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Quintessenz in einem Satz

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Was ist das Leben? – Eine schöne Frage! Jeder darf sie stellen. Jeder darf sich dazu äußern. Die Antworten sind so bunt wie die Menschen selbst. Einer hat vor langer Zeit seine Meinung knapp zusammengefasst; was er sagt, klingt ernüchternd. Die vielen Bibelausgaben übersetzen seine Worte unterschiedlich, aber die Tonlage bleibt gleich. Also, was ist das Leben?

Vergeblich und vergänglich! (Gute Nachricht)

Windhauch, Windhauch. (Einheitsübersetzung)

Es ist alles ganz eitel. (Luther)

Nichtigkeit der Nichtigkeiten! (Elberfelder)

Dunst der Dünste. (Buber/Rosenzweig)

Eh alles egal! Unwichtig! Alles für den Arsch! Das bringt es nicht, geht sowieso alles den Bach runter! (Volxbibel)

Was für ein Auftakt! Das entscheidende hebräische Wort lautet „häwäl“, es kann „flüchtig“, „sinnlos“, „absurd“ bedeuten und meint auch „Hauch“, „Dunst“ oder „nichts“. So beginnt sein Buch! „Neues Leben. Die Bibel“ (aus der im Folgenden zitiert wird) formuliert fast zu brav: „Es ist alles sinnlos und bedeutungslos.“

Ist das Nihilismus? Also die – wie der Duden sagt – „philosophische Anschauung von der Nichtigkeit, Sinnlosigkeit alles Bestehenden, des Seienden“? Eine „weltanschauliche Haltung, die alle positiven Zielsetzungen, Ideale, Werte ablehnt“? Geht es um die „völlige Verneinung aller Normen und Werte“? Aber nein, die Überlegungen des Autors finden wir ja mitten in der Heiligen Schrift.

Er denkt über die Welt nach – als glaubender Mensch! Das Wort ‚Gott‘ taucht zwar erst in Vers 13 auf, aber Gott ist die Grundlage seiner Existenz. Sein kritisches, ja vernichtendes Urteil führt ihn nicht zum Atheismus, im Gegenteil. Es bindet ihn noch mehr und existentieller an Gott.

Die Welt allerdings, in der er lebt und glaubt, die ist absurd! Da macht er sich nichts vor. Er ist ein großer Realist, hat den Mut, den Tatsachen ins Auge zu schauen.

„Es ist alles sinnlos und bedeutungslos“, sagt der Lehrer, „unnütz und bedeutungslos – ja, es ist alles völlig sinnlos.“ Was hat ein Mensch davon, wenn er sich sein Leben lang müht und plagt? Generationen kommen und gehen, doch die Erde ändert sich durch die Zeiten nicht. Die Sonne geht auf und geht unter und zieht ihre Bahn am Himmel, nur um an der gleichen Stelle wieder aufzugehen. Der Wind weht nach Süden, dann dreht er ab nach Norden, er weht hierhin und dorthin, er dreht sich und schlägt um und gelangt doch nirgendwo hin. Die Flüsse fließen ins Meer, trotzdem wird das Meer nicht voller. Das Wasser kehrt immer wieder zu den Quellen der Flüsse zurück, um dort neu zu entspringen. Alles Reden ist mühselig. Nichts kann der Mensch vollständig in Worte fassen. Das Auge kann sich niemals satt sehen und das Ohr kann nie genug hören. (Prediger 1,2–8)

Hier analysiert jemand trocken seine Existenz. Ohne die Realität an großen Idealen glattzuschleifen. Er schwärmt nicht von der phantastischen Schöpfung, wie wunderbar und herrlich alles sei. Er fragt provozierend: Wofür das alles?

Wie gut, dass sein Buch in der Bibel zu finden ist. Manchem Gläubigen wird der bittere Tonfall unangenehm aufstoßen. Dieses Werk verhindert die bigotte Überheblichkeit, dass es für jene, die an Gott glauben, keine Schwierigkeiten mehr gäbe. Hier wird der Gegenbeweis angetreten. Vielleicht wirkt sogar auch alles nur noch schlimmer, weil die Wirklichkeit so schwer mit dem Vertrauen auf den guten Gott vereinbar ist.

Im Jahr 1652 reimte Michael Franck 13 Strophen eines Liedes, von dem acht im evangelischen Gesangbuch zu finden sind: „Ach wie flüchtig, / Ach wie nichtig / Ist der Menschen Leben! / Wie ein NEBEL bald / entstehet / Und auch wieder bald vergehet, / So ist unser LEBEN, sehet!“ Der „liebe Gott“ kommt nicht drin vor. Die Nichtigkeit allen Strebens wird ausführlich beschrieben. „Leben“ wird rückwärts gelesen zu „Nebel“, zu Dunst. Die Anlehnung des Liederdichters an unseren Denker aus der Hebräischen Bibel, dem Alten Testament, ist offensichtlich.

„Es ist alles sinnlos und bedeutungslos.“ Ein hartes Wort. Aber das darf man so sehen, das darf man so sagen. Gut biblisch, gut christlich. Wie beruhigend, dass einer ausspricht, was ich kaum zu denken wage. Ich fühle wie er, halte es aber kaum aus. Deswegen möchte ich mich mit seiner Ansicht auseinandersetzen.

Ich danke ihm – und ich danke Gott, dass er uns diesen Autor geschenkt hat: Kohelet, den Prediger.

Windhauch und Wein

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