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Peking. Ministerium für Staatssicherheit, drittes Büro, Hauptabteilung für die Bereiche Hongkong, Macau und der abtrünnigen Insel Taiwan. Im abhörsicheren Konferenzraum saßen an einem runden Konferenztisch der Hauptabteilungsleiter Nian Yang, der stellvertretende Minister des Auswärtigen Amtes Lee Zhao sowie sein Mitarbeiter und Taiwan-Spezialist Kinay Huang. Die Herren schauten auf ihre Unterlagen, bedienten ihr Notebook, schwiegen und warteten. Noch drei Minuten bis 8:00 a.m.

Die chinesische Höflichkeit gebietet es, einen vereinbarten Termin zwingend einzuhalten. Ebenso schwerwiegend erweist sich das unpünktliche Erscheinen zum Termin. Yang schaute erneut auf die digitale Zeitanzeige über der Eingangstür. Noch zwei Minuten. In diesem Moment deutete ein Summton in der Türe die Freigabe des Zugangs an. Die Tür schwang auf und der Chef des chinesischen Geheimdienstes, Wáng bó shì, betrat den Raum. Deutlich hörbar stellte er seine Tasche auf den Boden, legte in Brusthöhe beide Handflächen gegeneinander, verneigte sich kurz, nahm seine Notebooktasche wieder in die Hand und setzte sich auf den einzigen noch freien Sessel am Konferenztisch.

Unmittelbar und ohne Umschweife begann Yang mit der Besprechung: „Wáng bó shì, geben Sie Ihren Statusbericht ab.“

„Auf Cape Canaveral wurden zwei Lunar-Raketen vernichtet, die dritte schwer beschädigt“, begann Wáng bó shì seinen Bericht.

„Das haben wir bereits erfahren“, bemerkte Zhao mit zynischer Miene in die kalte und unpersönliche Stimmung des Raumes. „Und warum wurden nicht alle drei Raketen vernichtet?“

„Das Sprengstoffpaket des dritten Attentäters konnte nicht genau auf den Punkt abgesetzt werden.“

Zhao erhob sich. „Genosse Wáng bó shì, Sie hatten die Verantwortung für dieses Attentat. Warum ist das schief gelaufen? Geld und Manpower standen ausreichend zur Verfügung. Nach meinen Recherchen könnten die USA es schaffen, bereits nach einem Jahr wieder eine Mondfähre nach oben zu schicken, um die Astronauten abzuholen. Wáng bó shì, Sie haben versagt!“

Jetzt erhob sich auch Wáng bó shì.

„Genosse Zhao. Wir hatten die besten Leute für diese Mission ausgesucht. Sie wurden trainiert und bestens für diesen Job vorbereitet. Sie wissen genau, die absolute Perfektion gibt es nicht. Eine Schwäche kann immer irgendwo im Spiel sein.“ Wáng bó shì zog seine beige Leinenjacke gerade.

„Außerdem“, versuchte Wáng bó shì zu argumentieren, „bleibt noch das Problem der Versorgung der Mondbewohner. Es ist noch nicht klar, ob der Plan mit den Sojus-Raketen wirklich funktionieren wird.“

Zhao antwortete mit gefährlich durchdringend leiser Stimme: „Ich dulde keine Schwächen. Wir hatten nur diese eine Chance! Und diese Chance haben Sie vermasselt! Das wird Konsequenzen haben! Und was die Versorgung der Mannschaft auf dem Mond angeht, da wissen Sie genau, dass die Amerikaner mit den Russen bereits Kontakt aufgenommen haben, um mit amerikanischer Hilfe die alten Sojus-Raketen für Transportflüge zum Mond aufzurüsten!“

Langsam setzte sich Zhao wieder in seinen Sessel. Die zusammengepressten Lippen, die steinernen Gesichtszüge und die kalten Augen von Zhao ließen keine Widerrede zu. Wortlos setzte sich Wáng bó shì ebenfalls wieder in seinen Sessel. Die beiden anderen Herren verfolgten regungslos den Dialog und wagten nicht, sich in die aufgebrachte Diskussion einzumischen.

Erstmals schaltete sich Yang in das Gespräch ein. Im unverbindlichen Befehlston wies er Wáng bó shì an: „Berichten Sie weiter!“

„Die USA sind frühestens in einem Jahr in der Lage, ihre Mondbewohner wieder abzuholen - falls diese das Jahr überleben. Die alten russischen Sojus-Raketen werden mit höchster Priorität und amerikanischer Hilfe weiterentwickelt zu Trägerraketen. Diese werden mit Vorräten sowie weiteren lebensnotwendigen Materialien bestückt und zum einmaligen Gebrauch auf den Mond gelenkt.“

„Können es sich die USA von ihrem wissenschaftlichen Knowhow und ihren allgemeinen Kapazitäten leisten, an zwei Baustellen gleichzeitig zu arbeiten?“, unterbrach Huang in scharfem Ton den mündlichen Bericht von Wáng bó shì.

„Da ist zunächst die Hilfestellung bei der Weiterentwicklung der Sojus-Raketen und zum anderen die mit höchster Dringlichkeit laufenden Vorbereitungen zur Instandsetzung der Lunar-Rakete, die leider durch die Unfähigkeit unseres hier anwesenden Mitarbeiters nicht völlig vernichtet wurde“, meinte Huang mit verächtlicher Miene und wandte sich an Wáng bó shì.

Nur seine hart antrainierte Selbstdisziplin ermöglichte es Wáng bó shì, scheinbar unberührt von Huangs beleidigenden Worten die Frage zu beantworten.

„Grundsätzlich nein. Wäre „nur“ die Lunar-Rakete auf der Basis der bestehenden Pläne zu reparieren, beträgt der Zeitaufwand unter höchstem Druck für die weitere Planung und die Herstellung etwa zehn Monate.“

„Wieso „Planung“, ich denke, die Pläne existieren noch?“, fragte Yang scharf.

„Prinzipiell ist das richtig“, kommentierte Wáng bó shì. „Sie wissen, der Fortschritt geht unaufhaltsam weiter. Wenn Sie heute ein Notebook kaufen, so ist es nächste Woche überholt. In der Raketentechnik ist das verständlicherweise ebenso. Systeme im Inneren der Lunar-Raketen, die vor zwei Jahren auf dem neuesten Stand der Technik waren, sind heute überholt und damit gleichzeitig unbrauchbar. Die heutige Technik muss also den Konstruktionsplänen, die vor ein oder zwei Jahren Gültigkeit hatten, angepasst werden.“

„Das könnte also unter Umständen eine weitere zeitliche Verzögerung bedeuten?“, erkundigte sich Zhao.

„Ja, das ist richtig. Der Reparaturzeitplan für die beschädigte Lunar-Rakete ist unter den gegebenen Umständen kaum einzuhalten.“

„Okay, ein weiteres Plus für uns“, bemerkte Huang lakonisch.

Yang schaute Huang durch seine dicken Brillengläser an:

„Wie verhält sich Taiwan?“

„Die kassieren große Summen Geld von uns, spielen weiter das Spiel der Feindschaft und ihr Verhalten ist mit unseren Vorstellungen konform.“

„Gut“, antwortete kurz Yang. „Alle weiteren Informationen wurden Ihnen übermittelt. Damit ist unsere Besprechung beendet. Über das nächste Treffen werden Sie auf dem üblichen Weg informiert.“

Die Konferenzteilnehmer erhoben sich aus ihren Sesseln, verneigten sich und verließen schweigend den abweisend wirkenden Konferenzraum.

Phillu

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