Читать книгу Zum Tee bei Elisabeth Kübler-Ross - Группа авторов - Страница 10

Оглавление

Gladys T. McGarey

Das Licht in Elisabeth

Als Ärztin, die Elisabeth im letzten Jahrzehnt ihres Lebens persönlich betreute, war Dr. McGarey in der Lage, alle Symptome und das wahre Wesen von Elisabeth Kübler-Ross mit Objektivität und Feingefühl zu erkennen.

Ich glaube nicht, dass es auf der Welt einen Menschen gibt, der nicht auf irgendeine Weise vom Werk Elisabeth Kübler-Ross’ berührt und durch ihr Dasein gesegnet worden ist. Sie hat die Medizin ebenso wie die menschliche Akzeptanz des Lebens selbst verändert.

Elisabeth begriff, dass das Leben ein Durchgang mit einem Anfang und einem Ende ist, und dass es für die Menschheit an der Zeit war, dem Lebensende mit ebenso viel Bewusstheit, Würde und Liebe entgegenzutreten, wie der Geburt zugestanden wird. Diese Wahrheit der Welt mitzuteilen, wurde zum Auftrag ihres Lebens.

Es war ein wahres Geschenk, dass ich sie mehr als dreißig Jahre zu meinen Freunden zählen durfte. Als wir uns in den 1970er Jahren zum ersten Mal auf einer Rednertribüne trafen, war mir, als deckten wir zusammen den Kreislauf des Lebens ab. Ich sprach über die Geburt, und sie behandelte Tod und Sterben. Es gab noch weitere Ähnlichkeiten. Wir waren Ärztinnen geworden, als Frauen es in diesem Beruf noch schwer hatten. Wir waren Pionierinnen und Sprecherinnen über Themen, die für die damalige Medizin in keiner Weise akzeptabel waren. Mein Gebiet war die ganzheitlich-alternative Medizin, und Elisabeth war eine globale Kraft, die gegen die jahrhundertealten Tabus zu Felde zog, die verhinderten, dass über Tod und Sterben offen geredet wurde.

Der Weg, den sie zum Nutzen der Menschheit beschritt, trat schon in ihrer frühen Kindheit zu Tage. Am 8. Juli 1926 in Zürich als Drilling geboren, war sie mit ihren zwei Pfund das Schmächtigste von allen. Sie trat in die Welt mit dem Kampfgeist, der während ihres ganzen Lebens ihr bestimmendes Merkmal war. Schon als Kind setzte sie sich unentwegt für Schwächere ein.

Im Alter von dreizehn Jahren erfuhr sie aus dem Radio, dass die deutsche Wehrmacht in Polen einmarschiert war. Sie war von dieser Tragödie so bewegt, dass sie ihren Eltern erklärte: “Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich, egal was passiert, dem polnischen Volk zu Hilfe kommen werde, sobald ich kann.” Im zarten Alter von neunzehn Jahren sollte sie diesen Schwur erfüllen. 1946 erging an sie als Mitglied des Internationalen Friedensdienstes der Ruf, nach Polen zu gehen. Sie wurde einem Hospital zugeteilt, wo sie nicht nur für fünfundvierzig Freiwillige kochte, sondern auch zwei Sanitäterinnen half, die das ganze ärztliche Personal ausmachten.

Bevor Elisabeth aus diesem Dienst ausschied, kam eine Frau mit einem an Typhus erkrankten, sterbenden Kind in die Klinik. Die Mutter war zwei Tage gelaufen, um herzukommen. Elisabeth wusste, dass nichts da war, womit sie dem Kind helfen konnte. Aber dreißig Kilometer entfernt gab es ein Krankenhaus, und so marschierte sie mit dieser Frau die ganze Nacht, um dorthin zu gelangen. Zuerst teilte ihnen ein Arzt mit, dass er nichts für sie tun könne, doch Elisabeth überredete ihn hartnäckig, das Baby trotzdem aufzunehmen. Nach zwölf Tagen kehrte die Mutter zurück, um ihr genesenes Kind abzuholen. Sie packte eine Handvoll der geliebten polnischen Erde in ein Taschentuch und machte es Elisabeth zum Geschenk. Sie hat es als Andenken immer aufbewahrt.

In der Folge wurde Elisabeth Psychiaterin, Autorin und Vortragsrednerin, und ihre universelle Botschaft veränderte wie eine Naturgewalt das Konzept von Tod und Sterben.

Die Geschichten über Elisabeths unerhörte Fähigkeit zu menschlicher Anteilnahme und Barmherzigkeit sind Legende. Sie werden immer wieder erzählt, wenn Menschen, die durch ihr Leben und ihr Werk berührt wurden, über sie schreiben oder sich versammeln, um über sie zu sprechen.

Sie trat 1995 in einer intimeren Weise in mein Leben. Nachdem sie mehrere Schlaganfälle erlitten hatte, brachte ihr Sohn Kenneth sie zur Erholung nach Scottsdale, Arizona. Es war ein Privileg, sie als ihre persönliche Ärztin betreuen zu dürfen.

Wir standen beide an unserem Lebensabend, zwei Veteraninnen zahlreicher Schlachten. Nun konnten wir uns austauschen und die Veränderungen würdigen, die stattgefunden hatten, weil wir berufen waren, die Fackel zu ergreifen und vorwärts zu tragen.

Kurz nach ihrem Umzug nach Arizona brach Elisabeth sich die Hüfte und wurde ziemlich immobil. Für dieses winzige Energiebündel einer Frau war dies eine unerhörte Herausforderung. Sie war es gewohnt, anderen zu helfen, nicht, sich selbst helfen zu lassen. Es war eine sehr schwierige Zeit für sie.

In der unberührten Wüste von Arizona schuf sie sich eine neue Wohnstatt mit einem Tipi im Vorgarten, einem Totempfahl, den sie von ihrem Hauptquartier in Virginia mitgebracht hatte, und vom Dach ihres Hauses wehte fröhlich die Schweizer Flagge. Ihr Körper mochte beeinträchtigt sein, doch nicht ihr Geist. Sie veröffentlichte weiterhin Bücher, bot Tee an sowie Mitgefühl und Fürsorge für Tausende von Besuchern aus aller Welt.

Eines der Dinge, die ich an Elisabeth besonders liebte, war ihr hartnäckiges Bestehen auf Authentizität und Wahrheit. Eine bezeichnende Äußerung von ihr lautete: “Das ist nicht phony-baloney”, und das war ihr größtes Kompliment. Das war der Kern ihres Wesens.

Da sie eine weltberühmte Frau war, berichteten die Medien über ihren Kampf mit dem Prozess des Sterbens so eingehend, dass viele nicht glauben konnten, dass dies die unerhörte Seele war, die so vielen Millionen Menschen geholfen hatte, sich mit Tod und Sterben auseinander zu setzen. Ja, auch das war Elisabeth, die unverblümte, aufmüpfige Person, die mit ihrer eigenen Sterblichkeit rang und aussprach, wie ihr in diesem Augenblick zumute war – und einige dieser Augenblicke waren unbequem und völlig unakzeptabel für sie. Ich glaube, dass sie es in ihrer eigenen unnachahmlichen Art schließlich fertig brachte, sich mit Leben und Tod auszusöhnen.

Einer ihrer Sprüche, die mir ans Herz gewachsen sind, lautet: “Menschen sind wie bunte Glasfenster. Sie funkeln und leuchten, wenn die Sonne scheint, doch wenn es dunkel wird, zeigt ihre wahre Schönheit sich nur dann, wenn ein Licht von innen scheint.”

Elisabeth besaß wahrhaftig dieses innere Licht. Es zog nicht nur Menschen zu ihr hin, sondern bewirkte einen Strom von Liebe auf individueller und globaler Ebene, der allzu selten ist. Sie war eine der großen Seelen dieser Welt, und ich bin ein besserer Mensch geworden, weil ich sie kannte.

*** Dr. Gladys McGarey blickt auf eine mehr als fünfzigjährige Praxis als Hausärztin zurück. Sie wurde international bekannt durch ihre Pionierarbeit in ganzheitlicher Medizin, natürlicher Geburt und der Partnerschaft von Arzt und Patient. Sie ist die Autorin zweier Bücher, “The Physician Within You” (“Der Arzt in dir”) und “Born to Live” (“Zum Leben geboren”). Dr. McGarey erfüllte vor kurzem eine humanitäre Aufgabe in Afghanistan im Dienst der NGO “Future Generations” und arbeitete mit einer Ärztin zusammen, um Frauen und Kinder in ländlichen Gebieten medizinisch zu versorgen.

Zum Tee bei Elisabeth Kübler-Ross

Подняться наверх