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Turbo-Dodo

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Sonntag, 5. Februar

"Weißt Du was, Isa?", und Leos Augen strahlen, "wir sollten gleich heute Morgen am Strand entlang zu Flor und Coco laufen, ins Goldenstar-Grandhotel. Traumwetter!"

Und zum ersten Mal in diesem Urlaub spüren meine Füße den feinen Sand am weißen, endlos langen Strand. Werden von zarten Wellenausläufern umspült. Weichen hüpfenden Kindern und angeschwemmten Seetang aus, berühren die sanft massierende Freiheit. Die Sonne wärmt den Rücken und im Meer spiegeln sich die weißen Wolken.

Leo nimmt meine Hand. Ewig könnten wir so weiterlaufen am Meer.

Dodo im Superwinzig-Bikini, ewig neununddreißig und tadellos schlank, springt blitzschnell aus ihrer Liege, als sie uns noch gut zwanzig Meter von ihr entfernt am Paradiso-Strand im Tross hinter einer Meute wohlgenährter amerikanischer Bermudashorts erblickt. Klatscht in die Hände, als wir zu Ihrem Stammplatz durch den Sand stapfen und reißt sofort wie ein Pantomime vielsagend die Augen auf und winkt dabei energisch ab.

"Vorgestern sind wir angekommen, wa. Und sind schon in ein anderes Zimmer umgezogen. Bloß nicht in eine Suite. Und nur, weil der Herr Schmitt-Dudenhofen dieses Mal eine Woche später kommt."

"Versteh ich jetzt nicht."

"Der hat uns doch letztes Jahr heilig versprochen, bei Ramon ein Wort für uns einzulegen, wenn er wieder für acht Wochen kommt. Was wir nicht wussten, wa, dass er dieses Jahr erst NACH uns kommt. Und nichts war geregelt."

"Stell Dir vor...!",

sie zieht ihre einwandfrei schon nach zwei Strandtagen turbogebräunten Schultern hoch und holt einen großen Vorrat Atemluft in ihre Lungen.

"Stell Dir vor, wir kommen ins Fernsehen! Das RTL-Fernsehteam begleitet ein junges Paar, das in der Dominikanischen Republik ein Gästehaus eröffnen will. Und die Beiden mussten heute die Szene inszenieren, dass sie enttäuscht und ratlos am Strand sitzen. X-mal fiel die Klappe. Weil die Beiden eigentlich sehr gut drauf waren und kein bisschen zerknittert und enttäuscht aussahen."

Macht eine winzige Pause für ein kurzes Einatmen:

"Und die Verzagt-Aussehen-Szene? Na? .....Mit mir und Basti als Normaltouris im Hintergrund!!"

Sebastian, ihr blonder Lebensgefährte, der schon nach den ersten Stunden unter der Karibik-Sonne ein Dutzend Herpesbläschen an Ober- und Unterlippe hat und seine knallrote Sonnenbrandnase und orangefarbenen Fleckeninseln am Oberkörper mit einem Heer gefüllter Cocktailgläser auf seinem Beistelltisch niederkämpft. Und immer, so wie jetzt, zuvorkommend aus seiner Liege hochschnellt, die Hand ausstreckt und uns mit ergebener Verbeugung begrüßt:

"Hallo Ithabella, wie lange theid Ihr diethmal da? Wir thind wieder kurtthe viertthehn Tage hier."

"Jaaaa. Er kann doch nicht so lange weg von Berlin!",

lächelt Dodo und lässt ihren nagelneuen Brilli-Einsatz in den blendend weißen Zähnen aufblitzen.

"Ich möchte für diese kurze Zeit auch mal gern eine Suite haben wie ihr alle hier! Der Herr zahlt ja!!!", und deutet auf Thebathtian.

Ich schaue ihn etwas fragend an und kann wieder nicht anders als zu spekulieren, was er, dessen Zunge unbedingt seine Vorderzähne besuchen will, sobald ein S oder Z drankommt, anstatt schön dahinter zu bleiben, beruflich so macht in Berlin.

Das sympathische Lispeln wäre zum Beispiel nicht sehr vorteilhaft, wenn er Gerichtth-vollthieher, Bethtatter oder Nahotht-Fernthehjournalitht wäre. Pathth- oder Thollbeamter ginge gerade noch, weil sich eine spontane Heiterkeitsreaktion von vornherein verbieten würde. Quälerei, das steht für mich fest, wären Berufe mit Schwerpunkt Mund, Thunge und Thähne.

"Mein Sebastian", fährt Dodo fort, schließt den Mund, zieht durch die Nase eine Riesenportion Luft ein, bis sich der Brustkorb hebt und setzt eine kurze dramaturgische Pause:

"Mein Basti, mein Basti ist ja ZAHNARTZT. Und seine Angestellten an der Rezeption und im Labor und erst seine drei Dentisten die werden staunen, wenn die uns im Fernsehen sehen! Die wissen doch jedes Mal gar nicht, wohin er in den Urlaub fährt!"

"THAHNARTTHT!!! Sage jetzt nicht, das habe ich immer schon vermutet, das wäre nicht ehrlich, Isa!" Leo schaut mich jedenfalls von der Seite so an, als ob er mir das sagen wollte.

"Aber das Beste war ja gestern!"

Dodo zieht die Schultern begeistert hoch und holt Luft:

"Hat doch ein kleines Ami-Kind sein dringendes großes Geschäft ungeniert direkt an der Palme dort erledigt. Hose runter und die Pracht in den Sand gelegt. Der Papa hat das Werk dann schnell mit Sandkastenschippchen tiefer vergraben und ordentlich das Eimerchen noch darübergestülpt. Kein Geruch, keine Fliege, nichts. Und heute, stell Dir vor....",

wieder werden die Arme eng angelegt und zur Schulter hochgezogen,

"sucht sich doch ein junger, na wer schon??"

Sie überprüft nochmal blitzschnell die Nationalitäten der Sonnenanbeter in Hörweite,

"sucht sich ein junger AMERIKANER genau diesen kleinen Sandhügel, jetzt ohne den Blecheimer. Für ein Handy-Foto. Geile Tatoos auf der Brust, Florida-Shorts, Pilotensonnenbrille, eine Hand an der Palme, die andere lässig an die Hüfte gestützt:

So much Drinks and Fun auf unserer Reise...

...und ich steh grad auf alter Kinderscheiße!"

Der Brilli blinkt und Thebathtian greift sich von seinem kleinen Strandtisch mit mindestens acht gefüllten Cocktailgläsern einen Drink und reißt ihn in die Höhe:

"Protht!!", und dreht sich zu Dodo um:

"Wegen untherem Pool drinnen, dathth hätte ich jetzt fatht vergeththen: Ich muthth ja noch dringend Greenpeathe verthtändigen."

"Greenpeace?" Leo schaut Basti verständnislos an.

Der knickt seine Ellbogen seitlich weit ab und fährt seine Hände mit ausgestreckten Armen in einem Bogen weit vor sich zusammen:

"Wegen der gethtrandeten Robben am Beckenrand! Die müthten wieder eingefangen werden!!"

Ich krümme mich nach vorn und mache Dodos Abwinkbewegung. Leo mit zuckendem Bauchnabel legt den Arm um meine Schultern, dass wir ja eigentlich schon lange weiter müssten.

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