Читать книгу Phillu - Günter Holschbach - Страница 11
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ОглавлениеDie vier Mondbewohner hatten sich in der runden Kommunikationseinheit versammelt. Sie saßen gemeinsam um einen rechteckigen Leichtmetalltisch herum. Ein fußballgroßer Mondstein zierte die Mitte des Tischs und verlieh ihm so mehr Standfestigkeit. Die getroffene Maßnahme war insbesondere für Luke enorm wichtig. Bereits vorher stieß er in seiner leicht hektischen Art unbeabsichtigt, aber ziemlich kräftig mit dem Knie gegen die Unterseite der Tischplatte. Wegen der geringen Mondanziehung bekam dieser soviel Aufschwung, dass er sich an Lukes Seite um etwa einen Meter anhob, um dann nach hinten zu kippen. Lästernde Worte von Gloria und Phillip - die stetigen Zeugen von Lukes Ungeschicklichkeiten - erreichten ihn umgehend. Auch wenn sich Luke noch so sehr bemühte, gestaltete es sich für ihn immer wieder als beschwerlich, sein Verhalten den Schwerkraftgesetzen des Mondes anzupassen.
Jeder der Mondastronauten hatte sich mit den gravierend veränderten Umständen mehr oder weniger abgefunden. Keiner von ihnen konnte absehen, wie sich die psychische Belastung auf Dauer auswirkte. Der immer wiederkehrende umständliche Ablauf, bei jedem Verlassen der Container in die Raumanzüge zu steigen, konnte auf Dauer zur Nervenprobe werden. Die Augen erblickten immer wieder das gleiche monotone Bild: Mondstaub, Steine und Felsen. Sich mit dem Mondzyklus vertraut zu machen, hatte allen Vieren in unterschiedlichem Maße Schwierigkeiten bereitet.
Zwei Erdenwochen lang musste ihr Körper die Helligkeit im Mondrhythmus verkraften, und die folgenden zwei Wochen verbrachten sie in der Mondnacht. Zwar speisten die Solarzellen während den heißen Mondtagen die neu entwickelten Hochleistungsbatterien, um in den Mondnächten Strom abzugeben, dennoch ergänzten angeschlossene, nuklearbetriebene Stromaggregate zusätzlich die vollständige Stromproduktion.
Zwei Wochen Tag - zwei Wochen Nacht. Der seit vielen Jahrtausenden angeborene Biorhythmus des Menschen musste mit dieser extremen Zeitveränderung fertig werden. Mondbewohner vorausgegangener Mondexpeditionen kämpften teilweise stark mit diesen Umständen.
Eine Einnahme von Pharmaka blieb daher unvermeidlich. Das ständig bereitstehende Ärzteteam in Houston hielt die Mondbewohner dazu an, möglichst schnell schrittweise die verordneten Medikamente abzusetzen. Die Erfolge fielen - erwartungsgemäß - unterschiedlich aus.
Man legte ein kleines, grünes Paradies auf dem Mond an. Die vorletzte Mondmannschaft hatte die Voraussetzungen dazu geschaffen. Etwa 15 Meter hinter den Wohneinheiten wurde ein Containerbau mit einer flachen Plexiglaskuppel errichtet. Luke säte Rüben, Basilikum, Kresse und setzte kleinwüchsige Baumpflanzen in die mitgebrachte Muttererde vom Planeten Erde. Die frisch geernteten Kräuter verfeinerten die Speisen und schmeckten wohltuend als natürliche Zugaben zu den Dosengerichten. Die kleine Pflanzenwelt entwickelte sich vielversprechend. Luke entnahm sorgfältig Pflanzenableger und züchtete damit neue Pflanzen.
Biologen-Teams auf der Erde träumten bereits von Wäldern, die auf dem Mond angelegt werden könnten. Ziel sollte die Produktion von Sauerstoff sein. Ob das gelang, stand noch in den Sternen.
Diese kleine grüne Welt fiel in Lukes Verantwortungsbereich. Einmal verzweifelte er beinahe, als die Wärmezufuhr während einer kalten Mondnachtphase ausfiel. Nur mit Mühe gelang es ihm, die Pflanzen zu retten.
„Wie sollen wir uns in der geänderten und prekären Lage für die nächste Zeit verhalten?“ Ron hatte das Wort ergriffen und schaute seine Mannschaft auffordernd an.
„Ich denke, wir führen unsere restlichen Forschungsaufgaben sorgfältig und ohne Zeitdruck zu Ende. Es ist davon auszugehen, dass wir weitere Forschungsaufträge von drüben“, damit meinte er die Erde, „bekommen werden.“
„Die da drüben wollen uns eine Sojus-Rakete schicken, vollgepackt mit Materialien. Was meinen die mit den sogenannten Materialien?“, fragte Luke.
„Prima, dass du dieses Thema erwähnst“, bemerkte Ron, „genau das wollte ich noch mit euch besprechen. Fertigt bitte eine Liste mit euren Wünschen an. Soweit es technisch möglich ist, werden diese Wünsche berücksichtigt. Zusätzlich erhalten wir Nahrungsmittel, technische Gegenstände und alles was denen einfällt, uns das Leben ein wenig leichter zu gestalten.“
„Ich möchte meine geologischen Arbeiten intensiv weiterbetreiben“, meldete sich Gloria. „Grundsätzlich freue ich mich darüber, meine Forschungsarbeiten weiter ausdehnen zu können, denn etwas mehr Zeit kann ich gut gebrauchen.“
„Aha, schau an“, meldete sich Phillip leicht spöttelnd, „zuerst weinend sich im Bett verkriechen und dann froh sein, mehr Zeit zu bekommen.“
„Halt, Moment“, widersprach Gloria heftig. „Ich habe von etwas mehr Zeit gesprochen. Das sollte nicht heißen, dass ich ein ganzes Jahr mehr Zeit gutheißen würde.“ Phillip grinste.
Ron schaute auf Luke: „Ich denke, dass du ebenso deine Forschungsarbeiten intensiver vorantreiben kannst.“
„Es stehen noch spannende Experimente aus, in der Fotosynthese und auf dem Gebiet der Enzymreaktionen bei Zellen“, erklärte Luke. „Diese Arbeiten kann ich in Ruhe fortsetzen. Die nächsten Monate bin ich ausgelastet.“
„Und Phillip? Wie sieht es bei dir aus?“ „Tja, solange wir hier sind, seid ihr alle auf mich angewiesen. Bekanntlich bin ich zuständig für die Sauerstoff- und Stromerzeugung und zusätzlich für die Wassergewinnung durch gefrorenes Eis.
Im Rahmen der Vakuum-Pyrolyse muss ständig die Zufuhr von Regolith - also Mondstaub - überwacht werden, damit die Sauerstoffgewinnung nicht unterbrochen wird. Unser kleines Photovoltaik-Kraftwerk für die Stromgewinnung ist zwar fast wartungsfrei, aber nur fast. Es bedarf einer ständigen Überprüfung. Und dann wäre da noch zusätzlich die acht Kilometer weit entfernte Anlage zur Wassergewinnung aus den Olivin-Kristallen. Diese Anlage muss in kurzen Abständen überprüft werden. Außerdem ist ständig für den Nachschub des Rohmaterials zu sorgen. Einmal wöchentlich muss ein Tank mit dem gewonnenen Wasser mit unserem Mondfahrzeug herangeschafft werden. Eigentlich brauche ich euch das alles gar nicht zu erzählen. Ihr seid mit den Abläufen alle bestens vertraut. Passt also auf mich auf und pflegt mich gut. Ich bin eure Lebensversicherung.“
„Oh, Phillip, wir verneigen uns vor dir. Du bist unser Gott des Mondes“, lästerte Luke.
„Eine Verneigung ist das Mindeste, was ich von euch erwarte“, konterte Phillip augenzwinkernd.
Alle drei schauten auf Ron. „Warum starrt ihr mich jetzt so an? Ich habe alle Hände voll zu tun, um auf euch aufzupassen, bin zuständig für die Koordination mit denen da drüben“ - mit der ausgestreckten Hand zeigte er in Richtung Erde - „und habe den gesamten Verwaltungskram zu erledigen.“ „Ja, Papa“, konterte Gloria ironisch mit leicht geneigtem Kopf und einem wirkungsvollen Lächeln auf ihren Lippen.
Ron beendete die Besprechung.
„Ich möchte in einer Stunde mit der MC2 in die Sektion 7 fahren, Ron.“
„In Ordnung, Gloria. Brauchst du Begleitung?“
„Nein, danke. Die letzte Sprengung hat mir einige Aufgaben hinterlassen in skurrilen Gesteinsschichten. Es warten spannende Untersuchungen auf mich.“
„Viel Glück bei deinen Arbeiten. Gib mir Bescheid, bevor du startest, damit ich die Startzeit eintragen kann.“
„Okay.“
Nach einer Stunde rief Gloria Ron an: „Ich fahre jetzt los.“
„In Ordnung. Alle Systeme deines Anzugs habe ich bereits über meinen Rechner gecheckt. Pass auf dich auf.“