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KAPITEL 2

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EMILY


Rastlos scheuchten wir die Pferde die ganze Nacht durch Wald und Dörfer, um so schnell wie möglich eine weite Strecke zwischen uns und dem Königlichen Palast zu erreichen. Mein Vater hatte bestimmt sofort die Soldaten losgeschickt, um mich zu finden und zurückzubringen. Doch mittlerweile waren wir so weit voraus, dass unsere Pferde sich eine kurze Pause verdient hatten.

Im Morgengrauen erreichten wir einen kleinen Bach, der sich etwas abseits von dem Weg befand, der den Wald teilte. Die Pferde sattelten wir ab und trockneten ihr Fell, das mit Schweiß bedeckt war. Schnaufend und noch im Adrenalinrausch machten sie sich über das Wasser her.

Nachdem wir die Pferde versorgt hatten, setzten wir uns endlich hin und erlaubten uns selbst ein wenig Ruhe. Ich nahm meinen Umhang ab und legte ihn mir als Kissen auf das noch mit Morgentau bedeckte Moos.

„Wir hätten an etwas zu essen denken müssen.“ ergriff Gerda das Wort und löste endlich Stille zwischen uns.

>Essen<. Das war wohl das Stichwort, denn mein Magen knurrte so laut, dass man hätte denken können, ein Bär befinde sich unter uns.

„Hinter dem Wald gibt es sicherlich ein kleines Dorf. Ich habe noch etliche Edelsteine mitgenommen, damit können wir uns etwas kaufen.“, flüsterte ich leise, während mein ganzer Körper bereits um Schlaf bettelte.

„Wir dürfen es nicht riskieren, dass uns jemand im Dorf sieht. Dort fragen die Soldaten als erstes nach. Wir werden ein Bauernhaus suchen, das sich etwas abseits vom Dorf befindet. Sie werden uns bestimmt auch etwas eintauschen ohne Fragen zu stellen.“

„Mmmhh...“, gab ich noch von mir, während ich bereits im Halbschlaf war.

„Wir ruhen uns kurz aus, sei aber trotzdem wachsam, Emily.“, sagt Gerda, während ich es eigentlich gar nicht mehr wahrnahm.


Nachdem wir uns bis Mittag Zeit gelassen hatten, um zu schlafen, mussten wir jetzt weiterziehen. Doch vorher bat ich Gerda, mich von meinem Hochzeitskleid zu befreien. Es war bereits von Sträuchern im Wald teilweise zerrissen und der Matsch hatte ebenfalls seine Spuren auf dem Kleid hinterlassen. Aber es wäre ohnehin zu riskant gewesen, das Kleid mitzunehmen, denn obwohl wir bestimmt noch etwas für den teuren Seidenstoff bekommen hätten, würde jeder sofort wissen, dass dieses Kleid aus dem Königspalast kommt. Und dass die Königliche Prinzessin vor ihrer eigenen Hochzeit geflohen ist, das wird sich ebenfalls in wenigen Tagen im ganzen Land herumgesprochen haben.

Ich schlüpfte in mein schlichtes braunes Kleid und legte mir den Umhang wieder um. Das Hochzeitskleid rollte ich zusammen und versteckte es hinter einem Baumstamm, wo ich es noch mit Laub bedeckte.

Die Pferde hatten sich ebenfalls gut erholt und so saßen wir wieder im Sattel, um den Wald so schnell wie möglich zu durchqueren.

Tatsächlich erblickten wir gleich hinter dem Wald ein kleines Dorf, welches wir jedoch umritten, um nicht aufzufallen. Rechts befanden sich Hügel mit Weiden, auf denen Schafe und Kühe ihren Tag verbrachten. Aus der Ferne erkannten wir eine Bauernhütte und Gerda nickte mir zu. Sie nahm einen Edelstein von mir und machte sich auf den Weg zu der Hütte, denn zu zweit wären wir leicht aufgefallen, falls die Soldaten doch an jede Haustür klopfen sollten.

Kurze Zeit später kehrte sie zurück mit einem Lächeln im Gesicht. „Es war eine ältere Dame und sie war sehr großzügig.“ Gerda zeigte mir einen Beutel, in dem sich Brot, Ziegenkäse und Äpfel befanden.

„Oh lecker!“, entfuhr es mir und obwohl ich eigentlich jeden Tag einen ganzen Tisch voll mit feinster Kost zum Frühstück gewohnt war, vergaß mein Hunger dies alles und ich war dankbar für jeden Bissen, den ich zu mir nahm. Somit zerkaute ich den Apfel langsam und genüsslich in meinen Mund, während wir unsere Pferde stetig weiter den Weg entlang führten.

„Die alte Dame sagte, das Dorf heißt Tüchersfeld. Wir sind also nur noch fünf Tagesritte von Bacharach entfernt.“

„Bacharach grenzt doch an das Bauernland im Süden, habe ich recht?“

Gerda nickte. „Der Krieg wird bestimmt in den nächsten Tagen beginnen. Im Bauernland werden wir sicher sein, da weder dein Vater noch König Adelbrecht III dem Bauernland im Süden Schaden zufügen werden. Von dort aus sind es nur noch wenige Tage bis Rothenburg. Wenn wir es bis dorthin schaffen, sind wir erstmal für eine Zeitlang sicher.“

Ich nickte, denn ich hoffte nur zu sehr, dass wir es tatsächlich bis Rothenburg schaffen. Dort lebte nämlich die Großmutter von Gerda. Wir würden einige Wochen versuchen, in Rothenburg Geld zu verdienen, um dann mit dem Schiff den Petschora Fluss zu überqueren. Hinter dem Fluss befand sich das Königreich des König Harald von Petschora.

In seinem Königreich würde uns niemals einer von Vaters Soldaten suchen. Sie hatten auch gar kein Recht, einfach in dem fremden Königreich aufzutauchen. Unser Königreich und das von König Harald war immer im Frieden miteinander und daher wusste ich, dass mein Vater diese Freundschaft nicht mit seinen Soldaten gefährden würde.

Früher hatten unsere Familien sich öfter in unserem Palast zu einem Frühlingsfest getroffen. Ich erinnere mich noch, dass König Harald von Petschora auch einen Sohn hatte, mit dem ich als kleines Kind gespielt, oder besser gesagt, gestritten hatte.

Behutsam strich ich mit meiner linken Hand über mein rechtes Handgelenk, an dem sich eine zehn Zentimeter lange Narbe befand. Die würde als ewige Erinnerung an Prinz Elijah von Petschora bleiben. Er war zwei Jahre älter als ich und hatte mich als Kind immer geneckt und gemeint, dass ich als Mädchen nichts schaffen könnte, was Jungs können. Er hatte immer irgendwelche Mutproben parat. Eines Tages meinte er zu mir, ich würde die große Trauerweide im Palastgarten nicht bis zur Spitze erklettern können. Ich wollte ihm jedoch immer etwas beweisen, weshalb ich den Baum auch bestieg. Das Schicksal meinte es jedoch anders mit mir und ich stürzte vom Baum, wobei mir ein Ast eine Wunde im Handgelenk zufügte und die Narbe hinterließ. Die Königsfamilie von Petschora blieb danach noch einige Tage, doch die daraufkommenden Jahre kamen sie nur noch ohne Prinz Elijah, und irgendwann war das Frühlingsfest dann nur noch ein Fest für Erwachsene.

König Harald von Petschora hatte mich somit schon einige Jahre nicht mehr gesehen, also würde er mich auch nicht erkennen, falls ich ihm begegnete, was aber eher unwahrscheinlich war.

„Emily? Ist alles ok?“ fragt mich Gerda plötzlich, als sie merkte, wie tief ich in meine Gedanken versunken war.

„Ja, alles gut, ich habe mich nur an König Harald erinnert. Ob er sich an mich erinnern würde, wenn er mich sieht?“

„Das glaube ich nicht. Immerhin sind es schon Jahre her. Außerdem wird er uns wohl kaum sehen, da er sich ja nur im Königspalast aufhält, wo wir ganz bestimmt nie sein werden.“

„Glaubst du, wir finden Arbeit, wenn wir erstmal im Königreich von König Harald sind?“

„Ich habe einmal gehört, dass am Hafen in Schiltach immer Arbeitskräfte gebraucht werden. Jeder, der also in den Hafen kommt, kann sich dort Arbeit suchen. Ich glaube, das wäre gut für uns.“

Ich nickte stumm und insgeheim freute ich mich schon darauf, zu arbeiten. Auch wenn ich mein Leben als Prinzessin im Königspalast verbracht hatte, so war ich keineswegs ein verwöhntes Mädchen. Ich hatte mich oft heimlich in die Küche geschlichen und mit den Bediensteten gekocht. Unser Koch hat immer gemeint, ich wäre eine absolut talentierte Köchin, würde ich nicht eine Prinzessin sein. Vielleicht sollte ich mich irgendwo als Köchin in einem Gasthaus bewerben.

Doch solche Träume lagen noch zu weit vor mir. Wir mussten es erst schaffen, vor den Soldaten meines Vaters zu flüchten und uns im Königreich von König Harald in Sicherheit zu bringen.

„Wir sollten in Bacharach versuchen, unsere Pferde loszuwerden. Die Soldaten werden nach zwei Mädchen mit Pferden fragen, wenn wir also zu Fuß das Bauernland durchqueren, sind wir ihnen bestimmt zwei Schritte voraus.“

„Wie weit entfernt ist denn Bacharach von Rothenburg?“ fragte ich, in der Hoffnung, dass wir nicht allzu viele Tage auf den Beinen sein müssen.

„Zu Fuß sind es bestimmt neun Tage. Aber von Bacharach bis Rothenburg fahren viele Bauernkutschen, die ihre Ernte in Rothenburg verkaufen. Wir finden also bestimmt jemanden, der uns mitnimmt.“

„Ok, das klingt doch gut.“

„Wir sollten unsere Pferde jetzt aber wieder schneller bewegen, sonst sind wir erst in sieben Tagen in Bacharach.“ rief mir Gerda zu, während ihr Pferd mich bereits überholte.

Ich lachte und trieb auch mein Pferd an. Obwohl ich anfangs Angst davor hatte, auf der Flucht zu sein, so war ich jetzt erleichtert und mir wurde immer bewusster, dass ich diese Entscheidung niemals bereuen würde.

Rosenschwan

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