Читать книгу Wanda und Wendelin - Gerti Gabelt - Страница 10

SENIOREN FLIRT – SPÄTE WERBUNG

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Umständlich, aber zielsicher, rückt Wendelin seinen Stuhl in die Nähe von Wanda.

„Vielleicht könnte ich Sie in eine junge Frau verzaubern, wie wäre es dann mit Ihrer Antwort?“

„Ich brauche keine Verwandlung, ich bin jung. Hier, ganz tief drinnen“, bei diesen Worten zeigt Wanda auf ihr Herz und lacht.

„Ja, Sie sind wirklich erfrischend jung. Eine zauberhafte Märchenfee, in die man sich verlieben könnte.“ Leise fügte er hinzu: „Das habe ich vielleicht schon getan.“

Wanda sieht ihn schelmisch lachend an. Sie hat etwas von verlieben gehört, aber genau verstanden hatte sie es nicht.

Egal, es geht ihr gut und sie freut sich, dass sie die Menschen hier mit dem Märchen ein wenig hatte entführen können, aus dem Alltag und der Eintönigkeit des Seniorenhauses in eine Zauberwelt, die den Kindern ebenso gehört wie den Erwachsenen. Und ganz sicher auch den älteren Menschen zum Verweilen einlädt.

Die lebhafte Diskussion wird durch das Klingelzeichen, dass das Abendessen ankündigt, beendet. Wanda träg ihr Kissen in ihr Zimmer. Dann räumt sie die Kerzen weg. Gerade will sie den Paravent in ihr Zimmer bringen, da steht Wendelin neben ihr. Galant bittet er, das Wegräumen des Paravents ihm zu überlassen. Sie antwortet nicht, wobei sie ein Lächeln unterdrückt.

Er hat einige Mühe, den Paravent zu tragen ohne ihn zusammen zu klappen. Wanda hilft ihm, indem sie den Paravent mit einigen geschickten Handgriffen verkleinert.

Dann legt sie ihre Hände auf den Rücken und überlässt Wendelin den Rest des Aufräumens.

Als Kind hatte sie immer ihre Hände auf dem Rücken gefaltet, um eine Situation diszipliniert zu überstehen. Es war beim Einkaufen im Supermarkt, wenn es um Spielsachen oder Süßigkeiten ging, die verführerisch an jeder Ecke greifbar angeboten wurden.

Zuletzt noch einmal an der Kasse. Wenn man dann in einer Schlange warten musste, wurde die Versuchung, doch noch Kaugummi oder Schokolade in den Korb zu legen, besonders groß. Bis zum letzten Moment im Supermarkt musste man die Hände auf dem Rücken halten, wollte man mit der Mutter keine Probleme bekommen.

Oder beim höflichen Hände schütteln, was sie hasste und später auch für sich immer bewusst entschied, ob sie nun ‚shake hands’ machen wollte oder nicht. Bei ihren Auslandsaufenthalten hatte sie es als sehr wohltuend empfunden, ohne dieses shake hands sich zu begrüßen und zu verabschieden.

Heute nun hat sie erneut die Situation für sich entschieden, indem sie ihre Hände auf dem Rücken hält und sich der männlichen Hilfe anvertraut. Oh, war das schmeichelhaft, hier im Seniorenhaus ganz plötzlich wieder als Frau wahrgenommen zu werden.

‚Eigentlich denke ich, dass ich das auch noch mit Siebzig, Achtzig oder Neunzig erleben werde. Nun glaube ich ganz fest daran. Denn ich werde mich ja nun nicht mehr sehr verändern. Aus dem Seniorenhaus werde ich nicht mehr auf die Penne gehen, werde keinen Tanzkurs mehr besuchen oder gar in der Disco steppen. Tanzkurs, wer weiß? Also, es geht weiter. Angemessen, aber eben doch anders, vielleicht etwas besonnener. Aber letztlich behalten die Urkräfte im Menschen, die eigentlich nur der Fortpflanzung dienen sollten, will man der Lehre der Kirche folgen, ihre uneingeschränkte Gültigkeit.

Ich denke an die unverminderte Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern. Sie endet nicht mit einem bestimmten Alter.

‚Leben, lernen und lieben werden wir bis zum letzten Atemzuge.’

So hat Sheldon Kopp, ein Psychotherapeut aus Amerika, es formuliert.

Wanda und Wendelin

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