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KAPITEL 7
ОглавлениеLUCIAN
Das Morgenrot erschien langsam über Rothenburg und ich löschte das Feuer, das mir in der Nacht Wärme gespendet hatte.
Ich wartete nun schon seit zwei Nächten darauf, dass die Prinzessin und ihre Zofe am Tor von Rothenburg ankommen würden. Langsam machte ich mir Sorgen, ob ich sie vielleicht doch übersehen hatte oder sie vielleicht falsch eingeschätzt hatte und sie doch nicht nach Rothenburg wollten.
Ich behielt den Weg im Auge, der zum Eingangstor von Rothenburg führte und nur wenige Meter von mir entfernt war. Noch war niemand zu sehen, wahrscheinlich war es noch zu früh.
Neben mir murmelte ein Betrunkener etwas im Halbschlaf und wälzte sich auf dem kalten Gras. Vor dem Eingang von Rothenburg lagerten viele Bettler und Säufer. Zu meinem Glück. Denn so fiel ich weniger auf, als wenn ich allein vor dem Tor auf jemanden wartete. Ich hatte mir eine alte zerfetzte Decke als Umhang umgelegt, damit man mich für einen Bettler hielt. Meinen Hengst hatte ich im Stall unterbringen lassen.
Ich war etwas verunsichert geworden, ob ich Prinzessin Emilianda sofort erkennen würde, da ich sie das letzte Mal gesehen hatte, als sie noch ein Kind war. Doch der König hatte mir vergewissert, dass ihre Schönheit nicht zu übersehen war.
Da es Jahre her war, würde sie mich auch nicht erkennen.
Eine Kutsche kam aus dem Wald und fuhr langsam auf das Eingangstor von Rothenburg zu. Zuerst sah ich nur einen alten Bauern mit einem Gaul, der übermüdet vom Ziehen der Kutsche war. Hinterher folgte ein Esel, der ab und an schrie, als wolle er alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Erst als ich noch einmal genauer hinsah, bemerkte ich zwei Silhouetten auf dem Hänger der Kutsche. Ich kniff die Augen leicht zusammen, um genaueres zu erkennen und nahm deutlich zwei weibliche Silhouetten wahr.
Langsam und vorsichtig näherte ich mich dem Weg, blieb jedoch so weit entfernt, dass noch drei weitere Heimatlose vor mir standen, die auf den alten Bauern warteten, um zu betteln.
Die Kutsche näherte sich und die Sonne war nun etwas höher gestiegen, so dass sie mir erlaubte, die Gesichter der Silhouetten auf dem Hänger zu erkennen.
Eine hatte blondes Haar und war ohne Umhang. Ihr Kleid verriet, dass sie sich seit Tagen nicht gebadet hatte und ihr Gesicht zeigte Müdigkeit und Erschöpfung. Sie waren also aus den Bauernland gekommen, das verriet auch der mit Kartoffeln beladene Hänger.
Das zweite Mädchen konnte ich zuerst nicht genau erkennen, da ihr Gesicht vom Schatten des Umhangs bedeckt war. Doch sie hatte einen sehr zarten Körperbau und die Tatsache, dass sie sich unter einem Umhang versteckte, verriet mir, dass es sich hierbei womöglich um die Prinzessin handelte.
Das blonde Mädchen, welches dann wohl die Zofe war, flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie lachte.
Dieses Lachen... es war so leise und doch ertönte es so laut in meinen Ohren, dass ich zusammenzuckte. Es war voller Leben, voller Hoffnung.
Wie konnte sie so glücklich sein, obwohl sie gerade von ihrer Familie geflohen war und das ganze Land im Stich gelassen hatte. Ja, sogar betrogen hatte.
Eine Wut ballte sich in mir zusammen. Dieses blaue Adelsblut, sie glaubten immer, sie könnten machen, was sie wollten. Aber schon früh genug würde sie ihre Tat mit ihrem Tod bezahlen. Der Tod, der durch meine Hände geschehen würde. Ich konnte es kaum abwarten und malte mir schon Szenarien aus, wie sie angsterfüllt vor mir stehen und um ihr Leben betteln würde.
Sie nahm ihren Umhang vom Kopf und streckte ihr Gesicht in Richtung Sonne, als würde sie die Wärme in sich aufnehmen wollen. Ihre Augen waren geschlossen und ihr dunkles Haar war trotz der ganzen Reise, die sie hinter sich hatte, glänzend und wunderschön. Ihr Gesicht war makellos und ihre Wangen trugen ein leichtes Rosa.
>Du wirst ihre Schönheit nicht übersehen<, fielen mir die Worte des Königs ein. Er hatte recht. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Ihr zartes Gesicht verlieh ihr die Aura einer Göttin. Ich könnte schwören, dass diese junge Frau noch nie etwas Böses wollte.
Die Wut in mir erlosch schnell wieder. Zu schnell. Was geschah hier gerade? Eben noch spielte ich mit dem Gedanken, wie sie um ihr Leben flehte, und nun? Nun fragte ich mich, wer sie eigentlich war. Was hatte sie vor, nachdem sie ihre Familie verlassen hatte? Sie war im Königspalast aufgewachsen. Sie war eine Prinzessin. Was glaubte sie, würde sie hier draußen erreichen mit ihrem Leben? Warum gab sie einen so sicheren Halt als Frau eines Königs auf, um ihr Leben lang auf der Flucht zu sein?
Die Neugier wuchs immer mehr in mir, dadurch hatte ich nicht mitbekommen, dass die Kutsche bereits das Tor von Rothenburg durchquert hatte.
Aber ich würde sie schon noch wiederfinden. Ich war erstmal froh, dass ich von diesem Platz hier wegkonnte, denn der Gestank von Erbrochenem und Urin war einfach schon unerträglich.
Ich warf die Decke von mir und ließ sie liegen, während ich zum Tor eilte.
Ich wollte sie erstmal beobachten. Sehen, was sie vorhatte. Ihren Tod würde ich auch noch einige Tage später planen können.
Ich hatte mich entschieden, ihr noch ein paar Tage der Freiheit zu lassen.