Читать книгу Cowboys und Revolvermänner: 3 Romane: Western Roman Trio Band 9 - Glenn Stirling - Страница 13

6.

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Die Winchester steckte im Scabbard, Proviant und Munition waren verpackt. Die Schlafdecke lag aufgerollt hinterm Sattel. Bevor Mike bei Print leicht die Sporen einsetzte, schaute er zur Küche. Käthe stand am Fenster. Ihr Gesicht war verschlossen. Herb und streng wirkte sie und dennoch anziehend, war mit einem Liebreiz erfüllt, den er fast durstig in sich hinein trank.

„Hallo, Cowboy! So long!“

Sie nickte ihm zu. Mike tippte hastig an die Stetsonkrempe, wandte sich jäh ab, trieb den

Braunen an. Sein Herz war mit brausendem Klang erfüllt. Etwas Neues war in ihm aufgebrochen, füllte ihn aus, drang in unbewusste Tiefen. Zum ersten Mal empfand er das köstliche Leben … empfand den leise fächelnden Wind, die goldene Flut der Sonnenstrahlen und empfand, dass dunkle Mädchenaugen einen Vulkan entfesseln konnten. Er blickte sich nicht um, als er sein Tier vom Hof lenkte. Er wusste, dass sie ihn nicht aus den Augen ließ.

Holly gee! Wenn er sich auch nur ein einziges Mal nach ihr umgeschaut hätte, wäre er versucht gewesen, den Ritt ins drohende Unbekannte hinauszuzögern, nur um in ihrer Nähe zu sein. Er biss sich die Zähne aufeinander, zischte Print zu: „Nur zu, Fellow, streck dich!“

Pochend hieben die Hufe in den Sand der Straße. Etwas zusammengekrümmt hockte Mike im Sattel, blinzelte nach links, wo die vergitterten Fenster des Offices waren, sah den Sheriff und Amb. Beide blickten auf, hoben die Köpfe. Sein Anblick wirkte auf beide verschieden.

Runolds lauernde Augen verengten sich. Er hob die Rechte, stützte sein Kinn. Amb hob beide Hände, brüllte: „Mach’s gut, Cowboy! Pass auf herumschwirrendes Blei auf. Habe ein verdammtes Gefühl, dass es heiß werden wird.“

„Zur Abkühlung habe ich diese netten 46er, Fellow, und sie machen nicht nur einen gehörigen

Zugwind, sondern musizieren und beißen dazu. Well, kein Lofer bringt das fertig!“

Mike lachte rasselnd vor sich hin, nickte grüßend, und dann wanderten seine Augen zu dem Fenster, hinter dessen Gittern Duffa stand, der ihn hämisch angrinste.

„Hallo, Cowboy! Möchtest du nicht vorher dein Testament machen?“

„Yeah, habe etwas zu vererben, ist nur für dich bestimmt, Duffa!“, gab Mike zurück.

„Allright, was ist es? “

„Eine Kugel, Buddy – und wenn sie dir an der richtigen Stelle eingepflanzt wird, dann hätte ich der Welt und auch dir einen Gefallen getan!“

Duffa nahm es hin, lachte wie wild, rüttelte an den Gitterstäben, fauchte: „Sonny, du hast das Maß vollgemacht. Schätze, dass du nicht einmal Hay Stewens vor die Läufe kommst, sondern schon unterwegs von einer Kugel aufgehalten wirst. Solltest du dennoch Glück haben, dann wünsche ich nichts sehnlicher, als dass du Stewens eine Kugel in die schwarze Seele pflasterst. Cheerio, Boy!“

Goddam! Das war wieder eigenartig. Ein Mitglied der Josua-Bande wünschte Mike Glück zu seinem Unternehmen? Es war kein Hohn oder Spott dahinter. Verdammt eigenartig war das.

Auf welcher Seite stand Hay Stewens, die feuerspeiende Kanone?

Vorläufig war die Sache noch nicht zu lösen. Aber Mikes Gedanken ordneten sich. Hinter ihm verklang das Höllengelächter. Neugierige Männer blieben überrascht stehen. Es gab Kerle, die lüfteten den Hut, andere tippten nur an den Stetson. Wieder andere sahen betreten beiseite, spuckten hinter ihm aus. Aber alle nahmen ihn für voll. Alle erkannten seine Geschicklichkeit mit den Eisen an.

Mike O’Kenna war nicht mehr irgend jemand, ein Boy vom langen Trail, ein Greenhorn von irgendwo! Ho, er war der Hilfssheriff Mike O’Kenna, der Mann, der dem Revolvermann Duffa die Waffe aus der Hand geschossen und ihn zusammengeschlagen hatte.

Mike presste die Zähne aufeinander, zischte seinem Braunen zu: „Vorwärts, Fellow!“

In der Stadt herrschte reges Leben und Treiben, Reiter, Frachtwagen und Prärieschooner kamen in der Fahrbahn ihm entgegen. Mädchen und Frauen spazierten auf den Bohlenstiegen. Die Nachmittagssonne hatte sie aus ihren Häusern gelockt, nun promenierten sie umher. Manche trugen Sonnenschirme, waren sehr elegant angezogen.

Spieler, Rancher und Cowboys waren vorherrschend, aber auch Squatter und Digger bevölkerten das Straßenbild. In den nahen Bergen wurde ab und zu Gold gefunden. Es war nicht viel, doch die Glücksritter starben nie aus, zogen immer wieder in das raue Leben, um nach dem gleißenden Gold zu graben.

Mike schluckte Staub. Er war froh, als er Jasui schließlich hinter sich hatte, wandte sich eine Meile von der Stadt entfernt im Sattel und blickte zurück.

Es war ihm klar, dass eine Stadt wie Jasui zum Sterben verurteilt war. Irgendein verrückter Digger hatte einen ergiebigen Claim gefunden und die Botschaft davon in die Welt posaunt. Karawanen von Menschen kamen. Alle wollten ihr Glück. Aber nur wenige blieben. Immer mehr zogen ab, und es war der Zeitpunkt vorauszusehen, in dem Jasui wieder nur eine offene Rinderstation sein würde. So war es zu verstehen, dass viele Häuser in Jasui leer standen, dass der Sheriff mit seiner Nichte einen großen Häuserblock alleine bewohnen konnte.

„Go on, Print“, murmelte Mike, hieb seine Rechte auf den hin und her schwingenden Pferdehals. Der Braune setzte sich in einen leichten Trab. In dieser Gangart konnte er Meile um Meile zurücklegen, ohne sich allzu sehr auszugeben. Mike wusste das. Es fiel ihm auch nicht ein, sein Tier in eine schnellere Gangart zu bringen. Auf diesem Trail musste er mit unangenehmen Überraschungen rechnen, und dann mussten Reiter und Pferd noch so viel Kraftreserven in sich aufgespeichert haben, dass sie zum Spurt bereit waren.

Öde, versandet war die Gegend, die vor ihm lag. Das Präriegras war trocken und gelb, knisterte unter den Pferdehufen. Nach einer Stunde wurde das ebene Gelände unterbrochen durch frisches Gammagras und durch Hügel, die wie die erstarrten Wellen eines Ozeans das Land bis zu den Blauen Bergen bedeckten.

Als die Sonnenstrahlen sich purpurn färbten und die blaue Mauer der gigantischen Berge in ein tiefes Violett hinüberwechselte, überquerte er den Grony-Creek.

Der Braune durchwatete die Furt. Mike beugte sich im Sattel vor, glitt vom Pferd.

Er bückte sich, hob den Handschuh auf und pfiff durch die Zähne.

By Jove! Er kannte solche Handschuhe. Sie wurden von Leuten getragen, die ihre Hände schonten, die alles andere als Cowboys waren. Revolvermänner trugen solche Handschuhe, und hier war einer vor kurzer Zeit durch die Furt geritten und hatte den rechten Handschuh verloren.

Zwei Pferdespuren waren hier deutlich zu sehen. Eine zweigte ab, die andere führte weiter.

Nachdenklich sah Mike darauf nieder, steckte mechanisch den Handschuh in den Gurt und stieg auf, ritt weiter. Er sah nicht mehr auf die Blumen am Wegesrand, sein Augenmerk konzentrierte sich auf die Büsche, auf die Bauminseln, heftete sich auf die schwarzen Wälder in der Ferne und verfolgte die beginnende Dämmerung.

Er ritt immer hart am Ufer des Creeks entlang, richtete sich ab und zu spähend im Sattel auf.

Bevor die Dämmerung tintige Schatten über das Land streute, erreichte er den Stitter-River. Gelbbraune Wasser fluteten träge nach Osten. Hier mündete der Creek ein. Das Mündungsdelta musste er umreiten, weil dort nur Moor, Schlamm und verfilztes Dickicht an den Ufern war.

Nach einer Weile sah er die Fährhütte vor sich. Ein alter Mann mit verwitterten Gesichtszügen stand davor, hob die Hand, beschattete seine Augen und sah zu ihm herüber,

„Hallo, Cowboy!“, grüßte der Alte, als Mike seinen Braunen zum Stehen brachte.

„Hallo“, gab Mike zurück, prüfte den Alten, dann die Hütte, ließ seinen Blick zu dem offenen, breitgebauten Kahn schweifen, der mit einem Seil am Ufer festgemacht und in der kleinen Dünung leise hin und her schwoite.

„Wohl zur anderen Seite rüber, wie?“, brummte der Alte.

Seine dunklen Augen hingen wie gebannt an Mike, hafteten auf dem Handschuh, schweiften dann abschätzend, tastend, ja vorsichtig über Mikes Gestalt und Ausrüstung,

„Yeah, will rüber. Möchte einem guten Freund das zurückgeben, was er verloren hat“, dehnte Mike, sah dabei den Alten scharf an.

Der verzog keine Miene, wandte sich etwas dem Ufer zu und sagte: „Hier hat heute kein Reiter übergesetzt. War ein schlechter Tag und ein miserables Geschäft. Du bist der erste Cowboy, der über diesen verdammten Fluss will. Es reicht kaum, um zu leben, und zum Sterben ist es zu viel.“

Das Letzte mochte der Alte halten, wie er wollte. Das andere jedoch war eine Lüge.

Warum verschwieg der Fährmann, dass er einen Reiter vor ihm übergesetzt hatte? Ohne triftigen Grund tat er es nicht.

Jäh flammte es in Mike auf. Er wusste nun, dass vor ihm einer ritt, der ein Interesse daran hatte, dass man ihn nicht sah und nicht hörte.

„Ich sagte dir, es ist ein guter Freund, Fellow“, beharrte er, lachte leise in sich hinein.

Der andere ließ sich nicht irreführen, und nun wusste Mike wieder etwas.

Der Fährmann würde nie etwas aus sich heraus sagen. Er verschwieg etwas und hatte wohl auch allen Grund dazu.

„Fellow, ich suche Hay Stewens und denke, dass ihm dieser Handschuh gehört.“

Es war ein Pistolenschuss ins Ungewisse, den Mike da abfeuerte, und doch konnte es der Zufall wollen, dass es ein Treffer würde. Es war keiner. Der Alte zuckte mit den Schultern.

„Wenn du Hay Stewens suchst, Cowboy, würde ich zuerst die Revolvermänner aus Oregon einen nach dem anderen zur Hölle bringen. Vielleicht hättest du dann Aussichten, gegen Hay zu bestehen. – Soll ein Rat sein, Cowboy,“

„Von dir nehme ich ihn an, denn du könntest mein Dad sein“, erwiderte Mike ruhig, ließ keinen Blick von dem Alten. Der schien zu überlegen, richtete sich hoch auf, legte die verarbeitete Hand in den Rücken.

„Übrigens, Cowboy, Hay wirst du in der Ebene wohl kaum begegnen, und falls du wirklich in die Berge willst, dann nimm den Stern von der Weste. Hay mag keine Leute, die mit einem Orden durch die Gegend reiten. Liegt vielleicht daran, dass er selbst einmal Sheriff gewesen sein soll. Ob’s stimmt, mag nur der Teufel wissen. Heh, um einen Mann wie Hay zu sprechen, müsstest du mit einer Kompanie Langreiter ankommen, und auch dann würde er dir die Unterredung verweigern!“

„Du scheinst ihn sehr gut zu kennen!“, schnappte Mike.

„Wer kennt ihn nicht? Will dir etwas sagen, Cowboy, Mag sein, dass Hay einmal Sheriff war, dann aber nur, weil man ihn fünf Tage unter Alkohol setzte und ihm, als er wieder nüchtern wurde, erzählte, man hätte ihn zum Sheriff gemacht. Yeah, aber es soll auch Leute geben, die von alleine nach einem Stern greifen, um hinter dem Abzeichen eine Privatabrechnung zu begleichen. Sage, dass so etwas verdammt übel ist, und Hay Stewens wird das noch übler empfinden!“

„Yeah, soll es geben. Es soll aber auch Leute geben, die nicht nach fremden Brandzeichen fragen, ganz egal, ob sie sich auf einer Pferde- oder Rinderhaut befinden. Sie betrachten alles als ihr Eigentum, bedenke das einmal, Fährmann!“, krächzte Mike vor sich hin.

Die verkniffenen Augen des Fährmannes weiteten sich, krallten sich an Mike fest.

„So ist das?“

„Yeah, so und nicht anders!“

„Kann ich mir nicht denken, Sonny. Hay Stewens mag ein verdammt harter Bursche sein. Ein Kerl, der auch nicht nach den Buchstaben des Gesetzes fragt und sich den Teufel darum kümmert, was man von ihm hält, und was man von ihm denkt. Mag sein, dass er wirklich Dinge auf dem Kerbholz hat, die ihm das Genick brechen könnten, aber eins ist er nicht: Er ist kein Dieb, Sonny. Schluck es nur …“ Der Alte hob beide Hände, als ob er etwas beschwören wollte. „Hay hält sich dort in den Bergen auf, weil er die Menschen hasst und von ihnen enttäuscht ist. Er liebt die Wildnis und fängt Mustangs, die er abrichtet und verkauft.“

„Sicher, leben muss er …“

„Yeah, warum? Du sagst es eigenartig!“

„Weil er sicherlich einen grauen Hengst für die Zucht seiner Pferderudel hat, wie?“

„Er hat ein graues Pferd. Weiß nicht einmal, ob es ein Hengst ist …“

„Danke, das genügt“, unterbrach Mike,

Der Alte schaute ihn an. „Sage dir, Sonny, dass Hay vielleicht viele graue Pferde in seinem Rudel hat, was ist mit deinem los?“

„Find das heraus“, murrte Mike.

„Heh, nichts einfacher als das. Aber vielleicht ist es gut, wenn du mit Hay selbst sprichst, Sonny. Tue aber vorher deinen Orden ab, wenn du ihn findest.“

„Werde es mir merken.“

Mike schwang sich aus dem Sattel. Der Fährmann nickte ihm zu, ging vor ihm her, half ihm, Print in das Boot hineinzubekommen. Das Drahtseil über dem Boot spannte sich, langsam setzte sich das Fahrzeug in Bewegung.

Mike starrte über das Wasser. Die Wellenkämme trugen gischtige Hauben, Rubintropfen umsprühten das Boot, und über die blutig-rote Wasserfläche senkte sich bereits die Dunkelheit.

„Du wirst bald ein Camp aufschlagen müssen, Cowboy. Ich würde die Augen aufhalten dabei!“

Mit einem Ruck warf Mike den Kopf herum, sah den Alten tastend an.

„Dachte es mir doch gleich, dass etwas dahinter steckt. Wie wär’s, wenn du mir den Song deutlicher in die Ohren blasen würdest?“

Der Alte lachte, wischte sich den Schweiß von der Stirn, arbeitete wie besessen weiter. „Yeah“, dehnte er. „Ich habe dir schon zu viel gesagt, denn ich möchte mir kein Blei ins Hirn blasen lassen, genügt’s, Sonny?“

Grimmig nickte Mike.

„Vielleicht war es doch Hay?“

„Vielleicht“, gab der Alte zu, kicherte schrill. „Ich kann dir nicht weiterhelfen. Ich habe dir gesagt, dass Hay in den Bergen steckt. Bin nicht gewohnt, dass man an meinen Worten zweifelt.“ Er verstummte.

Sie hatten die Mitte des Stromes erreicht. Die Strudel zerrten am Boot, warfen an der Windseite weiße Kämme auf. Unruhig, mit bebenden Flanken stand Print, hatte den Kopf gereckt und die Ohren hochgestellt, stampfte ab und zu mit den Hufen die Planken. Das Fahrzeug dröhnte leicht und zitterte.

Mike hielt die Zügel, sprach beruhigend auf ihn ein, Blickte schnell zu dem Alten, dann zum Fährhaus, das drüben am Ufer zwischen den Baumstämmen von der Dämmerung umhüllt wurde.

Scharf dachte er nach, dachte an die beiden Pferdespuren, hörte jäh die leisen Worte des Alten aufklingen. „Du hast Duffa eine Lehre erteilt und ins Gefängnis gebracht. Du hättest ihm diese Chance niemals einräumen dürfen, denn er ist undankbar und wird nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Jedermann ist der Ansicht, dass du Duffa zum Teufel hättest schicken sollen, als er zog. Du hättest manchem Rancher in der Umgebung damit einen Gefallen getan.“

„Ich bin kein Killer, Fellow“, murmelte Mike leise.

Rau und scharf lachte es zurück: „No … das bist du nicht. Darum habe ich dir auch den Rat gegeben, die Augen aufzuhalten und kein Camp aufzuschlagen. Sicherlich werden dir andere Leute geraten haben, das Land auf dem schnellsten Wege zu verlassen. – Well, es wäre das Beste. Männer deiner Art werden nicht alt, oder sie gehen in die Berge und werden wie Hay, werden einsame Lofer!“

„Ich war noch nie menschenscheu“, fuhr Mike auf.

„Kann noch kommen, du bist jung, hast das Leben vor dir, Sonny. Will dir sagen, dass ich einen Traum hatte. Mir träumte von zwei Reitern, die sich an irgendeinem Bach trafen. Einer kam aus einer kleinen Stadt, hatte dort ein nettes Mädchen und … Ich glaube, er war sogar bei einer Ranch Vormann. Der andere … hm, war ein verdammt übles Licht, gehörte wohl zu einer Bande. Sie sprachen zusammen, und dann hatte es der Vormann eilig, wegzukommen.“ Der Fährmann unterbrach sich und wischte mit dem Ärmel über die schweißnasse Stirn. „Eigentümlich, wie?“, erkundigte er sich.

„Sehr. Warum erzählst du mir den Traum nicht zu Ende?“

„Ah … na … es ist also so gewesen. Die beiden besprachen etwas. Der Bandit blieb zurück,

wartete, und als er einen Reiter in der Ferne sah, ritt er los. Wollte wohl nicht gesehen werden. Der Vormann jedoch hatte währenddessen einen Gewaltritt hinter sich, traf sich mit bösen Brüderchen, und allesamt ritten sie los.“

„Well, das klingt glaubhaft, und dann?“

„Dann hatten sie einen Mann in der Falle.“

Mikes Schläfen hämmerten. Seine Zähne knirschten aufeinander. Bleich wurde sein Gesicht, und seine Augen wurden zu glühenden Kohlen. Er verstand, dass es sich um Hug Mills und um Banditen drehte. Aber er begriff die Zusammenhänge nicht ganz.

„Warum erzählst du mir das?“, raunte er heiser.

Der Alte zuckte lässig die Schultern. „Ich wollte nicht, aber seitdem ich neben meinem Haus drei Schatten sehe … Schatten, wo keine sein sollten, habe ich es mir überlegt. Ich mochte Duffa nie leiden und habe so etwas wie eine Schuld zu begleichen.“

Er sagte das so ruhig, als ob sie in einer Großstadt eine Mondscheinpartie auf einem zahmen See machten.

Er hatte kaum ausgesprochen, als ein peitschender Knall vom eben verlassenen Ufer herwehte, gleich darauf flammte neues Mündungslicht von Winchestern und Rifles auf. Wo das Fährhaus war, zeigten sich die hastenden Umrisse mehrerer Reiter. Die Kugeln zischten über die Fahre hinweg, schlugen ins Wasser, warfen kleine Fontänen auf.

Mike ließ die Zügel fallen, versteifte sich, sprang vor. Seine Faust fegte durch die Luft, bremste dicht vor dem Gesicht des Fährmanns.

„Es muss echt aussehen“, keuchte er dem Alten zu. „Es bleibt keine andere Wahl. Ich will nicht, dass sie dir eine Kugel geben.“

Es wurde nur ein leichter Schlag auf die Kinnspitze. Doch aus der Ferne gesehen musste es echt wirken.

Geistesgegenwärtig stieß der Fährmann einen spitzen, gellenden Schrei aus und ließ sich ins Wasser fallen. Die Wellen gurgelten, schlugen über ihm zusammen, über ihn hinweg hetzte Mike, zwang Print aus dem Boot. Pferd und Reiter versanken, und jetzt detonierte es auch am jenseitigen Ufer.

Prustend und schnaubend kam Print zum Vorschein. Wenige Sekunden später Mike. Mit zwei kräftigen Schwimmstößen brachte er sich nahe an das gegen die Strömung kämpfende Tier heran, lenkte es herum, trieb langsam am Boot vorbei, sah die triefende, klappernde Gestalt des Alten am Ruderblatt hängen.

„So long, Fellow!“, prustete Mike.

„Du hast mir das Leben gerettet, Boy. Sie wollten treiben, damit wir schneller zum anderen Ufer kamen und vor Angst auf nichts anderes geachtet hätten“, klapperte der Alte.

„Yeah, gib auf dich Acht. Erzähl ihnen, was du willst. Danke dir!“

„Cheerio, Cowboy!“

„Cheerio, Oldman!“

„Sie werden jetzt an den Ufern entlangjagen, aber die Dickichte am linken Ufer sind kaum zu durchbrechen.“

„Danke für den Tipp.“

Mike O’Kenna war allein.

Vereinzelte Schüsse peitschten noch auf. Aber man mochte einsehen, dass der treibende Pferdekopf und der schwimmende Mann keine Ziele waren, dazu reflektierte das Wasser zu sehr, und die Schatten der Nacht hatten sich stark verdichtet.

Die Strömung trug Print und Mike davon. Das Wasser saugte sich durch die Kleidung, umspülte die Haut. Aber es war nicht kalt. Bei dieser Temperatur konnte man es aushalten.

Mit sicherem Empfinden lenkte Mike Print nach und nach zum linken Ufer, dorthin, wo das Boot landen sollte.

Leise gluckerten und raunten die Wellen. Eine Landzunge tauchte zur linken Hand auf, verschwand. Mit müdem Schwingenschlag kurvte ein Fischadler über dem Fluss, stieg in die Luft, zog hinter der schwarzen Wand aus Tannengehölz ab.

Einmal wandte sich Mike, sah weit hinter sich das Boot und den Fährmann. Der breitflächige Kahn hatte schon beinahe das Ufer erreicht.

Es wurde Zeit, dass sie aus dem nassen Element herauskamen. Jede verstreichende Minute schien dem Wasser die Wärme zu nehmen,

Print fasste festen Boden unter den Hufen, strebte schneller dem Ufer zu. Wenig später waren beide aus dem Wasser, schüttelten sich vor Kälte.

„Himmel … eine Ranch für ein Campfeuer!“, bibberte Mike. Er wusste ganz genau, dass er darauf verzichten musste, und drang in das windgeschützte Unterholz ein, bahnte einen Weg, fand eine mit Moos und Laub aufgefüllte, winzige Lichtung.

„Unser Camp, Print“, flüsterte er heiser. Er zitterte und wusste genau, dass er sich Stunden hindurch in Bewegung halten musste, um in Wärme zu bleiben, dass seine Waffen noch wichtiger waren als Wärme.

Er schnallte ab, breitete seinen Packen zum Trocknen aus, hing die Decke zwischen die Zweige, dann begann er seine Waffen zu zerlegen, zu reinigen. Die Stiefel zog er aus, stülpte sie einfach um.

Immer wieder unterbrach er seine Arbeit, lauschte in die Nacht.

Er hörte Hufschlag in der Nähe, sofort war er neben Print, hielt dem Tier die Nüstern zu, und erst, als der Hufschlag sich entfernte, arbeitete er mit verbissener Energie weiter. Als er Print abrieb, spürte er, wie die Kleider an seiner Haut trockneten.

Seine Augen wurden müde. Schwer wie Blei waren die Lider, sie klappten herunter, und nur allzu oft ertappte er sich, dass er versucht war, sich auszustrecken, einzuschlafen.

Er setzte seinen Willen dagegen und erreichte, dass er wach blieb.

Mike dachte nach. Es war schon recht eigenartig mit dem Traum des Fährmanns. Vielleicht hatte der Oldtimer beide Reiter wirklich gesehen. Einer davon war Mills, daran gab es nichts zu deuteln.

Zum Teufel! Warum war Hug Mills ausgerissen? Nahm er an, dass er, Mike, sich sofort racheschnaubend auf seine Fährte setzen würde?

Kaum, das würde nicht reichen.

Oder war er ausgerückt, weil er eine dringende Verabredung hatte?

Was für eine Verabredung?

Soweit der Fährmann andeutete, war der zweite Reiter, der am Creek auf Mills gewartet hatte, ein Mann aus der Josua-Bande. Himmel! Der Fährmann ging sogar noch weiter in seiner Behauptung, indem er andeutete, dass sie sich trennten, um ihm, Mike eine Falle zu stellen.

Wenn es so war, dann … dann musste Hug Mills genau gewusst haben, dass Mike zu den Bergen wollte.

Da lag der Haken!

Woher wusste er das?

Nur der Sheriff und Amb wussten darum, sonst keiner, oder?

Verdammt! Mike rieb sich die schmerzenden Schläfen, massierte sie, stierte vor sich hin und malte mit den Füßen Figuren ins Moos, blinzelte ins silberne Mondlicht, das zwischen den Zweigen stand und bizarre Muster auf den Waldboden wob, ließ seine Augen zu Print wandern, der mit hängendem Kopf vor sich hin döste.

Es war ein Glück, dass ihm bei der Schwimmtour der Proviant nicht verdarb. Nur wenige angerissene Bisquitbeutel waren feucht geworden. Er griff danach und riss sie ganz auf, gab die Stücke dem Tier und vertiefte sich in Gedanken.

Schon nach kurzer Zeit kam er zu dem Schluss, dass der Fährmann eine Menge wusste, dass er dieses Wissen still mit sich herumschleppte, denn fürwahr, es war eine Last.

Über viele Dinge schien er informiert zu sein. Nur in einer Sache schien er sich zu irren, weil er für Hay Stewens Partei ergriff.

Ein Mann, der Pferde züchtete, hatte allen Grund, sich den grauen Hengst Sturmwind für die eigene Zucht zu holen. Alle Züchter hatten eine Schwäche für gute Pferde, und mancher Mann hatte darum schon ins Gras beißen müssen.

Mike fand keine Ruhe. Seine Gedanken kreisten immer wieder um einen Punkt: Wer hat Hug Mills informiert? Immer wieder dachte er dasselbe und fand keinen Anhaltspunkt.

Er durfte die Ruhe nicht verlieren, musste kühl und bedachtsam bleiben. Er war nicht irgendeiner!

Jetzt trug er einen Stern, hatte eine Aufgabe zu erfüllen, musste für das Gesetz reiten. Und durch das Gesetz wollte er den Mörder seines Vaters finden und den Dieb des grauen Hengstes stellen.

Er lachte scharf auf. Hatte nicht der Fährmann gesagt, Hay Stewens sei Sheriff gewesen?

Yeah, auch das Gesetz machte Fehler und ließ manchmal Leute unter dem Stern dienen, die es nicht verdienten, und gewiss war Stewens so ein Bursche.

Cowboys und Revolvermänner: 3 Romane: Western Roman Trio Band 9

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