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KAPITEL 01

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Südöstliche Küste des Baikalsees – 2. Jahrhundert vor Christus

Der Krieg tobte beinahe zweihundert Jahre lang. Blutige Schlachten wurden zwischen der chinesischen Han-Dynastie und dem Stammesverband der Xiongnu ausgetragen, doch für einen letzten Sturmangriff hatte Huo Qubing von der Han-Dynastie eine der größten Armeen aufgestellt, die man seit über einem Jahrhundert gesehen hatte.

Er marschierte anschließend mehr als tausend Meilen weit, um die Streitkräfte des Edlen Prinzen des Ostens anzugreifen. Huos Armee kreiste ihren Feind rasch ein und überrannte ihn. Sie tötete über siebzigtausend Männer an einem einzigen Tag und trieb die übrigen auseinander.

Huos Truppenführer versammelten sich später und General Wei Qing verneigte sich vor ihm, bevor er sagte: »Du hast gesiegt, mein Herr.«

Huo Qubing grunzte und blickte über eine fast endlose Ebene zerschmetterter Leichen. Die Kälte hielt den Gestank zwar gefangen, doch noch immer stieg Dampf wie winzige, scheidende Seelen von den zerfetzten Körpern auf.

»Ich bin nicht nur hergekommen, um zu siegen, sondern auch, um unsere Feinde für alle Zeiten zu vernichten.« Er wandte sich nun wieder seinen Generälen zu. »Tötet sie alle.«

Und so wurden die Überreste der Xiongnu-Armee bis zum Ufer eines eisigen Binnenmeeres verfolgt, das eines Tages als Baikalsee bekannt werden würde. Dort wurden die verbliebenen tausend Xiongnu-Krieger bis auf den letzten Mann abgeschlachtet.

Vor der Rückkehr nach Hause befahl Huo Qubing, dass Vorräte aus den Wäldern beschafft werden sollten. Fleisch von Wild, Bären, Pferden der Xiongnu, und sogar von Wölfen.

Während der folgenden Tage wurden die Männer rastlos und Gerüchte über einen großen Aufruhr draußen auf dem gefrorenen See verbreiteten sich. Sie vernahmen knackende Geräusche und planschendes Wasser in den dunkelsten Nachtstunden, dann begannen plötzlich Männer zu verschwinden – zuerst nur wenige, doch dann immer mehr … und immer nur dann, wenn die Nacht am dunkelsten war. Bald darauf waren Hunderte Han-Krieger verschwunden.

»Deserteure«, verkündete Huo Qubing daraufhin. »Wenn ihr sie findet, exekutiert sie.«

Doch dies diente nur dazu, die Nerven der Männer zu beruhigen, denn keiner der Verschwundenen wurde je wieder gesehen. Und dann gab es noch die Spuren.

Man hatte ihm seltsame Abdrücke gezeigt, die vom See her kamen und wieder zurückführten, zu der Stelle, wo das Eis aufgebrochen war. Huo hatte daraufhin Wachen postiert, doch als zwei seiner getreuesten Männer verschwanden, schloss er sich persönlich der Suche an und folgte den Abdrücken ihrer nackten Füße – bis sie auf eine grausame Scheußlichkeit stießen.

Huo Qubing schluckte schwer, bemühte sich aber, seine Miene unter Kontrolle zu halten, während er auf den Haufen menschlicher Eingeweide und Organe am Seeufer starrte. Er hatte Innereien von Männern schon zuvor gesehen, doch das Unerklärliche an dieser Sache war, dass die Spuren ins dunkle Wasser führten, so als wären die Männer ausgeweidet worden und dann einfach weitergelaufen, als sei nichts geschehen.

In diesem Moment wusste der große Heerführer, dass seine Männer von etwas Bösem ergriffen und in die gefrorenen, tintenschwarzen Tiefen hinabgezogen worden waren. Gegen eine Armee konnte er Krieg führen und siegen, doch er konnte nichts bekämpfen, das er nicht einmal sehen konnte.

Er befahl der Armee, das Lager unverzüglich abzubrechen, und sie marschierten fort. Niemand sprach darüber, was geschehen war, und nach einer Weile wollte das auch niemand mehr.

DAS DING AUS DEM SEE

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