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ОглавлениеFranҫois schlief unruhig. Bin ich an dem Unfall mit schuldig? Ich habe doch nachdrücklich gesagt, dass Marie nicht fahren sollte, eher Bernd. Sie hatte möglicherweise zu viel getrunken. Vielleicht war sie auch noch aufgeregt wegen des bestandenen Abiturs und weil ihr Vater ihr etwas Besonderes versprochen hatte. Ich hätte mich durchsetzen sollen.
Aber nun ist es passiert. In der Tageszeitung stand es:
Nächtlicher Unfall auf der B 3
Nach einer Party im Hause der Familie Bellecourt ereignete sich in der letzten Nacht südlich von Hannover ein Unfall, an dem zwei Abiturienten in einem Mini beteiligt waren. Die Fahrerin blieb unverletzt. Der Beifahrer erlitt mittelschwere Verletzungen und musste in ein Krankenhaus gebracht werden. Sein Zustand ist noch nicht stabil. Die Unfallsursache ist noch ungeklärt. Ob ein anderes Fahrzeug an dem Unfall beteiligt war, ist noch ungeklärt. Die Polizei ermittelt den Unfallhergang. Etwaige Mitteilungen und Hinweise über Unfallort und Unfallzeit bitte der nächsten Polizeistation melden.
Franҫois beruhigte sich, stand auf und begab sich ins Bad. Im Dialog mit seinem noch unrasierten Gesicht im Spiegel entschied er sich, nicht mehr mit sich zu hadern. Ich werde den Fall verfolgen. Wenn Bernd den Unfall nicht überleben sollte, dann werde ich selbst der Sache nachgehen. Es wird ja bestimmt ein Verfahren geben. Ich werde als Journalist alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Licht in die Angelegenheit zu bringen.
Er überlegte, ob er Marie anrufen sollte. Schließlich waren sie gute Freunde. Ich möchte keine Schuldzuweisungen aussprechen, wenn die Lage nicht geklärt ist. Aber ich habe Zweifel, ob die Sache neutral aufgeklärt werden wird. Maries Vater ist ein bedeutender Jurist aus einer anerkannten Familie. Ihre Kanzlei gibt es seit vielen Jahrzehnten. Wer weiß denn, welchen Einfluss sie auf die Unfalluntersuchungen nehmen können? Da geschieht viel hinter den Kulissen. Franҫois beendete die Rasur und bereitete sich auf das Frühstück vor.
Das fand auf der Terrasse des elterlichen Anwesens statt. Es war angenehm warm hier, südlich von Hannover im Sitz derer von Bellecourt. Der Frühstückstisch war gedeckt, die Karaffe mit frisch gepresstem Orangensaft gefüllt, über der gerade geöffneten Kaffeekanne wehte ein leichter Duftnebel, als sein Vater seine Tasse füllte.
„Hast Du den Lokalteil schon gelesen?“
„Da stand etwas über Deine Party drin. Glückwunsch zu Deinem ersten größeren Artikel, mein Sohn.“
„Danke, aber da stand auch etwas über einen Unfall.“
„Was für ein Unfall?“
„Das waren zwei von unseren Gästen. Die hatten in der Nacht auf dem Nachhauseweg einen Unfall.“
„Das habe ich gar nicht gelesen. War es schlimm?“
„Bernd liegt im Krankenhaus, da muss es schon schlimm gewesen sein.“
„Wer ist die andere Person?“.
„Marie, Marie Naschneiner.“
„Das geschieht dem Alten recht.“
„Das kannst Du doch nicht sagen.“
„Doch, das kann ich. Der Mann ist nicht ganz koscher, der zieht an allen Fäden, wo er nur einen schnappen kann.“
„Übertreibst Du da nicht?“
„Wenn Du wüsstest, was der alles kann und schon gemacht hat. Als höherer Jurist in der Anwaltskammer hat er das Sagen. Seine Kanzlei hat viel Macht, auch in manchen Unternehmen, ohne dass das jedermann weiß. Außerdem hat er im MarketingClub getrickst.“
„Weil Du nicht mehr Vorsitzender bist?“.
„Das auch. Das ist etwas, was ich ihm nicht verzeihen kann.“
„Wo ist Mutter?“
„Sie ist noch oben und telefoniert mit ihrer Mutter.“
„Das kann dauern.“
Der Präsident der Rechtsanwaltskammer in Hannover machte wieder einmal Stichproben. Das zählte zu seinen unberechenbaren Gewohnheiten. Unklar waren nur die Zeiten, zu den diese Stichproben gezogen wurden, nicht aber die Tatsachen als solche.
„Er möchte die letzten fünf Akten über Einbrüche und Unfälle in Hannover und Umgebung ansehen.“
„Das ist eine seiner Marotten. Es ist wieder einmal so weit.“
„Du hast Recht. Aber diese Marotte hat schon öfter geholfen. Er ist ein Fuchs. Ihm sind beim Studium von Gerichtsakten einige Fehler aufgefallen. Das hat zu verschiedenen Ergebnissen geführt. In einem Fall wurde das Verfahren neu aufgerollt, in einem anderen gab es sogar einen Freispruch. Zusätzlich fühlen sich die betroffenen Anwälte unter Kontrolle.“
„Ja, der Alte ist ein Fuchs, ein durchtriebener.“
„Ja, und nun übergibt er bald an seinen Sohn.“
„Der ist nicht besser, der Ferdinand. Steht ja unter dem Druck des Alten.“
„Eher noch schlimmer, die Erbmasse wird sich bemerkbar machen. Die Naschneiners sind ja schon seit Generationen in diesem Geschäft.“
Die beiden Angestellten der Rechtsanwaltskammer suchten im Archiv die geforderten Akten.