Читать книгу Etwas Seltenes überhaupt - Gabriele Tergit - Страница 7
ОглавлениеVorwort 2 [1972]
Ich werde nicht reingelassen«, sagte der Herr.
»Ich auch nicht«, sagte ich.
»Sie kommen aus dem Ausland. Sie wissen nicht, was sich hier abspielt. Alles manipuliert.«
»Warum soll denn das manipuliert sein? Es ist überfüllt.«
»Nein, nein. So einfach ist das nicht. Wir haben hier dreizehn Millionen Judenstämmlinge, die haben alles in der Hand.«
»Dreizehn?« sagte ich, »ich dachte, es sind elf.«
Er nahm mich natürlich ernst. »Nein, nein«, sagte er, »dreizehn.« »Und ich werde Ihnen noch einen Beweis geben. In der ganzen Welt ist Arbeitslosigkeit. Bloß bei uns nicht. Und warum? Weil die Judenstämmlinge Gastarbeiter hereinbringen wollten, Marokkaner, Türken, alles, um unsre Rasse zu verderben.«
»Was fürne Rasse?«
»Unsere arische Rasse.«
»Was, Sie sind arische Rasse mit kohlschwarzem Haar und kohlschwarzen Augen?«
»Ich bin reinblütiger Germane.«
»Da haben Sie aber noch nie reinblütige Germanen gesehen. Brauchen Sie bloß nach Dänemark oder Schweden zu fahren. Das sind Leute mit blauen Augen und blonden Haaren.«
Der Herr sehr ernst: »Ich weiß, daß ich ein reinblütiger Germane bin.«
»Ach, da haben wohl Ihre Eltern die Ahnenprobe ablegen müssen?« Der Herr nickte weiter sehr ernst mit dem Kopf.
Na ja, denke ich, davon wirds ja doch wohl noch ein paar hundert geben, womöglich ein paar tausend. Die Nazipartei hat mit sieben angefangen.