Читать книгу Cowboys und Revolvermänner: 3 Romane: Western Roman Trio Band 9 - Glenn Stirling - Страница 10

3.

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„Mit meiner Faust möchte ich diese Bretterstadt in einen Trümmerhaufen verwandeln“, erklärte Amb Trilyco grimmig. „Es ist eine Lasterstadt, ich mag sie nicht, kann sie nicht verdauen.“

„Nach dem, was du gegessen hast, wäre es auch ein bisschen viel“, sagte Mike mit kargem Lächeln. Seine Augen wanderten über die geschmähte Stadt.

Wahrhaftig! Amb würde es fertigbringen. Diese Stadt schien geeignet, von einer Männerfaust zertrümmert, von der Bildfläche ausradiert zu werden. Sie wirkte so müde wie die Umgebung, war schmutzig und grau. Die leeren Blecheimer an den Hausecken, die den Zeiten entgegenrosteten, sagten alles, was Amb Trilyco eben vergessen hatte.

Corrals waren Jasui vorgelagert. Zur Zeit waren sie von keiner Rinderherde bevölkert. Die Zeit des Auftriebs würde das ändern. Aber bis dahin würden noch Wochen, Monate vergehen.

Staub und Dreck lagen vor den Rampen. Die Hufe ihrer Pferde versanken in getrockneten Rinderfladen.

Amb deutete darauf, lachte heiser. „Wenn es hier regnet, Sonny, kannst du es vor Gestank kaum aushalten. Die guten Bürger von Jasui scheinen dagegen gefeit. Eh, sind alles kleine oder große Gauner. Ein Staatenreiter müsste das ganze Nest an eine Eisenkette legen und mitschleifen.“

Mike schwieg. Was sollte er sagen? Amb musste es besser wissen.

Durch eine Nebenstraße reitend, stießen sie auf die Jowie-Street. Das war die Hauptstraße. Man sah sofort, was den Leuten die Hauptsache war.

Kneipe an Kneipe, Bars, Spielsäle, Tanzhallen.

Selbst jetzt um die Mittagszeit klang Männergrölen, Frauengirren, flüsterndes Geraune, helles Lachen.

Pferde dösten an den Holmen, tauchten die Nüstern in die aufgestellten Futtertröge, schlugen mit den Schweifen, blickten stumpfsinnig vor sich hin oder lugten zu den Gehsteigen und Veranden, von denen ab und zu schnelle Stiefeltritte aufklangen.

Amb Trilyco trieb seinen Bronco eilig so vor den Braunen, als wollte er den nachfolgenden Reiter vor jeglicher Sicht schützen. Plötzlich drehte er sich im Sattel herum.

„Schau nach rechts, Boy, dort steht Tede Duffas Falbe. Er ist nicht zu übersehen, und sein Brandzeichen wird von allen gefürchtet“, brachte er heiser heraus. „Gewiss hockt er im Roten Hengst und wartet. Hat schon längst die Nachricht, dass du hier bist. Aber er lässt sich Zeit. Ist wie eine Spinne, die ihr Opfer im Garn weiß und sich am Anblick des zappelnden Insektes erfreut. Der Teufel soll ihn holen!“

Der Zusatz kam von Herzen. Auch Mike sah die Gents im Schatten der Veranden. Sie standen faul herum, rauchten, schwenkten ihre Glimmstängel, blickten durch zusammengekniffene Augenschlitze zu ihm hin. Sie musterten ihn mit offensichtlicher Neugier, waren beim Anblick der tief geschnallten Waffen etwas verwirrt.

„Sie sind sich ihrer Sache verdammt sicher, Sonny“, fauchte Amb. „Kam mir gleich eigenartig vor. Keine Frau, kein Kind … keine Reiter auf den Straßen. Möchte wetten, sie hocken alle hinter den Fensterscheiben, warten auf das, was kommt, und du bist das Opfer! Verdammt, hättest auf mich hören sollen. Jetzt ist es zu spät! Ein O’Kenna kann nicht davonlaufen!“

„Yeah. Die Ratte sitzt also in der Bar zum Roten Hengst. Lass sie warten, Fellow. Dort hinten sehe ich das Sheriff-Office.“

Mike O’Kenna hatte kaum ausgesprochen, als sich ein Gent von einem Pfosten löste, etwas zu hastig auf die Fahrbahn trat und die Rechte hob.

„Sonny, soll dir ’nen Gruß von Duffa ausrichten. Er wartet auf dich!“

„Soll warten“, knurrte Mike. „Bevor ich mit ihm abrechne, habe ich eine Sache beim Sheriff zu erledigen.“

„Vergiss das Wiederkommen nicht“, zischte der Sprecher, richtete sich steif in die Höhe. Höhnisch blitzte es in seinen Augen. „Duffa hält nichts davon, er folgt, so wahr ich hier stehe!“

„Diese Mühe braucht er sich bei mir nicht zu machen, Boy. Richte ihm aus, dass ich ihn mit seinen Tigerhunden bedauere, dann ist das Dreiteufelsgespann endgültig vereint!“, dehnte Mike.

Der Kerl auf der Fahrbahn verlor jäh die Farbe, prallte zurück.

„Sonny, du bist fremd hier, deine großen Worte werden dir bald in der Kehle ersticken.“

Hinter Mike lachte es scharf, höllisch.

„Geh aus dem Weg, Hug Mills“, donnerte die Stimme des Alten auf. „Geh aus dem Weg!“

Mills duckte sich.

„Was hast du mit der Sache zu schaffen?“, brüllte er.

Seine Augen wanderten blitzschnell über die beiden Reiter, dann zu den Männern, die unter der Veranda standen und mit Interesse der Unterhaltung lauschten.

„Was geht dich dieses Greenhorn an, Amb Trilyco? Du reitest für die Doppelring. Ich bin der Vormann. Ich befehle dir …“

„Einen Seifenschaum kannst du mir befehlen, Mills“, schleppte Amb, lachte verbissen, beugte sich weit im Sattel vor. „Ich habe meinen Dienst aufgegeben. Habe etwas Besseres gefunden, als hinter Mavericks herzureiten. Wenn du dich stark fühlst, zieh!“

Mike hob schnell die Hand. „Werd’ nicht vorschnell, Amb“, knurrte er. „Denk daran, dass du kurzsichtig bist …“

„Kurzsichtig?“, schnappte der Vormann. Sein quadratischer Schädel verlängerte sich. Ein hässliches Grinsen flackerte darüber hin, erstickte. „Sage dir, Boy, das ist eine verdammte Lüge! Der Teufel mag wissen, was er dir für einen Song in die Ohren geblasen hat. – Ich schieße mich nicht mit dir, Amb. Wäre Selbstmord. Du weißt verdammt genau, dass ich kein Mann vom schnellen Eisen bin – und deine Kündigung … ah, darüber sprechen wir noch einmal!“

„Mills, darüber gibt es nichts mehr zu sprechen. Sage dir, dass du genug zu tun hast, die Ausweichherde von den Weidegebieten der O’Kenna-Ranch zu treiben. Ich dulde kein Rind mit dem Doppelring-Brand mehr darauf! Genügt’s?“

Eine gefährliche Spannung hing in der Luft. Kalt und grausam blickten die Augen des Oldtimers, krallten sich an dem Vormann fest.

„Habe es verdammt genau verstanden, aber …“

„Kein aber“, zischte Amb.

„Die Weiden sind jetzt herrenlos, wir …“

„Sie waren es“, unterbrach Amb schroff das Gestotter. „Schluck es und sag es allen: O’Kennas Sohn übernimmt die Ranch.“

„O’Kennas Sohn? Soll das etwa dieser junge Bursche da sein?“

„Yeah, aber nimm deinen Mund nicht so voll, Mills.“

„Ah … well“, kam es grimig zurück. „Wissen jetzt wenigstens, welche Inschrift auf sein Kreuz passt. Bin nicht für ungezeichnete Gräber. Well, habe mir gleich gedacht, dass du ihm die Kanonen gegeben hast. Aber die Kanonen machen es nicht, man muss auch die Hand dafür haben … Heh, Duffa wird sich die Hände reiben. Er hatte erst vor, mit dem Sonny nur ein Tänzchen zu veranstalten. Hat es laut angekündigt. Es sollte ein Tanz werden, wie ihn in Jasui noch kein Cowboy getanzt hat. Vielleicht muss er umdisponieren, vielleicht hält er sein Versprechen. Heh, O’Kenna, du wirst ein volles Lokal finden!“

„Sicher, Mills, und wenn ich mit Duffa fertig bin, dann werden wir beide uns unterhalten, aber nicht mit den Eisen, einverstanden?“

„Nur zu gut, Cowboy“, grinste Mills zurück, spreizte und schloss die mächtigen Fäuste. „Well, was Duffa übrig lässt, werde ich zerquetschen!“

„Yeah, okay!“, sagte Mike feierlich.

Überrascht hob der Vormann das massige Kinn. Goddam! Genau so hatte Tom O’Kenna immer gesprochen. Verdammt, das war ein böses Omen!

Er trat schnell zurück, denn Mike trieb seinen Braunen auf ihn zu, zwang ihn, auf den Brettersteig zu springen. Ein unterdrückter Fluch zischte über Mills’ Lippen.

„Boy, mit mir macht man das nicht!“, fauchte er dann.

Ambs heiseres Lachen wehte zu ihm hin. „Er ist ein O’Kenna, Vormann, das darfst du nicht vergessen.“

Amb Trilyco trieb seinen Bronco mit einem Zügelklatschen hinter Mike drein, kam nahe heran, ächzte: „Sonny, mir wird Angst und Bange und auch übel. Was du Mills versprochen hast, ist wahrhaftig genau so, als ob du drei wilde Bullen mit den Fäusten auf die Knie zwingen wolltest. Selbst der Sheriff hat sich in sein Office zurückgezogen. Wahrscheinlich stopft er sich jetzt gerade Watte oder Werg in die Ohren, um das Knallen der Eisen zu überhören. Er wird erstaunt sein, wenn wir ihm auf die Zehen treten. Heh, Boy, lass dich nicht weichmachen.“

Mike sagte nichts. Er lenkte seinen Gaul zum Office.

Der Bau unterschied sich in nichts von den anderen Häusern. Die Veranda, der Bohlensteig und die Holme mit den Futtertrögen waren auch hier genau so angebracht.

Mike schwang sich aus dem Sattel, band seinen Braunen fest. Schmal, jungenhaft wirkte er, doch in seinen Bewegungen lag eine pantherhafte Geschmeidigkeit, lag etwas von der Grazie großer Raubkatzen, und Amb nickte vor sich hin, als er es sah. Seine Augen zeigten plötzlich hellere Lichter hinter der Iris.

Eilig rutschte auch er etwas steifbeinig aus dem Sattel, zog sein Tier neben den Braunen, verknotete die Zügel am Holm. Schnell blickte er nach rechts und links, stieß ein unterdrücktes Fauchen aus.

Yeah, die Straße war leergefegt, und doch … gerade darum lag eine fast greifbare Spannung in der Luft, überall an allen Häusern schien Dynamit zu lagern, Pulver, Zündstoff aller Art. Es fehlten nur noch die Lunten, um den Zauber in Szene zu setzen.

„Heh, nicht so eilig, Boy“, raunte Amb nervös. Mit einem Ruck wandte sich der Junge um. Amb hielt die Luft an. Goddam, was war in Mike gefahren? Alles Weiche war aus seinem Kinn fortgewischt. Das Kinn war vorgeschoben, Kerben zeichneten sich an den Mundwinkeln ab.

„Sonny, ich – ich … zum Teufel, mach mir keinen Kummer“, fuhr es aus Amb heraus. Mit einem Satz war er neben dem Jüngeren, legte ihm seine Rechte schwer auf die Schultern.

„Frage Bill Runold mal danach, wo er deinen Vater gefunden hat. Es wird dich sehr interessieren.“

„Yeah. Ich werde ihn fragen.“

Beide Männer duckten sich unter dem Holm. Die Tür des Office wurde vor ihnen aufgerissen. Mike prallte fast auf ein Mädchen. Im letzten Augenblick stoppte er, konnte seinen Stetson ziehen, die Augen aufreißen und kaum schlucken. Ihr Anblick schien ihm die Luft zu nehmen.

„Es ist Käthe Diller, Boy, ein Mädchen, und nun komm zu dir“, flüsterte Amb dicht an seinem Ohr.

Ah, zum Teufel mit Amb. Er hatte recht. Es war ein Mädchen, aber was für eins. Sie mochte nur wenige Jahre jünger sein als Mike. Blauschwarzes Haar ringelte sich in ihrem Nacken, war eine Woge herrlichen Gelocks. Zart, zierlich war sie und nicht allzu groß. Sprühende Glutaugen sahen ihn mit einem Ausdruck geheimer Neugier, einem Gemisch von Furcht und Sorge an.

Mike O’Kenna knetete die Stetsonkrempe, flüsterte einen krächzenden Gruß, senkte verlegen die Augen.

„Boy, habe dir vor der Stadt etwas gesagt. Sehe, dass du schon eine kleine Abkühlung brauchst. Ist auch verdammt warm in der Sonne. Eh, sie ist mit Hug Mills verlobt. Mit dem netten Vormann, der dich zerquetschen will, Schöne Aussichten, wie?“, tuschelte Amb, lachte gereizt, knuffte Mike in die Seite,

„Sie wollen gewiss zu meinem Onkel?“, fragte Käthe sachlich. Sie hatte eine betörende Altstimme. Mike nickte, sprechen konnte er nicht. Er war vielen kleinen, netten Mädchen auf seinem Trail begegnet, aber keine machte einen solchen Eindruck auf ihn wie sie. Sie wirkte wie eine verzehrende Flamme, senkte Feuergluten in sein Herz.

Damned! Der Teufel mochte Hug Mills holen!

Sie lächelte. Mike hätte sich gewünscht, in den Boden zu versinken. Wie gebannt blieb er stehen, grinste benommen zurück, und er wäre bis zum Jüngsten Tag stehengeblieben, wenn Amb ihn nicht kurzerhand an dem Mädchen vorbei ins Innere der Office geschoben hätte.

„Ist das der Mann, auf den Duffa lauert, Amb?“, hörte er hinter sich ihre Stimme.

„Yeah, Liebling“, säuselte Amb mit einem bitteren Lachen. „Er ist es.“

„Schade, Oldtimer. Du hättest ihn warnen sollen …“

„Tat ich, aber er wollte nicht hören!“

„Dann ist er wohl sehr jung und sehr unerfahren. Er trägt Tom O’Kennas Eisen. Du hättest sie ihm nicht geben sollen.“

„Sie stehen ihm zu, Käthe.“

„Ah?“

„Er ist O’Kennas Sohn.“

„Mein Gott, um so schrecklicher! Du musst den Kampf verhindern, du musst …“

„Nichts werde ich, Liebling. Er ist kein Baby, und es gibt Dinge, die müssen Männer unter sich austragen. Du wirst das verstehen, und jetzt hol deinen Onkel und bleib draußen, Liebling.“

Trippelnde Schritte entfernten sich. Mike hob den verschleierten Blick.

„Fellow, du scheinst dich gut mit ihr zu verstehen?“, fragte er interessiert. Die Stimme klang rauh, trocken.

„Yeah, Boy, habe sie als Kind auf den Knien geschaukelt“, entgegnete Amb, sah dem Jungen scharf in die Augen, hieb ihm beide Hände auf die Schultern. „Boy … Weiber taugen nichts für

dich. Lass sie aus dem Sinn, Du hast etwas anderes vor, und es hätte auch wenig Zweck. Sie ist verlobt. Außerdem schwärmt sie für kräftige, muskelstrotzende Burschen. Na ja, nimm’s nicht für übel, die Muskeln machen es nicht, sondern das Herz, der Mut und die Art, wie ein Mann seinen Colt aus den Futteralen oder, wie dein Vater, aus den Schlingen bringt. Ah, da schau, Sheriff Runold hat sich verkrochen. Er wittert Unrat, wittert herüber.“

Ein Mann kam quer über die Straße. Er war lang, hager, hatte stechende, kalte Augen, Hängeschultern und schien, etwas vorgeneigt, immer auf der Lauer vor einem unsichtbaren Feind zu sein, dem er mit einem Ruck die Eisen vor die Nase setzen wollte.

Kalt wie die Augen war alles an ihm. Dieser Mann war undurchdringlich, hatte eine starre Maske und ließ sie sich nicht nehmen. Dass er Staatenreiter, Menschenjäger, gewesen war, konnte man nun verstehen. Runold war ein Mann, der mit dem Orden an der Weste selbst einen Wehrlosen niederknallen würde, falls er es mit den Buchstaben des Gesetzes erklären konnte.

„Ist dir wohl nicht sympathisch, wie?“ Amb lachte gepresst.

„Abwarten, Fellow. Manche Leute können nicht aus ihrer Haut heraus!“

„Yeah, richtig“, staunte Amb und grinste. „Wenn du Bill Runold aus der Haut haben willst, dann musst du ihn schon zum Teufel schicken, Sage dir, noch nie ist ein Mann mit zwei Eisen in Jasui eingeritten, der sich gleich so viel Arbeit vor die Stirn gepackt hat. Eh, Duffa, Mills und nun der Sheriff. Vielleicht kannst du ihn auch zu einem Zweikampf auffordern, heh?“

„Schieße nicht auf Orden“, giftete Mike, lehnte sich lässig an den Tisch und ließ kein Auge von dem Sheriff, der schnell herankam. In der Tür blieb er stehen, tippte an die Hutkrempe. Die Augen tasteten mit verhaltener Spannung schnell über Amb, dann blieben sie auf Mike O’Kenna haften.

„Hallo, Gents. Meine Nichte …“

„Schieb es nicht auf Käthe, Sheriff. Du hast unseren Anritt gesehen und bist ausgerückt, um Zeit zu gewinnen, vielleicht auch …“

„Was? Amb Trilyco?“, klang die scharfe Frage auf.

„Ah, ist nicht meine Sache, Sheriff“, lenkte der Oldtimer ab, nagte an der Unterlippe. „Wahrscheinlich weißt du längst, wer mein Begleiter ist. Es ist Mike O’Kenna, denke, dass dir das etwas sagt?“

Bill Runold war nicht überrascht. Er schnippte sich den perlgrauen Stetson ins Genick, angelte mit seiner Stiefelspitze einen Hocker, setzte sich, murrte: „Was will er wissen?“

Seine Gletscheraugen waren auf Mike gerichtet, doch seine Worte galten Amb.

„Frage ihn selbst, Sheriff.“

Bill Runold zuckte etwas zusammen. In seinem Gesicht arbeitete es. „Nun, Cowboy?“, fragte er mühsam beherrscht. Man sah und fühlte es, dass unter seiner eiskalten Maske ein Vulkan zum Ausbruch bereit war.

Mike lächelte. Es war ein eigenartiges Lächeln.

„Well, Sheriff“, sagte er. „Ich will nur einige Fragen an Sie richten. Wo haben Sie meinen Vater gefunden?“

Jäh schaute der Mann mit dem Orden auf Amb, dann zurück.

„So ist das also? Sie sind auf Rache aus?“, schnappte er, ohne die Frage zu beantworten. „Sage Ihnen, das ist eine Sache, die nur das Gesetz angeht. Ich warne Sie … Sie haben … Tede Duffa wartet …“

„Lenken Sie nicht ab, Sheriff“, unterbrach Mike. Er gab sich einen Ruck, stand leicht vorgebeugt vor dem Mann, der das Gesetz vertrat. „Wenn Sie mir ausweichen wollen, legen Sie Ihren Orden ab, Mister. Ich schieße nicht gerne auf einen Mann, der einen Orden trägt!“

Das war deutlich. Der Adamsapfel des Sheriffs begann zu wandern. Seine Augen weiteten sich, wurden düster. Ein tiefes Stöhnen kam aus seiner Brust. Er konnte kaum die Worte, die Amb galten, über die Lippen bringen.

„Fellow, es scheint, dass du mir da eine verdammt harte Nuss oder einen Wahnsinnigen mitgebracht hast. Was ist damit?“

„Probiere es aus“, kam die schleppende Antwort. Das heisere Lachen des Oldtimers füllte das Office aus, brach jäh ab. „Denke, dass du ihm nichts verschweigen wirst?“

„Ah, ich denke, dass Duffa alles zu einem Ende bringen wird. Also, Cowboy. Ich fand deinen Vater in den Blauen Bergen. Man sagt, dass sich dort die Josua-Bande aufhält. Vielleicht wollte er sich seine Rinder- und Pferdeherde wiederholen.“

„Oder Sturmwind, den grauen Hengst“, warf Amb mit klirrender Stimme ein, kicherte leise vor sich hin.

„Unterbrich nicht, Amb Trilyco! – Hören Sie, Cowboy, Tom O’Kenna ritt den grauen Hengst, das Tier war aber verschwunden. Ich suchte, fand Spuren in der Nähe!“

„Yeah“, hetzte Amb. „Meine Spuren. Ich kam gerade zur rechten Zeit, um dem Boss zuzuhören und ihm die Augen zuzudrücken.“

„Sicher“, dehnte der Sheriff, „aber Amb Trilyco ist als Täter ausgeschlossen. Ich fand die Fährte Sturmwinds, konnte ihr nicht folgen, denn sie verlief in den Felsen.“

„Sonst nichts? Keine Anhaltspunkte?“

Das war die entscheidende Frage. Beide Männer lauschten der stählernen Stimme Mikes, die

sich jäh gewandelt hatte. Beide rissen die Augen auf, sahen ihn verwundert an.

„No … nichts“, klang es dumpf, abschließend.

„Und keinen Verdacht, Sheriff?“

Bill Runold starrte mit gerunzelten Brauen vor sich hin. Er dachte intensiv nach. Plötzlich blinzelte er: „Yeah, Hay Stewens hat eine Hütte ganz in der Nähe, wo dein Vater das Blei schluckte. Vielleicht suchst du ihn auf …“

„Stopp! Das würde nicht einmal Tede Duffa wagen, und du weißt das genau, Sheriff. Es gibt kein heißeres Eisen, keinen schnelleren Schießer als Hay Stewens. Kein Mensch weiß, ob er zur Josua-Bande gehört oder ob er ein Einzelgänger ist. Jedenfalls ist er ein wandelndes Pulverfass, und schon das Ansinnen allein ist Mord. – Höre, Sonny, lass dich nicht darauf ein. Lass den Sheriff die Angelegenheit regeln!“

„Dazu hatte er ein Jahr lang Zeit, Oldtimer. Ich will, dass der oder die Mörder dem Gesetz überantwortet werden!“, stieß Mike rau hervor.

„Wie wollen Sie das machen, Cowboy?“, klang es ironisch.

„Geben Sie mir einen Orden, Sheriff, vereidigen Sie mich als Hilfssheriff, dann werden wir weitersehen!“

Stille war im Raum, eine gefährliche Spannung. Der Sheriff ließ seinen Kopf auf die Brust fallen und starrte auf die Dielen, rieb verlegen sein Kinn.

Amb Trilyco trat wie erschreckt einen Schritt vor. Seine Grauaugen glitten seltsam forschend über Mike, irrten ab und hafteten irgendwo im Raum, saugten sich an einem belanglosen Gegenstand fest.

Das hatte noch niemand verlangt, niemand gewagt, das war einfach ungeheuerlich! Mit einem Ruck erhob sich Runold. Sein Hocker flog von ihm fort, sauste gegen den Schreibtisch. Das Tintenfass fiel um, lief aus.

Das Gesicht des Sheriffs wurde maskenhaft starr, erinnerte an eine öde Landschaft, in der der Blitz alles Leben zerstörte. Von irgendwo her flatterte ein Seufzer, ein Keuchen.

„Einen Orden?“, fauchte der Sheriff. „Ah, gesetzt den Fall, ich nagele dir einen auf die Weste. Well, ich könnte es. Aber dann würden sie mich alle für verrückt erklären! Jasui hatte in zwei Jahren vier Sheriffs, Cowboy, und das waren alles Männer. Jeder einzelne war imstande, einen Staat aus den Angeln zu heben, jeder hatte eine Zeitlang am Rio verbracht und war mit allen Wassern gewaschen, mit allen Salben gesalbt. Und doch haben sie alle ins Gras beißen müssen. Nicht, weil sie nicht schnell genug waren, sondern weil eine Kugel im Rücken zum Leben zu viel ist. Sage dir, Cowboy, du magst vielleicht ein Recht haben, nach dem Orden zu greifen, aber ich lehne es ab. Es macht für das Gesetz keinen guten Eindruck, wenn ein Mann mit ’nem Stern auf der Weste auf

die Nase fällt. Und ich habe das verdammte Gefühl, dass das bald der Fall sein würde. Cowboy! Ich lehne es ah, denn wenn ein Mann mit einem Orden fällt, bricht jedes Mal die ganze Ordnung in Jasui zusammen. Das kann ich nicht auf mich nehmen.“

Schnell, abgehackt sprudelten seine Worte hervor.

„Sheriff, Sie scheinen sehr interessiert, dass die Sache so bleibt, wie sie ist“, sagte Mike gelassen. „Legen Sie den Orden ab. Wir unterhalten uns weiter.“

„Das ist zu viel“, brüllte Runold. Seine Wangenmuskeln zuckten. „Denke nicht, Cowboy, dass ich feige bin, dass ich dir nicht gegenübertreten würde. Ich bin auf das Gesetz eingeschworen. Komm – heb die Schwurhand. Ich nehme es auf mich, dich zu meinem Hilfssheriff zu machen. – Cowboy, du weißt genau, dass du Tede Duffa gegenübertreten wirst und musst. Duffa ist ein Revolvermann. Auch wenn er an deiner Weste den Stern sieht, wird es ihn nicht zurückhalten …“

„Ich will mich nicht hinter dem Orden verkriechen“, unterbrach Mike eisig, rollte sich mit der Linken eine Zigarette, schob sie zwischen die Lippen, riss ein Streichholz an, setzte das dünne Tabakröllchen in Brand. Zwei Augenpaare beobachteten jede seiner Bewegungen. Unverkennbar staunten Runold und Trilyco darüber, dass ein Mann, anstatt erregt zu sein, mit der Linken eine

Zigarette drehen konnte, dass er nicht einen Moment die Rechte dabei zu Hilfe nahm.

Sie blickten sich an. Mike sah es, hob den Kopf.

„Ich weiß, dass ich auch mit einem Orden auf der Weste fair bleibe.“

„Dann ist das so gut wie dein Tod, Boy. Lasse also die Hände von einem Stern“, knarrte die frostige Stimme des Oldtimers dazwischen.

„Nein! Ich fordere Sie auf, Sheriff, sprechen Sie mir die Eidesformel vor. Ich werde für das Gesetz reiten …“

„Yeah … verdammt, Cowboy. Als Hilfssheriff kannst du nicht gleichzeitig deine Ranch aufbauen. Denke an die Josua-Bande, an Hay Stewens und an Duffa.“

„Sparen Sie sich die Worte“, fauchte Mike den Sheriff unterbrechend. „Wollen Sie nun …“

„Allright. – Heb die Hand. Sprich mir nach …“

Cowboys und Revolvermänner: 3 Romane: Western Roman Trio Band 9

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