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Prolog: Die Kreuzzüge – eine Seefahrtsgeschichte?

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Pilgerfahrten in größerem Umfang zu den heiligen Stätten im Vorderen Orient hatten bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. begonnen, als Kaiser Konstantin, neben Rom und Byzanz, Jerusalem zum dritten Mittelpunkt der Christenheit erklärte. Im 8. Jahrhundert bestanden Kontakte zwischen Harun al-Rashid (786–809) und Karl dem Großen, ersterer gestattete ihm angeblich, den christlichen Pilgern auf dem Weg nach Jerusalem bewaffneten Geleitschutz zu stellen. Das 11. Jahrhundert war in weiten Teilen der europäischen Bevölkerung geprägt von starker Religiosität und Angst vor dem drohenden Ende der Welt. Wallfahrten und Pilgerzüge zum Heiligen Grab, als Möglichkeit der Buße und für den Sündenablass erlebten einen großen Aufschwung, wobei selbstverständlich auch die starke Motivation mitspielte, die heiligsten Stätten den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Als im Jahre 1009 unter der Regierung des fatimidischen Kalifen al-Hakim (966–1021) die Zerstörung des Heiligen Grabes in Jerusalem und zahlreicher christlicher Kirchen bekannt wurde, steigerte sich die religiöse Empörung bei den christlichen Völkern des Abendlandes. Allerdings erwies sich eine Enzyklika Papsts Sergius IV. aus dem Jahre 1009, in der der Papst zu einem Vergeltungsfeldzug für die Zerstörung des Grabes Christi aufgerufen haben soll, als eine Fälschung.1 Als auf der Synode von Piacenza (1095) vor Papst Urban II. eine byzantinische Delegation des Kaisers Alexios Komnenos erschien und um Unterstützung des Papstes und damit auch der christlichen Ritterschaft im Kampf gegen die Muslime bat, kam dies sowohl der Stimmung als auch den Intentionen des Heiligen Stuhls durchaus gelegen. Indessen dürfte sich der oströmische Kaiser zu diesem Zeitpunkt keinesfalls bewusst gewesen sein, welche Lawine er damit losgetreten hatte.2 So jedoch war der Boden geebnet, als Papst Urban II. 1095 auf dem Konzil von Clermont zum ersten Kreuzzug aufrief, der mit der Eroberung Jerusalems und der Gründung christlicher Kreuzfahrerstaaten in Palästina 1099 endete.

In einem Zeitraum von knapp 200 Jahren versuchten die christlichen Heere Westeuropas, immer wieder animiert von der römischen Kirche, den Nahen Osten zu erobern und in das christliche Herrschaftsgebiet einzugliedern. Die Interessen an diesen kolonisatorischen Bemühungen konnten nicht unterschiedlicher sein: Neben ernst gemeintem religiös-missionarischem Sendungsbewusstsein trafen die Partikularinteressen der europäischen Mächte ebenso hart aufeinander wie die kaufmännischen Vormachtskämpfe der italienischen Seerepubliken oder die Überlebensstrategien des sterbenden Byzantinischen Reichs.3 Die überlegene islamische Kultur traf auf fränkische Eroberungssucht, Grausamkeiten bis hin zum Kannibalismus hatten beide Seiten in hinlänglicher Weise aufzuweisen – aus dieser Sicht waren die Ereignisse keineswegs geeignet, in historische Schwärmerei zu verfallen. Allerdings waren diese 200 Jahre prägend für das heutige Europa, mehr als die Renaissance, die im allgemeinen als die Quelle der folgenden historischen Dominanz Europas in der Neuzeit angesehen wird – die Verschmelzung von Schwert und Kreuz wurde das fundamentale Muster für die europäische Staatenbildung.

Die vorangegangenen erbittert geführten Seekriege zwischen Sarazenen, Byzantinern, den nordafrikanischen und spanischen Kalifaten hatten zur Erschöpfung und dem Beginn eines Niedergangs der alten seebeherrschen Mächte Ostroms und Ifriqiyas geführt. Der Aufstieg der neuen Seemächte war verbunden mit der Rückeroberung wichtiger Positionen im Mittelmeer. Die Rückgewinnung Kretas durch Ostrom, die Siege in Dalmatien und vor Benevent durch die Venezianer, Pisas Triumph vor Reggio und die normannische Befreiung von Sizilien und Malta, beförderten ein neues Kräfteverhältnis auf dem Mittelmeer. Der Seeweg für die Kreuzzüge in das Heilige Land war freigekämpft!4

In den ersten beiden Kreuzzügen wurde durch den Großteil der Heeresgruppen der Landweg bevorzugt, ausgangs des 12. Jahrhunderts wählten die Kreuzritterheere mehr und mehr die Schifffahrt zur Passage in den Vorderen Orient.

„Wenn auch die ersten Wellen der Kreuzfahrer über Land marschierten, so wurde die Geschichte der insgesamt sieben Kreuzzüge doch auch zu einer Geschichte der Mittelmeerschifffahrt.“5

Gestärkt durch die wachsenden Handelsbeziehungen, die Fehden untereinander, sowohl mit Byzanz als auch den zahlreichen Piratenflotten, waren die Schiffsbestände der italienischen Städte, Siziliens und der französischen Mittelmeerstädte soweit aufgerüstet, um die vielfältigen und teilweise gigantischen Transportaufgaben zu erfüllen.6 Da zunehmend auch Ägypten als Expansionsziel ins Blickfeld rückte, gab es ohnehin nur den Weg über das Wasser.7 Allerdings wurden die Expeditionen dadurch nicht ungefährlicher – obwohl vorwiegend in Küstennähe operierend, gab es Verluste durch widrige Wetterbedingungen und vor allem durch Piraten, denen die Ritter auf See unterlegen waren.

Ritter auf dem Meer

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