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2.4 Anlässe für Projektdiagnosen und Reviews

2.4.1 Anlässe für Reviews

Um die Anlässe für eine Projektdiagnose besser einordnen zu können, erscheint mir ein kurzer Ausflug zu den Anlässen von Projektreviews hilfreich. Projektreviews werden aus verschiedenen Anlässen durchgeführt, wobei es regelmäßig stattfindende und außerplanmäßige Reviews gibt.

Im klassischen Projektmanagement, oft wird der Begriff Wasserfall-Modell benutzt, werden Reviews in Unternehmen häufig zu fest vereinbarten Terminen geplant, die man auch als Meilenstein-Reviews bezeichnet. Teilweise werden diese Bestandsaufnahmen auch Audit genannt. Neben diesen regelmäßigen Reviews als fester Prozessschritt in einem Projektmanagement-System im Unternehmen, können Reviews auch zu besonderen Anlässen durchgeführt werden, wenn es die kritische Situation des Projektes erfordert. In solchen Reviews wird der Stand des Projektes, der Grad der Zielerreichung, technische Probleme, das Budget, die Verfügbarkeit von Projektmitarbeitern, unklare Zuständigkeiten im Projekt bzw. in der Organisation, Risiken oder die Auswirkungen von moving targets auf das Projekt untersucht. Daneben kann auch der Informationsfluss, der Umgang mit Prioritätenkonflikten oder die Zusammenarbeit im Team ermittelt werden, der Einfluss von Soft Facts ist also nicht ausgeschlossen. Normalerweise liegt der Schwerpunkt in Reviews auf den Hard Facts, der Fokus auf inhaltlichen Themen. Selbstverständlich werden auch in der Projektdiagnose all die oben genannten Diagnosefelder ermittelt, analysiert und bewertet, der entscheidende Unterschied liegt wie bereits beschrieben im Umfang und in der Tiefe der Analyse. Je stärker im Review Fragen und Methoden der Projektdiagnose integriert werden, desto mehr werden die Grenzen zwischen Review und Diagnose verschwimmen. Reviewer:innen sind gut beraten, sich das Repertoire der Projektdiagnose anzueignen.

2.4.2 Anlässe für Projektdiagnose

Es gibt verschiedene Anlässe für ProjektdiagnosenAnlässe für ProjektdiagnosenProjektdiagnoseAnlässe, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt werden können.

1 Am häufigsten werden Diagnosen durchgeführt, wenn Fehlentwicklungen, nicht selten verbunden mit Orientierungslosigkeit, Schuldzuweisungen oder Konflikten auftreten und anzunehmen ist, dass die Gründe nicht rein technischer, fachlicher Natur sind, sondern durch schlechtes Projektmanagement, unklare Rollen oder mangelnde Zusammenarbeit im Projekt verursacht werden. Teilweise sind die Probleme seit längerer Zeit bekannt, doch die bisherigen Lösungsversuche blieben erfolglos oder es wurde nur halbherzig etwas unternommen.

2 Eine Projektdiagnose wird für besonders wichtige oder kritische Projekte geplant. Dabei kann es sich um Projekte von großer strategischer Bedeutung, wichtige Kundenprojekte oder um ein Nachfolgeprojekt eines gescheiterten Projektes handeln.

3 Probleme in der Projektarbeit bahnen sich am Horizont an und Fehlentwicklungen sollen verhindern werden. Häufiger basiert die Entscheidung auf Gesprächen zwischen der Projektleitung und dem Projektsponsor, wobei die Initiative für die Diagnose nach meiner Erfahrung häufiger von der Projektleitung oder vom Projektteam ausgeht, vor allem dann, wenn der Leidensdruck dort besonders groß ist.

4 Sehr selten wird eine Diagnose initiiert, um ganz gezielt die besonderen Merkmale eines erfolgreich laufenden Projektes zu ermitteln. Der Auftraggeber oder die Auftraggeberin wollen die Stärken dieser Projektarbeit im Unternehmen vermitteln, um Akzeptanz für das Projekt oder für das Projektmanagement-System im Allgemeinen zu steigern.

5 Durch eine systematische Analyse zum Projektabschluss (Lessons Learned) sollen Erkenntnisse aus dem Projektverlauf für zukünftige Projekte gewonnen werden. Dafür werden unterschiedliche Begriffe in der Praxis verwendet: Lessons Learned, Post Projekt Review, selten Post Mortem Analyse. Bezüglich Projektdiagnose erscheint mir der Begriff Lessons Learned am besten geeignet, denn Bruchstellen können Fundstellen sein. Viele Fragen der Projektdiagnose können auch für Lessons Learned Aktionen genutzt werden.

6 Eine besondere Form der Projektanalyse stellt das Projekt Preview als proaktive Maßnahme dar. Hier kann nicht von Projektdiagnose gesprochen werden, doch eine Reihe von Diagnosefragen können schon zu diesem Zeitpunkt gestellt werden. Bereits in einer frühen Phase des Projekts soll analysiert werden, ob das Projekt auf einer soliden inhaltlichen und organisatorischen Basis steht, wobei sich organisatorisch auf das Projektmanagement mit Strukturen und Verhalten bezieht. Für die inhaltliche Analyse oder eine präventive Risikoanalyse ist Fachwissen zwingend erforderlich. Hier dürften die Diagnostiker:innen in aller Regel überfordert sein. Erstaunlicherweise wird der Nutzen eines fundierten Projekt Previews zu wenig gesehen oder unterschätzt. Ich bin davon überzeugt, dass manche Projektdiagnose überflüssig wäre, wenn man mehr in die Prävention investieren würde.

Abb. 1:

Anlässe für Diagnosen und Reviews

2.4.3 Wann sollte eine Diagnose nicht durchgeführt bzw. vorzeitig beendet werden?

Eine Projektdiagnose sollte nicht durchgeführt bzw. vorzeitig beendet werden, wenn folgende Situationen auftreten:

 ZeitmangelNotwendige Interviews können nicht durchgeführt werden, weil die Beteiligten zu wenig Zeit haben oder sich die Zeit einfach nicht nehmen. Das ist nicht immer einfach zu unterscheiden. Die Diagnostiker:innen müssen dieses Thema mit dem Auftraggeber bzw. der Auftraggeberin der Diagnose besprechen, denn sie haben die Verantwortung, die Situation zu ändern.

 Es gibt keinen AuftraggeberAuch nach intensivem Bemühen lässt sich nicht klären, wer eigentlich Auftraggeber der Projektdiagnose ist. Wie bei Projekten, so gilt auch hier: Keine Diagnose ohne eine klare Auftraggeber:in. Wenn der Auftraggeber des Projektes eine neue Aufgabe übernommen hat, muss geprüft werden, ob die nachfolgende Person weiterhin an der Diagnose interessiert ist. Besteht kein Interesse, so ist ein Abbruch empfehlenswert.

 Mangelndes Interesse, fehlender LeidensdruckDie Aussage, es gibt keine Diagnose, ohne die Absicht die erkannten Schwachstellen zu beseitigen, erscheint mir so generell formuliert, nicht haltbar, denn sie entspricht nicht immer der Realität. Diagnostiker:innen sollten nicht davon ausgehen, dass die Beauftragung einer Diagnose automatisch mit dem notwendigen Interesse an den Ergebnissen bzw. den sich daraus ergebenden Maßnahmen verbunden ist. Leidensdruck bei den Entscheider:innen ist insofern positiv, weil damit die Wahrscheinlichkeit, Veränderungsmaßnahmen durchzuführen, steigt. Auch darf man nicht davon ausgehen, dass der Leidensdruck konstant bleibt; mag sein, dass er in der Anfangsphase der Diagnose hoch war, doch im weiteren Verlauf deutlich gesunken ist. Sprechen Sie solche Veränderungen an. Klären Sie, ob genügend Bereitschaft vorhanden ist, sich mit den Ergebnissen der Diagnose ernsthaft auseinanderzusetzen.

 Das Projekt ist sehr weit fortgeschrittenEine Projektdiagnose ist nicht ratsam, wenn sich ein Projekt trotz großer Probleme und Konflikte in der Endphase befindet und die Beteiligten sich entschieden haben, die Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen. Durch eine Diagnose können mühsam gelöste Probleme oder unterdrückte Konflikte wieder auftauchen und erreichte Kompromisse zwischen Organisationseinheiten und Personen wieder zerbröckeln. In solchen Fällen sollte man sich bis zum Projektende gedulden um anschließend eine fundierte Lessons Learned-Maßnahme durchzuführen.

 Frühzeitiger ErkenntnisfortschrittWenn sich nach einer Reihe von Interviews zeigt, dass immer wieder ähnliche oder gleiche Antworten auf die verschiedenen Fragen gegeben werden, sollte überlegt werden, ob der weitere zeitliche und finanzielle Aufwand gerechtfertigt ist. Es ist nicht vertretbar an einem einmal geplanten Vorgehen festzuhalten, wenn eine weitere Datensammlung für die Diagnose keinen Zusatznutzen bringt.

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