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DIE GESCHENKE DER SONNE

Einmal beschlossen Sonne, Wind und Frost, zusammen durch die Welt zu wandern, sich umzuschauen und zu erkunden, wie es den Menschen gehe, was sie denken und erzählen. Unterwegs begegneten sie einem Menschen, der das Feld beackerte. Alle zusammen riefen sie ihm zu:

„Sei gegrüßt, guter Mann!“

„Danke, danke!“, antwortete der Ackermann.

Die Wanderer gingen weiter ihres Weges. Als sie ein gutes Stück zurückgelegt hatten, fingen sie einen Streit an. Die Sonne sagte, dass sich der Ackermann bei ihr für die Begrüßung bedankte, der Wind sagte, dass er das für ihn tat. Der Frost schwieg erst mit zusammengekniffenen Zähnen, aber dann sagte auch er:

„Er hat sich bei mir bedankt!“

Schließlich entbrannte ein so heftiger Streit, dass die Sonne rief:

„Ich könnte diesen Menschen mit meiner Hitze verbrennen!“

Und der Wind sagte daraufhin:

„Wenn ich blasen würde, könntest du ihn nicht verbrennen!“

Der Frost sagte wiederum:

„Ich könnte diesen Menschen erfrieren lassen!“

Dann sagte der Wind wieder:

„Wenn ich nicht blasen würde, könntest du das allein nicht schaffen!“

So bewies der Wind, dass er mächtiger als die anderen war. Aber der Streit hörte trotzdem nicht auf. Darum beschlossen sie, den Menschen zu fragen, bei wem er sich bedankt habe. Gesagt, getan: Sie kehrten zu ihm zurück und fragten ihn. Der Mensch sagte:

„Ich habe mich bei euch allen bedankt, aber vor allem bei dieser hübschen Dame, die bei der Begrüßung so nett den Kopf gesenkt hat“, und er zeigte auf die Sonne.

Der Wind und der Frost tauschten nur Blicke miteinander aus, beugten sich zur Seite und donnerten mit Blitz und Pfiff hinab. Die Sonne blieb dagegen bei dem Ackermann.


Er lud die Sonne freundlich zu sich nach Hause ein. Sie kamen in das Haus des Menschen und fanden dort jede Menge Kinder. Alle waren noch klein, hungrig und halb nackt. Sie hatten aber große Augen voller Neugier und führten die Sonne gastfreundlich durch ihre Spielecken. Die Kinder taten der Sonne so leid, dass sie anfing, die Kinder zu liebkosen, zu streicheln und auf ihren Strahlen zu tragen. Am frühen Morgen sagte die Sonne zu dem Menschen:


„Vielen Dank für die Unterkunft und Gastfreundschaft. Es ist für mich an der Zeit aufzugehen. Aber ich lasse dir mein Zeichen. Das sind meine Tränen, die ich für dich, für deine Kinder und ihr Elend vergossen habe. Bring sie in den Garten und lasse sie dort. Daraus werden Kräuter wachsen. Nenne sie ‚Sonnentränen‘. Sammle diese Kräuter, lass sie trocknen, mache daraus Extrakte und trage sie in die Welt. Du kannst damit viele Krankheiten heilen. Und dann lasse ich dir noch ein Zeichen – dieses Korn, aus dem eine Pflanze wachsen wird. Du nennst sie die Blume der Sonne. Das wird ein Medikament für dich sein. Dann solltest du noch das Gebet ‚Mein Mütterchen Sonne‘ lernen. Wenn es dir an Brot mangelt, dann sag: ‚Mütterchen Sonne, gib mir Brot!‘ Wenn es dir an Geld mangelt, dann sag: ‚Mütterchen Sonne, gib mir Geld!‘“

Nachdem sie den Menschen so belehrt hatte, erstrahlte sie in ihrer ganzen Pracht und verschwand. Aber die Hütte des Armen war noch den ganzen Tag in den Sonnenstrahlen versunken. Dieser, seine Frau und die Kinder dankten mit erhobenen Händen und sagten:

„Mütterchen Sonne, wir danken dir für den Besuch.“

Sobald es dem Menschen an etwas mangelte, so sprach er dieses Gebet, welches ihm die Sonne beigebracht hatte. Und gleich hatte er alles nach seinen Bedürfnissen. Der Mensch hörte auf, den Boden zu bestellen, und wurde ein bekannter Arzt, der viele Kranke mit den Kräutern, welche ihm die Sonne geschenkt hatte, heilte. Und er selbst trank den Absud von der Sonnenblume und gab seinen Kindern etwas davon. Von diesem Getränk wurden alle weise und stark.

Ein glücklicher Mensch

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