Читать книгу Gabriele Reuter – Gesammelte Werke - Gabriele Reuter - Страница 15

VII.

Оглавление

Ein großer Kampf war in Sieg und Glück be­en­det, ein deut­scher Kai­ser war glor­reich ge­krönt, dem Traum ei­ner Na­ti­on war Er­fül­lung er­run­gen – Tau­sen­de von kraft­vol­len Män­nern la­gen zer­schos­sen und ver­we­send un­ter blut­ge­düng­tem Erd­reich.

Von den Gra­nat­split­tern, die ihr Ziel nicht ge­trof­fen, ver­fer­tig­te man Tin­ten­fäs­ser und nied­li­che klei­ne Blu­men­scha­len, mit de­nen die jun­gen Da­men ihre Bou­doirs schmück­ten. Das Mi­li­tär zu eh­ren war Recht und Pf­licht des deut­schen Mäd­chens.

Eu­ge­nie Wu­trow hat­te im­mer einen si­che­ren In­stinkt für das Not­wen­di­ge, für das Ziel, dem die öf­fent­li­che Mei­nung ih­res klei­nen Krei­ses zu­streb­te, sie trug einen Pa­le­tot, der bei­na­he ein Uni­form­rock war, ihr Zim­mer glich ei­ner Sei­ten­ab­tei­lung des Zeug­hau­ses, die zu ei­nem krie­ge­ri­schen Fes­te mit Blu­men und den Bil­dern der ho­hen Feld­her­ren fei­er­lich ge­schmückt wor­den war. Der Pa­trio­tis­mus stand ihr wie jede neue Mode und jede idea­le Pf­licht, wo­mit sie ihre an­mu­ti­ge Per­son her­aus­putz­te. Sie hat­te so einen be­son­de­ren Griff, durch den sie je­des Ding für ih­ren Ge­brauch zu­recht­rück­te, und einen fei­nen Ge­schmack für die Mi­schung der Far­ben.

Wie sie eif­rig wur­de und scharf und le­ben­dig, wenn sie Mar­tin Gref­fin­gers schau­der­haf­te Grund­sät­ze be­kämpf­te! Wie sie sich im Ge­spräch mit ihm keck auf Ge­bie­te wag­te, vor de­nen an­de­re Mäd­chen sich fürch­te­ten! Gref­fin­ger war gar nicht gut mehr bei den Vä­tern und Müt­tern an­ge­schrie­ben, seit die Re­gie­rungs­rä­tin Heid­ling ih­ren Be­kann­ten ge­klagt hat­te, ihr Nef­fe be­rei­te ih­nen großen Kum­mer, weil er sich den neu­en so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen An­schau­un­gen zu­nei­ge. Die meis­ten jun­gen Mäd­chen zo­gen sich, auf Be­fehl ih­rer El­tern, scheu vor dem Stu­den­ten zu­rück. Das wur­de ih­nen nicht schwer, da er sich sei­ner­seits ziem­lich un­höf­lich ge­gen sie be­nahm.

Trotz sei­ner Ab­nei­gung ge­gen die bür­ger­li­che Ge­sell­schaft kam Mar­tin oft für ein paar Stun­den, auch für gan­ze Tage nach M. hin­über. An­fangs nahm er Heid­lings Lo­gier­stu­be und Gast­freund­schaft in un­be­küm­mer­ter ver­wandt­schaft­li­cher Ge­wohn­heit an. Da ver­schärf­te sich die Span­nung zwi­schen ihm und dem On­kel Re­gie­rungs­rat, die Luft wur­de ihm zu be­klom­men, und er ließ sich nur sel­ten noch bei den Ver­wand­ten bli­cken. Zu Wu­trows ging er je­des Mal, ob­wohl die An­sich­ten des al­ten Ta­baks­fa­bri­kan­ten si­cher nicht volks­freund­li­cher wa­ren, als die des Re­gie­rungs­rats.

Ein­mal warf Eu­ge­nie im Ge­spräch mit Aga­the die Be­mer­kung hin: ihr Vet­ter wand­le auf ge­fähr­li­chen Bah­nen, aber er sei ein ge­nia­ler Mensch. Ein an­de­res Mal fand Aga­the auf dem Schreib­tisch ih­rer Freun­din ein Buch mit ro­ter In­schrift auf schwar­zem De­ckel. Eu­ge­nie riss es ihr has­tig aus der Hand.

»Po­li­zei­lich ver­bo­ten!« flüs­ter­te sie la­chend und schob es un­ter die Spit­zen und Bän­der in ei­ner ge­schnitz­ten Tru­he.

Dann wie­der konn­te Mar­tin über­mü­tig bis zur Toll­heit sein, und trieb, wenn er kam, nur Ne­cke­rei­en und Scher­ze mit den bei­den Mäd­chen. Wo­chen­lang trug er eine klei­ne Pelz­kap­pe, die er Eu­ge­nie ge­raubt hat­te, und auf de­ren blon­dem Kop­fe konn­te man den Knocka­bout von Mar­tin Gref­fin­ger be­wun­dern. Traf er die Of­fi­zie­re der Gar­ni­son bei Wu­trows, so saß er fins­ter und mür­risch in ei­ner Ecke. Eu­ge­nies ge­schick­tes­te Ver­su­che be­wo­gen ihn nicht, an ei­ner Dis­pu­ta­ti­on über sei­ne ent­setz­li­chen An­sich­ten teil­zu­neh­men. Meis­tens ent­fern­te er sich gleich.

Aga­the war über­zeugt, dass Eu­ge­nie ihn lie­be.

Sie selbst muss­te fort­wäh­rend die Fra­ge bei sich er­wä­gen, wie ihr zu Mute sein wür­de, wenn Re­fe­ren­dar Son­nen­strahl oder Lieu­ten­ant Bie­be­ritz oder der jun­ge Dürn­heim um ihre Hand an­hiel­te? Und was sie wohl emp­fin­den wür­de, wenn sie mit ei­nem von die­sen Her­ren nach der Trau­ung am Abend al­lein an ei­nem Fens­ter ste­hen und an sei­ner Schul­ter ge­lehnt in einen dunklen Park hin­aus­bli­cken wür­de? So war die Vor­stel­lung, die sie sich un­will­kür­lich vom Be­ginn der Ehe mach­te. Hin­ter ih­nen brann­te eine Hän­ge­lam­pe, und dun­kel­ro­te Gar­di­nen flos­sen an den Fens­tern nie­der. Sie nahm den Kranz und den Schlei­er ab, und er lös­te sei­ne wei­ße Kra­vat­te – und dann wür­de er ko­misch aus­se­hen! Dar­über kam sie nicht hin­weg, und das Ge­fühl ei­nes großen Glückes woll­te sich nicht ein­stel­len.

Vi­el­leicht war sie über­haupt nicht zur Ehe be­stimmt, son­dern aus­be­wahrt für ein selt­sa­mes, ro­man­ti­sches, schau­er­vol­les Schick­sal?

Hät­te sie nur klei­ne Kin­der nicht so gern ge­habt!

Der Re­gie­rungs­rat Heid­ling in­ter­es­sier­te sich als viel­sei­tig un­ter­rich­te­ter Mann auch für die Kunst und wirk­te mit an­de­ren ge­bil­de­ten Freun­den für die Ein­rich­tung ei­ner stän­di­gen Aus­s­tel­lung äl­te­rer und neue­rer Ge­mäl­de in M. Er sorg­te da­für, dass sei­ne Toch­ter die­se An­stalt ei­nes rei­nen, er­he­ben­den Ge­nus­ses, nach­dem sie dem Pub­li­kum ge­öff­net war, flei­ßig be­such­te. Gern ging er selbst am Sonn­tag Vor­mit­tag mit ihr auf ein Stünd­chen dort­hin und knüpf­te man­che lehr­haf­te Be­mer­kung über die ver­schie­de­nen Rich­tun­gen der Ma­le­rei und der Plas­tik an das Ge­schau­te. Aga­thes Ge­schmack wich oft sehr weit von dem ih­res Va­ters ab, aber er war ja eben un­ge­übt und kin­disch und soll­te sich ver­fei­nern. Es wur­de ein Sport bei den jun­gen Mäd­chen, sich Sonn­tags zwi­schen zwölf und eins um den Re­gie­rungs­rat zu ver­sam­meln, mit ihm von Bild zu Bild zie­hend, la­chend, schwat­zend, sich ihre ket­ze­ri­schen Be­mer­kun­gen in die Ohren tu­schelnd und zu­gleich an­däch­tig zu­hö­rend. Der Blick des erns­ten Man­nes ruh­te dann freund­lich auf all den in knap­pen Pelz­jäck­chen und flo­cki­gen Müt­zen ge­klei­de­ten Ge­stal­ten, den be­leb­ten, von Ju­gend- und Win­ter­luft fri­schen Ge­sich­tern.

»Lord By­ron in Newstead Ab­bey«, las der Re­gie­rungs­rat aus dem Ka­ta­lo­ge her­vor. »Wann ge­bo­ren? Wel­che Haupt­wer­ke? Kain – Chil­de Ha­rold – gut! Was ha­ben Sie von ihm ge­le­sen? Ge­fan­ge­ner von Chil­lon? Mit den an­de­ren Sa­chen kön­nen Sie noch war­ten! … Se­hen Sie, wie aus­ge­zeich­net un­ser Ma­ler den schwär­me­risch-düs­te­ren Aus­druck des Poe­ten ge­trof­fen hat … Die ner­vö­sen Hän­de – sehr fein! – Auch der go­ti­sche Säu­len­gang … Die Hin­nei­gung zur Ro­man­tik wird durch das ver­glim­men­de Aben­d­rot an­ge­deu­tet. In der Ecke leh­nend die Fah­ne mit den grie­chi­schen Far­ben … Sym­bol ei­nes zu­künf­ti­gen Schick­sals – Aga­the – wie starb By­ron? – Mis­so­lung­hi – rich­tig. – – – Hier ha­ben wir nun … Las­sen Sie se­hen, was der Ka­ta­log sagt: Kühe im Grü­nen … Das Werk ei­nes Meis­ters der fran­zö­si­schen Schu­le aus den vier­zi­ger Jah­ren …«

Aga­the war zu­rück­ge­blie­ben. Mit schwer­mü­tig er­staun­ten Au­gen träum­te sie von dem eng­li­schen Lord. – Sie hat­te doch frü­her schon Bil­der von ihm ge­se­hen … Was er­griff sie denn plötz­lich?

Am nächs­ten Mor­gen ging sie wie­der in die Aus­s­tel­lung. Nur für ihn.

Sie blick­te so lan­ge, so starr und in­ten­siv auf das Ge­mäl­de, bis sie den schö­nen Män­ner­kopf wie in ver­klei­ner­tem Ab­bild deut­lich vor den ge­schlos­se­nen Au­gen sah. In der Wo­che war die Aus­s­tel­lung meist leer und nie­mand konn­te Aga­the be­ob­ach­ten. Das Bild nahm ein selt­sa­mes Le­ben für sie an. Es war dem Künst­ler ge­lun­gen, et­was von der Macht, die der Dich­ter zu sei­ner Zeit auf die Frau­en ge­übt, in die­ses ge­mal­te Ant­litz zu ban­nen. Das Mäd­chen schlich zu ihm, wie zu ei­nem ver­bo­te­nen Ge­nuss, sie be­rausch­te sich an der Sehn­sucht, die nun ein Ziel ge­fun­den hat­te, bei dem sie doch im­mer Sehn­sucht blei­ben konn­te.

Zu Haus las sie By­rons Wer­ke – alle, vom An­fang bis zu Ende. Die Freu­de dar­an war schon schmerz­li­che Lei­den­schaft. Vie­les er­fuhr sie hier, aber die na­tür­li­chen Be­zie­hun­gen der Ge­schlech­ter zu ein­an­der er­schie­nen in ei­ner wil­den Ge­wit­ter­stim­mung, durch die ihr dann doch al­les wie­der den Ein­druck ei­nes fan­tas­ti­schen Mär­chens mach­te.

Sie wein­te vor Ei­fer­sucht, als sie aus der Bio­gra­fie By­rons Ver­hält­nis zur Grä­fin Guic­cio­li er­fuhr. Aber kei­ne von den Frau­en, an die er sein glü­hen­des Herz ver­schwen­de­te, hat­te ihn be­frie­digt. Kei­ne … Das war ein Trost!

Das Glück, die hei­te­re Göt­ter-Ruhe, die dem Ge­ni­us, wie sei­ne Kri­ti­ker sag­ten, ge­fehlt, um ihn zu ei­nem Klas­si­ker zu ma­chen – Aga­the Heid­ling hät­te sie ihm ge­bracht! – Da wur­de ihr nun die Me­lan­cho­lie klar, die sie oft so rät­sel­haft über­schat­te­te.

Ein hal­b­es Jahr­hun­dert zu spät ge­bo­ren … Die Ro­man­tik die­ses Ge­schickes ge­nüg­te ihr end­lich. Sie be­ru­hig­te sich ge­wis­ser­ma­ßen da­bei. Un­ter der Ober­flä­che ih­res Da­seins be­gann ein son­der­ba­res Traum­le­ben. Sie rich­te­te sich häus­lich ein in der neu­en fan­tas­ti­schen Hei­mat, in die sie fort­an ihre tiefs­ten Freu­den, ihre ge­heim­nis­vol­len Lei­den ver­leg­te – tote Kin­der sich wohl eine zwei­te Welt schaf­fen, der sie ir­gend einen ba­ro­cken Na­men ge­ben und an de­ren Aus­ge­stal­tung ihre Ge­dan­ken un­auf­hör­lich tä­tig sind, und El­tern oder Er­zie­her wun­dern sich dann, dass sie den Auf­ga­ben des Hau­ses und der Schu­le nur ein schwa­ches In­ter­es­se ent­ge­gen­brin­gen.

Wäh­rend Fräu­lein Heid­ling Bäl­le, Kränz­chen, Land­par­ti­en und Som­mer­fri­schen be­such­te – wäh­rend sie Schlitt­schuh lief, Ko­til­lo­nor­den ver­teil­te, sich rei­zen­de Früh­jahrs­hü­te aus­such­te, Stahl­brun­nen trank und Sti­cke­rei­en an­fer­tig­te, wur­de sie zu­gleich an der Brust des to­ten Dich­terl­ords auf ra­send sich bäu­men­dem Ren­ner über Schott­lands öde Hai­den ent­führt, – da lag sie in ori­en­ta­li­schen Mas­ken­ko­stü­men auf Ru­he­bet­ten in ver­fal­le­nen Hal­len, und zu den Kla­ge­tö­nen ei­ner Har­fe san­gen Geis­ter­stim­men von dunk­ler Schuld und wil­dem Lei­den. Durch un­er­hör­te Ent­sa­gung ent­sühn­te sie den Ge­lieb­ten – und er wein­te zu ih­ren Fü­ßen und sei­ne Au­gen wa­ren tote lo­dern­de Flam­men …

*

Im nächs­ten Jah­re wur­de Wal­ter als Lieu­ten­ant nach M. ver­setzt. Sei­ne Ka­me­ra­den und Aga­thes Freun­din­nen gin­gen bei Heid­lings ein und aus, es war dort im­mer ein fröh­li­ches Trei­ben.

Manch­mal kam es frei­lich zu un­an­ge­neh­men Auf­trit­ten, wenn der Re­gie­rungs­rat plötz­lich sei­ner Frau und Toch­ter hef­ti­ge Vor­wür­fe über ihre Ver­schwen­dungs­sucht im Haus­halt mach­te und er­klär­te, er habe kein Geld zu die­ser aus­ge­brei­te­ten Ge­sel­lig­keit. Aber gleich dar­auf mein­te er wie­der, Aga­the müs­se neue Stie­fel ha­ben, oder er brau­te eine Bow­le, wenn sich sechs bis acht jun­ge Leu­te zum Abend ein­fan­den und nur Kar­tof­fel und Hä­ring es­sen woll­ten.

Es war dem Re­gie­rungs­rat an­fangs schwer ge­wor­den, von den Tra­di­tio­nen sei­ner Fa­mi­lie ab­zu­wei­chen und den Sohn nicht Jura stu­die­ren zu las­sen. Am Of­fi­zier­stan­de haf­te­te in sei­nen Au­gen ein un­ech­ter ober­fläch­li­cher Glanz. Wal­ter hat­te die jah­re­lang nach­klin­gen­de Be­geis­te­rung von 1870 be­nutzt, um den Va­ter sei­nem Wun­sche güns­tig zu stim­men. Der Re­gie­rungs­rat sah jetzt, dass auch sein Sohn stren­ge ar­bei­ten muss­te, wenn er vor­wärts kom­men woll­te. Es war ein eif­ri­ges Stre­ben un­ter den jun­gen Leu­ten, je­der such­te sich im neu­en Reich einen ei­ge­nen gu­ten Platz zu er­obern. Wal­ter und sei­ne Freun­de lach­ten viel über Mar­tin Gref­fin­gers zor­ni­ge Kri­tik der frisch er­run­ge­nen Herr­lich­keit.

Wal­ter war kaum drei Mo­na­te in M., als er sich mit Eu­ge­nie Wu­trow ver­lob­te. Das kam selbst sei­ner Fa­mi­lie über­ra­schend. Aga­the hat­te an­ge­nom­men, Eu­ge­nie sei mit Mar­tin heim­lich ver­spro­chen. We­ni­ge Tage vor­her, bei ei­nem ge­mein­sa­men Spa­zier­gang, der mit Kaf­fee­trin­ken in ei­nem öf­fent­li­chen Gar­ten en­de­te, hat­te sie zu se­hen ge­glaubt, wie Mar­tin un­ter dem Tisch nach Eu­ge­nies Hand fass­te, und das Mäd­chen ließ sie ihm. Da­bei tausch­te sie, den Kopf in die Rech­te ge­stützt, über den Tisch Ne­cke­rei­en mit Wal­ter.

So­bald Aga­the mit der Braut al­lein war, konn­te sie nicht un­ter­las­sen, die Be­mer­kung hin­zu­wer­fen:

»Ich glaub­te, es wäre Mar­tin, den Du gern hät­test!«

»Ei­nen so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Stu­den­ten?« frag­te Eu­ge­nie vor­wurfs­voll. »Aber Aga­the –! Den hei­ra­tet man doch nicht! – Und üb­ri­gens hasst er ja auch die Ehe«, füg­te sie mit ih­rem fri­vo­len klei­nen La­chen hin­zu.

Ein Ge­fühl von Ab­nei­gung, von Ver­ach­tung ge­gen die neue Schwä­ge­rin pei­nig­te Aga­the, wäh­rend ihr alle Be­kann­te Glück wünsch­ten, weil ihr Bru­der die liebs­te Freun­din zur Frau wähl­te. Sie mein­te, es sei ihre Pf­licht, Eu­ge­nie noch ein­mal ernst­lich zur Rede dar­über zu set­zen, ob sie Wal­ter auch wirk­lich lie­be. Aber nach dem ers­ten miss­glück­ten Ver­such fand sie nicht den Mut. Was hät­te Eu­ge­nie auch be­we­gen sol­len, sich mit Wal­ter zu ver­lo­ben? Sie war ein rei­ches Mäd­chen und hat­te schon ver­schie­de­ne An­trä­ge aus­ge­schla­gen.

Die bei­den Freun­din­nen be­rich­te­ten sich ge­treu­lich jede Klei­nig­keit ih­res täg­li­chen Le­bens. Sie wür­den es sehr übel ge­nom­men ha­ben, wenn eine von ih­nen sich eine Schlei­fe ge­kauft hät­te, ohne die an­de­re um Rat zu fra­gen und län­ge­re Ver­hand­lun­gen dar­über zu pfle­gen. Was aber im In­nern ih­rer zu­künf­ti­gen Schwä­ge­rin vor sich ging, blieb Aga­the eine so frem­de Welt, wie es Eu­ge­nie ihr fan­tas­ti­sches Traum­le­ben ge­we­sen wäre. Jede hü­te­te ängst­lich die ei­ge­nen Ge­heim­nis­se.

Gabriele Reuter – Gesammelte Werke

Подняться наверх