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EIN GLÜCKLICHER MENSCH
ОглавлениеEs war einmal ein König. Er war dauernd krank und wurde mit der Zeit immer trauriger. Kein Medikament konnte ihm helfen, und kein Kraut war gegen seine Krankheit gewachsen. Da rief er einmal alle Ärzte und alle Weisen aus seinem Königreich zu sich und versprach demjenigen, der ihn heilen könnte, sein halbes Königreich. Die versammelten Ärzte und Weisen dachten lange nach; sie konnten aber noch nicht einmal feststellen, an welcher Krankheit ihr König litt und deshalb auch kein passendes Medikament finden. So grübelten sie weiter, bis einer von ihnen sagte:
„Man muss einen wirklich glücklichen Menschen finden und sein Hemd dem kranken König anziehen. Ihr werdet sehen, wie schnell er wieder gesund wird und wie viele glückliche Jahre er noch erleben wird.“
Der König freute sich, als er diese Worte hörte, und schickte ohne zu zögern seine Gesandten in die weite Welt hinaus, damit sie einen glücklichen Menschen für ihn ausfindig machten.
Die Gesandten wanderten von einem Königreich zum anderen, konnten jedoch keinen glücklichen Menschen finden.
Sie sprachen mit vielen Leuten und begegneten Menschen mit unterschiedlichen Schicksalen. Einer war so reich, dass er seinen Reichtum nicht einmal zählen konnte. Als sie ihn sahen, dachten sie, es gäbe keinen glücklicheren Menschen auf dieser Welt. Aber als sie ihn nach seinem Glück fragten, entgegnete er, wie unglücklich er sei. Er habe keine Kraft und sei völlig erschöpft. Als sie einen kräftigen Menschen trafen und ihn fragten, so antwortete der, er sei arm und würde in vielen Schwierigkeiten stecken. Der Vater einer großen Familie stöhnte, er habe zu wenig Brot für seine Kinder. Die kinderlosen Eltern äußerten ihre Sehnsucht nach wenigstens einem Kind. Alles war nicht so, wie es aussah. So kehrten die Gesandten zurück, ohne einen glücklichen Menschen und ohne ein Hemd ausfindig gemacht zu haben.
Als der König den Bericht seiner Gesandten hörte, wurde er noch trauriger und kränker. Keiner konnte ihm mehr helfen.
An einem späten Abend ging sein Sohn spazieren. Er war so traurig über den Bericht der Gesandten und die Krankheit seines Vaters, dass er nicht merkte, wie weit er gelaufen war. Ein einziger Gedanke beschäftigte ihn: Wie könnte er nur seinem Vater helfen! Als er an einer zerfallenen Hütte vorbeiging, hörte er plötzlich, wie ein Mann mit freudiger Stimme sagte:
„Ach, wie schön war mein heutiger Tag! Ich bin so glücklich. Ich habe alles geschafft. Mehr konnte ich nicht machen. Ich habe gegessen, getrunken und gehe jetzt getrost schlafen.“
Der Königssohn freute sich sehr, endlich einem glücklichen Menschen zu begegnen. Er ging hinein und bat den Mann um sein Hemd. Der Mann hörte aufmerksam zu und sagte dann nur: „Das ist doch mein einziges Hemd … Wie könnte ich es weggeben?“
Aber der Königssohn gab ihm so viel Gold, dass er sich ein neues Haus bauen konnte. Für das restliche Gold kaufte er sich eine gute Nähmaschine und feines Leinen, aus dem er dann mit Liebe für alle Bedürftigen bis jetzt Hemden näht, wenn er noch nicht gestorben ist.