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SÜD AFRIKA

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Den November muss man mögen. Oder aber man lehnt ihn total ab. Wenn Sehnsucht nach warmen Ländern unruhig macht, das Rauschen des Meeres in den Ohren hallt, bei Vollmond das Wasser des Ozeans im Silberglanz erscheinen lässt, dann heißt es, das Weite suchen. Denn es gibt diesen November.

Sich an der Natur orientieren. Nicht alle Vögel bleiben während des Winters in kalten, vertrauten Gefilden. Viele nehmen die Strapazen einer sehr langen, gefahrvollen und erschöpfenden Reise auf sich, um die Wärme der Sonne auch während der Winterzeit zu spüren …

Ein wichtiger Mensch in Wandas Leben formulierte es so:

„Die Vögel verlassen uns. Sie ziehen gen Süden. So werde auch ich mein Bündel schnüren, der Sonne entgegen gehen …“

Es kann wunderbar sein, im November vom vertrauten Gurren der heimischen Taube am südlichsten Zipfel von Afrika geweckt zu werden. Oder den lautlosen Flügelschlag des Milan zu beobachten, der im nächsten Sommer wieder im Norden sein wird. –

Das Geräusch der Motoren wirkt einschläfernd. Wanda hat eine bequeme Position gefunden, sie möchte nun schlafen. Nachdem der Flieger seine vorgesehene Höhe erreicht hat, das Essen abgeräumt ist und die Stimme des Kapitäns durch den Lautsprecher in unterschiedlichen Sprachen einen angenehmen Flug wünscht, wird es ruhig in der Kabine. Die Passagiere setzen oder lehnen sich in ihren Sitzen zurück, suchen eine bequeme Position um die nächsten Stunden möglichst zu schlafen.

Nichts ist wie gestern und doch wiederholt sich alles. Ob mein Sohn lebt oder tot ist, wird keinen Unterschied machen. Nicht im Weltgeschehen, nicht in seiner Bank, und nicht in meinem Leben. Auch ich lebe weiter. Fliege mit einer Frau, die ich vor einigen Wochen noch nicht kannte, nach Süd-Afrika, um dem europäische Winter zu entfliehen. Verhalte mich so, als hätte sich nichts verändert. Was bedeutet der Mensch dem Menschen?

‚Marcel, ich bin bei dir und du bist hier und fliegst mit mir nach Süden. Du wirst nun immer bei mir sein. Viel näher als jemals zuvor. Wanda erzähle ich von dir. Ein Part von dir lebt in mir weiter. Irgendwann werde ich zu dir in die andere Dimension eintreten.

Du lebst nicht mehr – doch, du lebst, deine Seele lebt. Hast nur deine körperliche Hülle abgestreift, bist frei.

Der erste Tag in Süd Afrika beginnt mit dem Anflug über dem Atlantik. Seitlich unter ihnen nähert sich mit einem Lichtermeer die südlichste Metropole von Süd Afrika, Cape Town. Dann leuchten die Begrenzungslichter der Landebahn auf. Hier in Kapstadt sind sie die letzten Passagiere in dieser Nacht und die ersten des neuen Tages.

Hinter der Passkontrolle erwartet sie Bert Brenner vom Hotel Continental. Auf einem Schild, das er hoch über seinem Kopf hin und her wedelt, lesen Wanda und Wendelin ihre Namen. Mit dem Hotel Transfer erreichen sie zwanzig später Minuten das Hotel. Zuerst mal nur schlafen.

Wendelin und Wanda gehen langsam durch den weißen Sand zurück zu ihrem Hotel. Sie haben sich für ein Mittagsschläfchen entschieden.

„Das Ausruhen gibt uns neue Energie. Vielleicht gehen wir heute am Spätnachmittag zur Waterfront. Dort finden wir kleine, hübsche Shops, Restaurants und Cafes. Ich würde gerne in der Mall ein bisschen stöbern.“

Wanda findet in fast jedem Shop etwas Hübsches, das sie in Augenschein nimmt. Wendelin wartet geduldig bei einem Glas Wein auf die Rückkehr seiner Wanda. Er sieht sie schon von weitem. Ein blauer Beutel mit der Aufschrift ZARA in der einen Hand und ihre Tasche über der anderen Schulter, so erreicht sie den Tisch. ‘Wie ein junges Mädchen, Bewegungen, ein spitzbübisches Lächeln, das ist meine Wanda.

„Ich habe einen luftigen Top gefunden, gerade so, wie er mir für die Sonnentage hier am Meer gefällt.“

Mit dieser Ankündigung zaubert Wanda ein leichtes hellblaues Etwas aus dem Beutel, hebt es zur Begutachtung hoch.

Erwartungsvoll schaut sie Wendelin an. Mit einem Schmunzeln drückt Wendelin seine Zustimmung aus.

„Du sagst nichts. Gefällt es dir nicht, was ich gekauft habe?“

„Ich muss das Kleid angezogen sehen, dann werde ich meine…“

„Wendelin, es ist kein Kleid, es ist ein Top!“

„Oh, sorry Liebes, du siehst, ich muss es an deinem Körper sehen, dann werde ich dir meine ehrliche Bewunderung geben. Jedenfalls sieht es lustig aus.“

Enttäuscht packt Wanda ihr erstandenes Oberteil wieder ein. „Du meinst lustig oder luftig?“

„Beides. Genaueres sage ich dir bei Anprobe, einverstanden?“

Nach einer kurzen Pause will Wendelin wissen: „Wie wäre es mit einem Glas Wein? Oder lieber Sekt?“

„Einen Chardonay, halbtrocken, wäre fein.“

Nachdem der Wein mit Nüssen und Salzgebäck serviert ist, fühlt Wanda eine Müdigkeit aufsteigen. „Lass uns ein wenig laufen, dann werde ich wieder richtig wach.“

Mit einem zustimmenden Kopfnicken legt Wendelin seine Hand auf Wandas Arm. „Eine gute Idee, der Wind und die Bewegung werden unsere Lebensgeister wieder wecken.“

Beim Spaziergang auf einem befestigten Gehweg entlang des Wassers beobachten sie die Möwen, die die hereinkommenden Fischerboote begrüßen. Nicht des Begrüßens willen, vielmehr erwarten sie ein delikates Abendbrot.

Wanda und Wendelin

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