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KAPITEL 3

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LUCIAN


Ein neuer Auftrag erwartete mich und noch dazu einer, der mir beinahe den Boden unter den Füßen wegzog. Als Königlicher Occisor hatte ich schon sehr viele Aufträge erfüllt. Doch dieser hier würde etwas Besonderes für mich sein.

Als Occisor wird jemand bezeichnet, der Auftragsmorde begeht. In meinem Fall bin ich der Königliche Occisor und begehe nur Morde, die der König mir höchstpersönlich in Auftrag gibt. Es war nicht mein Traumberuf, doch als mein Vater unser Landstück und unsere Mühle durch Glücksspiele und Bier verlor, landeten er und ich auf der Straße. Um zu überleben, musste ich aus den Taschen der Einwohner plündern. Mein Vater sah mich damals nur als Last an und als ich eines Tages versuchte, den König Friedrich von Grafenburg höchstpersönlich zu bestehlen, erwischte er mich.

Der König erkannte jedoch meine Lage und bot mir ein Leben am Hofe des Königspalastes an, wenn ich mich zu seinem Occisor ausbilden lassen würde. Damals hatte ich ohne Nachzudenken sofort zugesagt. Als ich jedoch meine ersten Aufträge erledigen musste, mit gerade mal 16 Jahren, wurde es mir leid, diese Aufgabe angenommen zu haben.

Doch wenn jemand einmal als Occisor gearbeitet hat, bleibt er es sein Leben lang. Nur der Tod befreit den Occisor von seinem Schicksal.

Mit den Jahren wurde es jedoch leichter und langsam hatte ich mich an meine Arbeit gewöhnt. Es machte mir nichts mehr aus, einem Menschen das Leben zu nehmen.

Meistens erledigte ich es schnell und schmerzlos. Doch je nachdem, was diese Person verbrochen hatte, ließ ich sie auch mal für mehrere Stunden leiden.

Wie ich jedoch das Leben einer Prinzessin mit echten Adelsblut nehmen würde, das musste ich noch genauer überdenken.

Als König Friedrich von Grafenburg mich vor zwei Tagen bat, seine Tochter zu finden und sie zu töten, bekam ich im ersten Moment Panik. Doch nachdem ich hörte, dass die Prinzessin vor einer Zwangsheirat geflohen war und sie somit die ganze Königsfamilie in Schande brachte und womöglich auch noch einen Krieg mit dem Königreich im Nachbarland verursachte, empfand ich die Anordnung seiner Majestät, seine eigene Tochter töten zu lassen, als vollkommen notwendig und unausweichlich.

König Adelbrecht III hatte sofort mit Krieg gedroht. Nachdem König Friedrich mit ihm verhandelte, wurde beschlossen, dass er das Bauernland im Süden für sich behalten könne, wenn er dafür den Tod seiner Tochter veranlassen würde.

Darum war ich nun bereits seit zwei Tagen auf meinem Pferd und suchte die Prinzessin. Ich hatte die Information vom König, dass sie zusammen mit ihrer Zofe geflohen war. In den Dörfern, die ich schon durchquert hatte, gab es nur einen Mann, der zwei Mädchen auf Pferden gesehen hatte. Er sagte mir, dass sie die Pferde so angetrieben hätten, als seien sie vor dem Teufel geflohen.

Nun ja, sie flohen gewiss vor den königlichen Soldaten, doch sie wussten nicht, dass diese sie gar nicht suchen würden, sondern einzig und allein ich die Spur der Prinzessin verfolgte.

Als ich durch einen Wald ritt, bemerkte ich einen kleinen Bach, der etwas abseits von der Straße war. Der perfekte Ruheplatz für jemanden der auf der Flucht ist, dachte ich sogleich. Ich stieg von meinem Hengst ab und führte ihn ans Wasser. Ich begutachtete jedes Blatt und jeden Stock, der auf dem Boden lag. Etwas abseits bemerkte ich Hufabdrücke. Nach kurzem Untersuchen erkannte ich, dass sie von zwei Pferden stammten. Daneben waren auch Spuren von Menschen. Viel zu klein für Männer, also mussten es die Prinzessin und ihre Zofe gewesen sein. Sie waren hier und das Laub hatte noch nicht ihre Spuren bedeckt. Das Moos neben dem Baum, wo sie sich womöglich ausgeruht hatten, war noch zerdrückt. Es waren also nur wenige Stunden her, seitdem sie diesen Ort verlassen hatten. Ich kam ihnen immer näher und spätestens morgen Mittag würde die Prinzessin sich in meiner Macht befinden. Ob ich ihr meine Hände um den Hals legen würde oder ihr Herz mit meinem Schwert durchbohren würde, das musste ich mir noch überlegen.

Ich sah unter dem Baum etwas Helles hervorscheinen, das von Laub und Moos bedeckt war. Langsam entfernte ich es und zog seidenen Stoff, welcher mit goldener Spitze verziert war, hervor. Auch wenn es komplett mit Dreck versehen war und bereits einige kleine Risse im Spitzenstoff hatte, so war es immer noch wunderschön. Es musste das Hochzeitskleid der Prinzessin sein! Niemand sonst würde ein so schönes und unbezahlbar teures Kleid hinter einem Baumstamm unter Moos und Laub verstecken.

Ich legte es so gut wie möglich zusammen und steckte es in eine meiner Satteltaschen, in die es kaum hineinpassen wollte. Ich würde dieses Kleid dem König präsentieren, wenn ich meinen Auftrag erledigt hatte.

Als ich mich wieder auf das Pferd setzte, überkam mich ein leichtes Grinsen, als ich mir vorstellte, wie die Prinzessin versucht hatte, das Kleid zu verstecken. Sie war auf der Flucht und obwohl sie versuchte, unterzutauchen und keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, so war sie doch sehr unerfahren. Es würde also ein leichter Auftrag für mich werden und morgen Abend würde ich bestimmt schon auf dem Rückweg zum Königspalast sein, um die Botschaft vom Tod der Prinzessin zu überbringen.

Was für eine dumme und naive Prinzessin sie wohl sein mag? Wie konnte sie nur daran glauben, dass sie mit so einer Tat davonkommen würde? Und obwohl eine Zwangsheirat vielleicht nicht das ist, was eine Prinzessin will, so ist es doch das normalste, was es unter den Königsfamilien gab. Warum ließ sie also alles hinter sich, ihr ganzes Leben und ihre Familie, nur um vor einer Heirat mit einem König zu fliehen? Würden dafür nicht andere Frauen sogar morden? Und was hatte sie davon? Sie müsste ihr Leben lang auf der Flucht sein. Für ihr Überleben müsste sie hart arbeiten. Und das alles nur, um nicht ein Leben an der Seite eines Königs zu führen, der ihr alles bieten kann?

Ich schüttelte den Kopf. Sie war wohl wirklich so naiv und dumm, wie ich dachte. Anderseits hatte sie auch etwas Selbstbewusstes und Starkes an sich, dass sie sich selbst von ihrem Vater, dem König, nichts vorschreiben ließ.

Ich war bereits ein klein wenig auf meine Begegnung mit ihr gespannt.

Rosenschwan

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