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05. ABRAHAM – Weil Glaube keine Heldentat ist – »Die biblischen Geschichten verzichten auf die ‚Delete-Taste‘«. – Bibelstelle: 1.Mose 12-25

MIT IHM fing alles an. Die Geschichte der Juden. Der Christen. Und der Muslime. Abraham, oder arabisch Ibrahim, ist der Stammvater Israels; auf ihn berufen sich die drei großen monotheistischen Religionen. Abraham, ein einfacher Viehhirte, der den Ruf Gottes vernahm und der sich auf den Weg machte aus Ur in Chaldäa, in ein Land, das Gott ihm und seine Nachkommen zum Eigentum verspricht: das verheißene Land Israel. Abraham, der an einem Tag große Siege errang, aber dann, kurze Zeit später, zitternd vor Todesangst gegenüber seinen Feinden die eigene Frau verleugnet. Abraham, der den Himmel besah und dem Gott Nachkommen versprach, groß wie die Zahl der Sterne, und der doch bis ins hohe Alter kinderlos blieb. Abraham, der mit seiner Magd die Ehe brach, weil die Frau an seiner Seite ihre Fruchtbarkeit verlor, und der damit einen Konflikt heraufbeschwor, der zwischen den Nachkommen Ismaels und Isaaks seit Jahrtausenden wütet und der sich in unserer Zeit immer weiter zuspitzt. Abraham, ein Kleingläubiger, den der Schreiber des Hebräerbriefes in der Retrospektive dennoch ein Vorbild des Glaubens nennt.

GOTT MAG ANTIHELDEN

Manchmal kommt es mir vor, als habe Gott eine besondere Vorliebe für »Antihelden«. Zumindest scheut sich die Bibel nicht, die großen Männer der Geschichte Israels von allen Seiten zu beleuchten und nicht einmal die missratenen Perspektiven unter einem Mantel des Schweigens zu verbergen. Die Autoren verzichten auf die »Delete-Taste«. Auch Abraham, der einzigartige Abraham, wird nicht zum strahlenden Helden stilisiert, sondern als ein Mensch mit all seinen Abgründen beschrieben.

Was hat ihn getragen, in seinen Höhen und Tiefen? Was hat ihn zu einem Mann des Glaubens werden lassen? Was ist sein Geheimnis? Über Abrahams Leben steht eine Verheißung, eine Zusage Gottes: »Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein« (1. Mose 12,2). Abrahams Geheimnis ist nicht, dass er einfach Abraham ist. Sein Geheimnis ist die Entscheidung Gottes, ihn, Abraham, auszuwählen, anzusprechen und mit ihm seine Geschichte zu schreiben. »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt« (Johannes 15,16), sagt Jesus seinen Jüngern, als er sie zu einem vertraulichen Gespräch auf die Seite nimmt, um sie auf seinen nahenden Tod vorzubereiten.

Eines dürfen wir wirklich verinnerlichen – aber das ist schwer, denn nur allzu schnell verkommt dieser Gedanke zu einer theologischen Floskel: Der Fixpunkt des Glaubens liegt nicht in uns selber, sondern außerhalb von uns, so wie der Anker des Schiffes Halt findet, wenn er nicht mehr an Deck, sondern am Meeresgrund liegt. Wer das begreift, der gewinnt eine immense Freiheit. Mein Glaube ist dann nicht mehr abhängig von meinem eigenen Zustand, von Sieg und Niederlage. Die Wellen können das Schiff zum Schwanken bringen, aber nicht zum Sinken. Abrahams Geschichte steht beispielhaft für einen Menschen, der sich wieder und wieder von Gott hat ansprechen lassen und der sich immer wieder neu auf den Weg gemacht hat. Ein Mensch wie du und ich.

FRAGEN:• Welchen Menschen und Umständen verdanke ich meinen Glauben? Wie hat er angefangen? Was hat dazu geführt, dass ich ihn in schweren Zeiten oder trotz Versagen nicht verloren habe?• In einem Kinderlied heißt es: »Vater Abraham hat viele Kinder, ich bin eins von ihnen und eins bist du, und so preisen wir den Herrn.« Was verändert sich in meiner Wahrnehmung eines anderen Menschen, wenn ich mich und ihn als gemeinsame Kinder Gottes betrachte?• Und noch ein Kinderlied: »Geh, Abraham, geh, mach dich auf den Weg«. Wohin bin ich unterwegs, welche Richtung verfolgt mein Tag, meine Woche, mein Leben? Gibt es dafür einen Ruf Gottes? Bin ich sicher, oder ist es an der Zeit, innezuhalten und mich neu auszurichten?

POWERBANK

Filmtipp: »Die Bibel – Abraham«,

Zweiteiler von 1993

UWE HEIMOWSKI


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