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Typische Abläufe einer Sitzungswoche

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Der Bundestag ist nach einer Wahl neu konstituiert, auch die Ausschüsse haben sich gebildet, es kann also mit Volldampf losgehen. Wie erlebt ein Abgeordneter eine solche Sitzungswoche? Es geht für einige schon vor dem eigentlichen Wochenstart los: Sonntags abends Eintreffen in Berlin, falls die ersten Sitzungen bereits für den Montagmorgen angesetzt sind. Bei Abgeordneten, die auch den Vorständen ihrer Partei angehören, ist das regelmäßig der Fall. In besonderen Lagen tagen kleine Zirkel von Entscheidungsträgern auch schon mal am Sonntagnachmittag. Parlamentarische Geschäftsführer und Ältestenrat haben die Themen für die einzelnen Plenarsitzungen bereits in der zurückliegenden Sitzungswoche festgelegt, am Montag treten dann die Vorstände der Bundestagsfraktionen zur Feinplanung zusammen. Bei welchen Tagesordnungspunkten wird es kritisch? Welche ganz frisch diskutierten Themen eignen sich für Aktuelle Stunden? Die bringen den Bundestag regelmäßig parallel zur Gesetzesberatungs-Routine an den Puls der Zeit. Abwechslung ist auch hier der Anspruch: Mal thematisiert die Mehrheit, mal die Minderheit, was ihr aktuell als besonders brisant erscheint. Ist es mit so viel Diskussionsbedarf verbunden, dass eine Stunde nicht ausreicht, kann daraus auch leicht eine längere Debatte werden. Der Montagabend wird auch zu Landesgruppensitzungen genutzt. Denn jede Fraktion organisiert sich nicht nur nach fachlichen Arbeitskreisen, soziologischen Gruppen oder politischen Strömungen, sondern auch nach der regionalen Herkunft der Abgeordneten. So verfolgen die Parlamentarier aus jedem Bundesland, wo es um die Interessen ihrer Heimat geht und wie sie hier aktiv werden sollen.

30 Sekunden sind sie grün, danach 30 gelb, und dann springen sie auf Rot.

Der Dienstag ist einerseits den Sitzungen sämtlicher Arbeitsgruppen und Arbeitskreise vorbehalten. Andererseits treffen sich an diesem Tag regelmäßig die Fraktionen zu Vollversammlungen. Am Anfang geht es zumeist um die aktuelle politische Lage aus der Sicht des Chefs oder der Chefin, worauf sich eine Aussprache anschließt. Das ist der Ort und der Zeitpunkt für wichtige Weichenstellungen. Daraus nehmen Regierungsmitglieder ein umfassendes Stimmungsbild mit, aus dem sich ersehen lässt, welche Projekte ohne Probleme „durch“ gehen, bei welchen noch Korrekturen oder Überzeugungsarbeit nötig sind. Vor allem wird in der Fraktion Zustimmung oder Ablehnung geklärt und wer wozu reden soll.

Spätestens am Mittwoch startet das Plenarsaalgeschehen. Hat am Vormittag das Bundeskabinett getagt, berichtet ein Regierungsmitglied von den Beschlüssen und steht zu weiteren Fragen zur Verfügung. Diese Regierungsbefragung soll möglichst ohne lange Monologe und so abwechslungsreich wie möglich laufen. Deshalb leuchten an den Wänden Lichtzeichen auf: 30 Sekunden sind sie grün, danach 30 gelb, und dann springen sie auf Rot, und der Sitzungspräsident drängt zum Ende. Auch die Fragestunde läuft nach diesem Muster, nur dass für den Einstieg zwei Minuten gestoppt werden. Der Mittwoch ist insbesondere in den Vormittagsstunden als Ausschusstag vorgesehen. Sämtliche Fachausschüsse beraten Gesetze und weitere Vorgänge aus ihrem jeweiligen Bereich.

Der Donnerstag ist der klassische Sitzungstag des Plenums. Am Vormittag werden die wichtigsten Debatten der Woche in einer so genannten „Kernzeit“ aufgesetzt. Gewöhnlich geht es danach mit Gesetzesberatungen bis in den späten Abend, manchmal sogar bis zum frühen Morgen weiter. Wenn es viel zu spät zu werden droht, können im Einvernehmen zwischen den Fraktionen einzelne Beiträge oder ganze Debattenrunden auch zu Protokoll gegeben werden. Nachdem im Herbst 2019 zwei Abgeordnete gesundheitliche Probleme bekommen hatten, verständigten sich die Fraktionen darauf, die Debatten donnerstags möglichst nicht über Mitternacht hinaus zu planen, sondern verschiedene Themen der Woche auf den Mittwoch vorzuziehen. Wichtig für den Verlauf der Sitzungen ist die Abwechslung zwischen den einzelnen Fraktionen, denen im Verhältnis zu ihrer Größe auch entsprechend mehr oder weniger Redezeit zusteht. Im 19. Bundestag teilt sich das so auf, dass die Union von einer Stunde 20 Minuten erhält, die SPD 13, die AfD acht, die FDP sieben und für Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stehen jeweils sechs Minuten zur Verfügung. In kürzeren Runden gibt es ein reduziertes Redebudget. Natürlich kann jede Fraktion ihr eigenes Zeitbudget auch unter mehreren Rednerinnen und Rednern aufteilen.

Am Freitag sind in Sitzungswochen regelmäßig weitere Debatten im Plenum angesetzt. Kommen die bis zum frühen Nachmittag durch, erleichtert dies den Abgeordneten, rechtzeitig zu lokalen oder regionalen Sitzungen in ihrer Heimat zu kommen, auch Orts- und Kreisparteitage sind häufig am Freitagabend wahrzunehmen. Doch manchmal wird das auch knapp.

Die wenigsten Abgeordneten leisten sich dann ein erholsames Wochenende. Es wird in Situationen mit höher schlagenden politischen Wellen viel telefoniert. Und der Wähler vor Ort verlangt natürlich auch danach, seinem Abgeordneten nicht nur zu Wahlkampfzeiten zu begegnen. Vor allem in größeren Flächenwahlkreisen kommen so im Jahr viele tausend Kilometer zusammen, die der Abgeordnete auf dem Weg zu Volksfesten, Versammlungen, Gedenkstunden, Konzerten, Jubiläumsfeiern, Gewerkschaftstagen und vielen Anlässen mehr zurücklegt.

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