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Die Schlagzeile Stadt an der Ostsee gerät in Wassernot schockierte die Bürger in Rostock. Dort las Lehrer Otten die Lokalseite der OstseeZeitung an diesem Tag zum zweiten Mal. Er ist ein akribischer Zeitungsleser und lässt fast keine Zeile aus. Gerne findet er sich selbst in der Rubrik Leserbriefe wieder. Seine sonst glatte Stirn legte sich in Falten. Er strich mit seiner linken Hand durch seine blonden Haare, die etwas strähnig und dünn seinen Kopf bedeckten. Mehrfach rückte er seine fast randlose Brille mit den flexiblen Bügeln zurecht. Die Schlagzeile ärgerte ihn. Er verfolgte den Artikel Zeile für Zeile mit ausgestrecktem Finger und traute dem Inhalt nicht. Das ist Unfug, grober Unfug. Die Wasserwerke sind doch vor kurzer Zeit saniert worden. Er fand die dortige Meldung abscheulich und ganz und gar nicht in Ordnung.

Einige der übrigen Besucher des Lokals Die Kogge waren ihm bereits bekannt. Es war ein lockerer Stammtisch ohne die Verpflichtung regelmäßiger Anwesenheit. Otten las eine kurze Zeit später den Artikel noch einmal mit dem Finger, weil ihm der Inhalt überhaupt nicht passte. Zornig steckte er die Zeitung in die Innentasche seiner Lederjacke, unter der er ein blau kariertes Hemd trug. Seine Erregung wurde von den Tischnachbarn beobachtet.

„Gibt es was Besonderes?“

Otten nickte. Er hatte instinktiv einen Verdacht und vermutete Manipulation. Er gehörte zu den Menschen, die sehr sensibel auf Veränderungen und auffallende Nachrichten reagieren.

„Ich verstehe nicht, dass angeblich ein Problem mit unserem Wasser bestehen soll. Das muss doch wissenschaftlich fundiert und nachgewiesen werden. Außerdem hat man die Wasserwerke vor gar nicht langer Zeit modernisiert.“

„Machen Sie sich da keine Sorgen. Das ist vielleicht eine voreilige und vorgeschickte Information, damit viele Leute sich aufregen und sich rühren, aufmerksam werden. Das steigert auch die Auflage des Blattes.

Übrigens gibt es morgen eine aktuelle Fernsehsendung zu dem Thema. Es handelt sich um die Sendung GesünderLeben. Die sollten Sie sich anschauen. Das Umweltministerium soll auch vertreten sein. Von dort kommen bestimmt klare Aussagen zum Thema. Unsere Leute hier wissen ja über diese angebliche Problematik bestimmt nicht Bescheid.“

„Das kann man nicht ausschließen.“

„Also werden wir beim nächsten Stammtisch darüber reden.“

„Klar. Das machen wir. Danke für Ihren Hinweis.“

Lehrer Otten zog die Zeitung aus seiner Jackentasche, überflog noch einmal den Artikel, schüttelte den Kopf, faltete die Zeitung wieder zusammen und steckte sie zurück. Er leerte sein Bierglas. Seine Stirn über der kurzen Nase und den blauen Augen mit den schmal getrimmten Augenbrauen zeigte immer noch Sorgenfalten.

„Wer schreibt das überhaupt in der Zeitung?“

„Das ist der Schuch. Von dem habe ich schon Verschiedenes gelesen. Erik Schuch. Ich glaube der hat eine Agentur als freier Journalist.“

Im Geographieunterricht seiner Klass wurde der Saure Regen behandelt. Die Schüler kannten den Begriff. Otten erklärte den Messwert für Säure, den pH-Wert.

„Je niedriger der Wert, desto saurer ist die betroffene Flüssigkeit. Reines Wasser hat einen pH-Wert von 7, Cola von 4, Zitronensaft von 2,3 und saurer Regen von 2 und darunter. Regen ist von Natur aus durch gelöstes Kohlendioxid schwach sauer. Aber durch die Verbrennungsprozesse in Heizungen, Kraftwerken und Motoren gelangen Schwefeloxid und Stickoxide in die Luft, die mit Wasser Säuren bilden und den pH-Wert stark erniedrigen. Gelangt der saure Regen auf die Erde, kommt es zu einer Versauerung und Entkalkung des Bodens. Das wiederum gilt als Ursache für das Waldsterben. Da saurer Regen auch Kalk aus dem Mauerwerk von Häusern lösen kann, ist er auch für Schäden an Bauwerken verantwortlich.“

Die Schüler machten sich Notizen.

Otten schaltete die Sendung GesünderLeben ein. Er war überrascht, dass das Umweltministerium tatsächlich dort vertreten war. Während der Sendung blätterte er in der Tageszeitung.

Es ist ja erstaunlich, welche hohen Wellen die Artikel von Schuch schlagen. Normalerweise dürfte das Fernsehen sich um diese lokale Angelegenheit gar nicht kümmern. Gibt es in der Zeitung neue Kommentare zu dem Thema? Außer ein paar Leserbriefen zu dem Wasserthema konnte er nichts finden. Er las sehr ausführlich. Im Lokalteil der OstseeZeitung fiel ihm eine Mitteilung auf:

Unbekannter Mann in einer Raststätte an der A7 tot aufgefunden. Tathergang und Hintergründe sind unbekannt. Die Polizei ermittelt und vermutet eine Gewalttat. Hinweise bitte an alle Polizeidienststellen.

Er schaute sich parallel zum Studium der Zeitung die Sendung bis zu Ende an. Da wird nicht viel geschehen. Nur Laberei. Wie immer. Ist sicher eine von diesen vielen Talkshows. Es wird keine konkrete Lösung geben. Otten legte die Zeitung zur Seite. Der Lokalteil war noch aufgeschlagen.

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