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Eroberer aus Westeuropa – die Normannen in Italien und Sizilien
ОглавлениеÄhnlich plötzlich, wie einige Jahrhunderte zuvor die Araber, trat am Vorabend der Kreuzzüge eine neue Seemacht in den Blickpunkt der Geschichte – die Normannen in Süditalien. Auf der Rückkehr von einer Pilgerreise ins Heilige Land landete eine Gruppe von 40 Edelleuten in Amalfi und Salerno, die Ritter traten in die Dienste der verfeindeten Herzöge Süditaliens, kämpften tapfer für und gegen Benevent, Salerno, Neapel und Capua und fochten gegen Sarazenen und Byzantiner.80 Zu dieser Zeit stritten normannische Ritter bei der Eroberung Englands, bei den Ansiedlern in Spanien, in den Truppen der Reconquista und – später – bei den Kreuzzügen. Einer der Anführer in Süditalien, Rainulf, wurde 1038 als Dank von Kaiser Konrad II. mit der reichen Grafschaft Aversa belehnt, die normannischen Ritter erhielten sehr rasch Zuzug als sich die Kunde in der Heimat verbreitete, dass man mit Mut und ein paar guten Schwertstreichen zu Land kommen konnte.
Bald war ihre Zahl weiter angewachsen, sie kämpften jetzt auf eigene Rechnung und eroberten unter dem charismatischen Robert Guiscard den Großteil von Apulien, das ihnen der Papst 1059 zusammen mit Kalabrien und Sizilien als Herzogtum zum Lehen gab. Seinen jüngeren Bruder Roger beauftragte er, Sizilien von den Sarazenen zu erobern, er selbst eroberte Bari von den Byzantinern. Nun aber setzte maritimes Großmachtstreben ein: Robert Guiscard stellte in Bari in aller Eile eine Flotte zusammen und schlug 1071 ein byzantinisches Versorgungsgeschwader, wobei acht Schiffe erobert wurden. Im gleichen Jahr wurde von normannischen Schiffen Catania auf Sizilien besetzt und mit der Seeblockade von Palermo begonnen, ein Entsatzgeschwader aus Nordafrika wurde vor der Stadt geschlagen und diese 1072 endgültig erobert. Die normannische Flotte bestand nun aus zwei Teilen: dem unteritalienischen und dem sizilianischen Geschwader, die weitgehend unabhängig voneinander operierten.81
Roger, der Bruder Roberts, eroberte Malta und führte Seeoperationen in Nordafrika durch, so dass der Durchgang zwischen westlichem und östlichem Mittelmeer für die muslimischen Flotten in hohem Grad behindert wurde. In den Jahren 1061 bis 1091 erfolgte die endgültige Eroberung von Sizilien von den Sarazenen, dazwischen lag noch der Versuch Robert Guiscards, Byzanz anzugreifen und sich zum mächtigsten Herrscher Europas zu machen. Er landete ein Heer mit 17 000 Mann und 2000 Pferden in Illyrien, eroberte Korfu, schlug die Streitkräfte des byzantinischen Kaisers Alexios I. und marschierte durch Epirus und Thessalien bis nach Saloniki.
Byzanz, dessen Flotte zu dieser Zeit nicht mehr aus eigener Kraft die notwendige Gegenwehr aufbringen konnte, rief Venedig zu Hilfe, das sich ohnehin gegen eine Kontrolle der Adria durch die Normannen stemmen musste. In der Seeschlacht von Durazzo 1081 besiegten 60 venezianische Schiffe die normannische Flotte und eroberten Korfu zurück, gleichzeitig wurde das Heer in Griechenland von Kaiser Alexios aufgerieben. Die Normannen waren zähe Kämpfer – erneut wurde eine Flotte aufgestellt und nach einigen Rückschlägen die venezianische Flotte bei Korfu besiegt, nach erneuter Besetzung von Korfu starb im Jahr 1085 Robert Guiscard bei der Eroberung der ionischen Insel Kephalonia an einer Infektion oder an Gift im Alter von 70 Jahren – die Auseinandersetzungen mit Ostrom fanden ein vorläufiges Ende. Gewinner dieser Kämpfe waren die Venezianer: Sie blieben die Herren der Adria und erhielten für ihre Flottenhilfe von Byzanz einzigartige Handelsprivilegien, Byzanz verlor endgültig die Vorherrschaft zur See im östlichen Mittelmeer. Die Normannen aber wurden in der weiteren Entwicklung, die unten für das 11. bis 13. Jahrhundert dargestellt wird, die erste Landmacht Italiens und eine führende Seemacht im Mittelmeer.