Читать книгу Das Leuchten in mir - Grégoire Delacourt - Страница 20

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Meine Arbeit.

Ich war, glaube ich, für die Worte, die Bücher, die Noten und den Tanz geschaffen, für die nicht greifbaren Dinge, die das Dasein nähren, neue Perspektiven schaffen, andere Proportionen zeichnen, für all die Dinge, die unsere Mauern verschieben und unser Leben erweitern.

Als junges Mädchen träumte ich von Buchhandlungen, Filmarchiven oder einer Arbeit an der Oper, sogar als Platzanweiserin oder Programmverkäuferin, aber nach dem Studium an der Katholischen Uni, einem sechsmonatigen Praktikum in der Buchhandlung Furet du Nord und drei Wochen in der Buchhandlung Tirloy fand ich nur eine Stelle beim Finanzdienstleister Cofinoga.

Ich habe sie sofort gehasst.

Fast zwei Jahre lang verkaufte ich entsetzlich teuer Geld an Leute, die keins hatten und zweifellos niemals welches haben würden. Ich versprach ihnen mit honigsüßer Stimme und klopfendem Herzen das Blaue vom Himmel, verhieß ihnen bessere Tage mit diesem Sofa, jenem riesigen Flachbildschirm, kostbare Freiheit mit diesem Wagen, jenem Motorrad. Und als die Drohbriefe in ihren Briefkästen steckten, weil sie nichts mehr zurückzahlten, weil sie untergingen, weil sie schrien, ohne dass jemand sie hörte, und als das Wasser sehr schnell ihre Schreie ertränkte, schämte ich mich, eine dumpfe, ekelhafte, endgültige Scham; wegen dieser Scham griff ich nach dem Telefon und rief all meine Kunden an, um mich zu entschuldigen und ihnen zu raten, sich auf Artikel R 635-2 des Französischen Strafgesetzbuches zu berufen, gegen einen Kauf nach Nötigung zu klagen.

Ich ging weinend davon und kehrte nie zurück.

Knapp zehn Monate später wurde Manon geboren. Unsere erste Tochter. Eine leichte Geburt nach einer glücklichen, ruhigen Schwangerschaft, begleitet von Opern, die ich liebte, und von den damals neuen Romanen, Sijie, Carrère, Raspail, Maalouf, Claudel. Sie weckten manchmal eine diffuse Lust zu schreiben, aber meine drei Geburten in sechs Jahren, die Unersättlichkeit meines Mannes, wahrscheinlich auch einige Zweifel an meiner Begabung, später dann der Drang nach einer bezahlten Arbeit ließen diese Lust in Vergessenheit geraten. Ich habe nie darunter gelitten, denn Lesen ist auch Schreiben. Wenn man das Buch zugeschlagen hat, setzt man es fort.

Vor den Ereignissen, die den Lauf unserer Leben änderten, arbeitete ich also in einem Kinderbekleidungsgeschäft, anfangs als Vertretung auf Zeit, die sich dann aber in die Länge zog. Die Monate vergingen. Schließlich wurde es ein ganzes Jahr. Und noch eins. Mein Selbstwertgefühl schwand unerbittlich, weil ich mich in der Passivität des Lebens eingerichtet hatte, unfähig, es in die Hand zu nehmen, eingeschläfert von der Brandung der Mittelmäßigkeit. Ich verlor mich selbst. Ich erschöpfte mich darin, nicht fortzufliegen. Ich wurde blasser, und Olivier sorgte sich manchmal; dann sprach er davon, ein paar Tage zu verreisen, Spanien, Italien, die Seen, als würde deren Tiefe meine Wehmut verschlingen. Aber wir fuhren nicht weg, denn wir hatten die Kinder, denn es gab die Niederlassung, denn ich hatte schließlich meinen Frust hinuntergeschluckt, wie es mich meine Mutter gelehrt hatte. Im Stillen leiden – was für eine Selbstverleugnung!

Die Besitzerin des Geschäfts erkrankte an fibröser Knochendysplasie und konnte nicht mehr gehen, sie suchte einen Käufer. Mein Mann dachte daran, das Geschäft zu übernehmen, um mir eine Buchhandlung einzurichten, aber er fand die Fläche zu klein, den Standort zu riskant, während ich alles gewagt, sogar die Wände verschoben hätte.

An jenem Tag kam eine Dame herein und fragte nach etwas für ein Neugeborenes. Einen Jungen. Nichts Teures, es ist für den Enkel meiner Putzfrau, wissen Sie, ach ja, sie liebt lebhafte Farben. Sie kaufte ein weißes T-Shirt mit einer roten Tomate, ein kräftiges, fast leuchtendes Rot. Zwölf Euro. Allerhand. Bei Auchan bekommt man für diesen Preis noch einen Strampler dazu. Dann gehen Sie doch zu Auchan, Madame. Das ist mir zu weit, gestand sie müde.

Nachdem sie mit ihrem hübschen Geschenkpaket den Laden verlassen hatte, tippte ich einen Kündigungsbrief, druckte ihn aus, unterschrieb ihn und steckte ihn in einen Umschlag; ich schloss den Laden und ging zum Mittagessen in die Rue de Béthune, so wie ich es von nun an fast jeden Tag tun würde, bis zum Schluss. Unterwegs warf ich den Umschlag in einen Briefkasten, als würde ich mein Dasein über Bord werfen.

Ich wusste, es gab kein Zurück.

Der Mann aus der Brasserie André hatte in mir Dinge durcheinandergebracht, hatte Porzellan zerschlagen und Nöte wachgerüttelt, die durch die Ruhe meines Lebens betäubt gewesen waren.

Er hatte mich wieder angezündet.

Ein winziger Funken kann Tausende Hektar Wald entzünden, und ein einfacher Stein kann den Lauf eines Baches umleiten, ihn wild und fröhlich rauschen lassen.

Das Leuchten in mir

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