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3. Trendsäulen der Digitalisierung 3.1 Big Data
ОглавлениеBig Data dient dazu, „die richtigen Informationen dem richtigen Adressaten zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort und in der erforderlichen Qualität bereitzustellen“ (Schermann et al. 2014, S. 281).
Der Trend wird auch als eine „Veränderung der Datencharakteristika hinsichtlich Volumen und Struktur“ (Hansmann et al. 2013, S. 485) beschrieben, weil eine Vielzahl unstrukturierter Daten über verschiedene Quellen wie GPS oder Social Media erfasst werden können. Ausgelöst von 2,9 Milliarden Menschen, die im „weltumspannenden Kommunikationsnetz“ (Klein et al. 2013, S. 319) Internetdienste und Anwendungen nutzen, greifen 75% der User über ihre mobilen Endgeräte zu (Statista.de 2014).
Um Big Data eindeutig zu identifizieren, stellt man die Frage nach den vier Vs:
Volume (Datenvolumen), Velocity (Datengeschwindigkeit), Variety (Datenvielfalt) und Veracity (Datenglaubwürdigkeit), die nach „multidisziplinären und evolutorischen Verbindungen“ (Buhl et al. 2013, S. 67) neuer Technologien und Methoden verlangen, um Daten optimal nutzen zu können. Hier spricht man bereits von einem fünften V, dem Value, das den neuen Mehrwert aus der Kombination der vier Vs definiert (vgl. Rossa/Holland 2014, S. 255). Durch traditionelle Datenanalyseverfahren hingegen sind die Art und Anzahl von Daten im Big Data nicht mehr handhabbar und bleiben in unverarbeiteter Form nutzlos (vgl. Klein et al. 2013, S. 319).
In der Praxis kann Big Data zur Etablierung von Wettbewerbsvorteilen genutzt werden (vgl. Schermann et al. 2014, S. 284), für die Planung, Steuerung und Kontrolle eines Unternehmens, die Optimierung der Prozesse und die Erstellung eines umfassenden Kundenprofils zur besseren Individualisierung von Preisen oder Produktangeboten (vgl. Buhl et al. 2013, S. 63). „Dadurch bestehen überdurchschnittliche Wachstumschancen“ (Buhl et al. 2013, S. 63).
Wege für ein besseres Datenmanagement werden durch fortschrittliche Technologien bereitet. Hierzu zählen zum einen Quantum-Computing, das die Grenzen der Informatik durch den Einbezug von Quantenmechanik überwindet, um komplexere Datenstrukturen verarbeiten zu können. Zum anderen In-Memory-Datenbanksysteme, die eine derart komplexe Verarbeitung auf einem lokalen Rechner vornehmen können sowie Speicherarchitekturen im Cloud-Bereich. Daten können dadurch effizient gespeichert, verteilt und bereitgestellt werden (vgl. Klein et al. 2013, S. 322).
Doch wie sollen Datenmassen greifbar werden, wenn sie über das menschliche Verständnis hinausgehen? Die Selektion der richtigen Daten und deren Analyse erfordern neue Denkmuster (vgl. Klein et al. 2013, S. 322). Eine weitere Herausforderung stellt die Erwartung an die Datenqualität dar. Zeitkonsistente Daten, die über verschiedene Kanäle gesammelt werden, werden ebenso verlangt wie inhalts- und bedeutungskonsistente Daten, die eine eindeutige Identifizierung erlauben. Anschließend sollen diese Informationen dann verständlich und verlässlich sein (vgl. Buhl et al. 2013, S. 65).
Der letzte Aspekt betrachtet somit die Datenvielfalt und -glaubwürdigkeit, der untrennbar mit dem Datenschutz in Verbindung steht.
Eine wichtige Frage hierzu lautet: Wie gehen die Unternehmen mit Big Data um, um trotz der immensen Datensammlung und -auswertung den unbeliebten gläsernen Menschen zu verhindern (vgl. Zwick 2013, S. 47)? Da personenbezogene oder personenbeziehbare Daten hierzulande derzeit durch das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geschützt sind, gilt das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dieser Daten werden also nur durch die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person ermöglicht (vgl. Rossa/Holland 2014, S. 287).
Allerdings sind laut Datenschützern die gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Privatheit länderspezifisch uneinheitlich und den aktuellen Anforderungen nicht angepasst (vgl. Seemann 2014, S. 118). Deshalb können Unternehmen mittels der De-Kontextualisierung persönliche Daten verwenden, ohne dass die Dateneigner zugestimmt haben, indem sie diese anonymisieren und eine bestimmte Person nicht mehr zu identifizieren ist. Dadurch ist es Datensammlern auch erlaubt, die Daten länger aufzubewahren. Über eine Re-Identifikation, bei der mittels Analysetechniken Datensätze wieder einzelnen Personen zuzuordnen sind, werden die Nutzer nicht informiert (vgl. acatech 2013). Aus diesem Grund fordern Datenschützer eine einheitliche Definition in der EU-Datenschutzverordnung.
Laut Tams (2014, S. 337) planen bisher nur 23% der Unternehmen in Deutschland eine Big-Data-Strategie und nur 14% besitzen bereits eine. Sollten sich die Datenschützer allerdings durchsetzen, würde dies das Ende von Big Data bedeuten (vgl. Seemann 2014, S. 118).
Big Data wird als disruptive Technologie die Unternehmenskultur verändern, nachdem die Unternehmen eine kundenorientierte Datennutzung etabliert haben.
Thesen als Basis für den Leitfaden:
· Unternehmen verwenden Big Data, um sich Vorteile wie die Personalisierbarkeit der Kundenkommunikation zu erschließen.
· Sie nutzen Big Data im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, da sie rechtliche Konsequenzen durch eine unangemessene kundenorientierte Datenverarbeitung fürchten.
· Eine Investition in herausragende Big-Data-Technologien lohnt sich aufgrund der hohen Kosten derzeitig nur für große Unternehmen.