gefühl hatte, nicht anerkannt zu werden. Und dass sich jetzt so ein winziger Möchtegernlude über ihn lustig machte, das war wirklich ein starkes Stück.

»Das ist kein Witz!«, schnarrte er und ballte die Hände.

»Du bist verrückt, pardon, Gringo muss verrückt sein. Das gibt es doch nicht! Die anderen Mädchen tragen doch keine Schuld. Ihr habt sie doch geschlagen.«

»Und? Das erzieht!«, sagte Paule hämisch. »Die anderen kuschen dann. Und wenn die Kleine zurückkommt, wird sie es bei Gott nicht einfach haben. Die lassen sie das spüren. Und so wird sie es sich überlegen, ob sie es wagt, noch einmal zuwenig Piepen abzuliefern.«

Stani war keiner von der harten Sorte; er starrte Paule kurz an.

»Ich möchte dir und Gringo einen guten Rat geben.«

»Brauchen wir nicht.«

»Trotzdem, ich glaube, es wird Zeit, dass ihr eure Grenzen kennenlernt. Richte ihm aus, wenn hier mal eine Tote gefunden werden sollte, dann ist für ihn kein Platz mehr in unserem Viertel. Verstanden!«

Stanis Augen verdüsterten sich.

»Ich weiß gar nicht, wieso du dich erdreistest, mir Anweisungen zu geben.«

»Damit du sie weitergeben kannst! Wir wollen die Bullen nicht aufmerksam machen. Was ihr mit den Mädels macht, nun gut, das ist eure Sache. Aber ich sage dir auch: Wenn sie mal zu uns überlaufen, dann liefern wir sie euch nicht aus.«

Stani starrte ihn sprachlos an.

»Sag das noch einmal!«

»Wenn sie vor lauter Verzweiflung ins andere Lager wechseln, werden sie von uns geschützt.«

»Du riskierst einen Krieg mit uns?«

Er schob die Lippen nach vorn.

Der Zuhälter aber ließ sich nicht einschüchtern.

»Nicht ich, sondern wir alle!«

»Das war deutlich, beim Teufel!«

»Ich hoffe, Gringo nimmt es auch so auf.«

Paule sagte: »Ich geh jetzt, kommst du mit?«

Stani warf das Geld auf den Tresen und ging grußlos mit dem anderen hinaus. Auf der Straße sagte Paule vorsichtig: »Er hat nicht so unrecht. Wir machen uns unbeliebt.«

»Verflucht, du bekommst dein Geld von Gringo!«

»Natürlich, aber man darf doch wohl noch laut denken?«

»Nein!«

Sie gingen die Strichstraße entlang. Um diese Zeit war noch nicht viel los. Die Tagschicht lümmelte an den Häuserwänden und tratschte über dieses und jenes. Das Mädchen, das neulich geschlagen worden war, hatte auch zur Tagschicht gehört. Für diese Dirnen war es besonders schwer, ihr Soll zu erreichen. Außerdem war an jenem Tag das Wetter schlecht gewesen, und sie hatte einen Kunden erwischt, der sie bestohlen hatte. Aber all das zählte bei Gringo nicht.

Paule stapfte durch die Straßen und musste an Ackerfurchen denken. Warum bin ich nicht im Dorf geblieben, dachte er traurig. Was wollte ich alles werden, und jetzt? Jetzt kann ich nicht einmal zurückkehren.

»Liegt was an?«

»Wieso soll ich das wissen? Wir sind doch erst auf dem Weg zum Boss.«

Paule dachte: Manchmal wünsche ich ihm die Pest an den Hals. Obwohl ich dann arbeitslos wäre. Ehrlich, ich möchte sehen, dass er schwach und krank ist. Dann könnte er am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man nicht mehr kann. Verflucht...«

»He, hier geht es lang!«

Er hatte immer ein ungutes Gefühl in der Magengrube, wenn er vor den Boss treten musste. Dessen Blick konnte so starrend sein, und der wusste immer alles. Als hätte er Röntgenaugen, so durchforschte er das Gehirn aller und sagte ihnen dann auf den Kopf zu, was sie dachten.

Stani läutete.

Kätzchen schnurren nur manchmal: 2 Redlight Street Romane

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