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1.5 Reformvorschläge zur sektorenübergreifenden Versorgung

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Seit Inkrafttreten des GKV-VStG am 01.01.2012 erlaubt § 95 Abs. 1a SGB V nur noch die Gründung von MVZs in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform. Die Krankenhäuser als mögliche Träger dieser MVZs können aber in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaften agieren. Dies legt eine Erweiterung der Rechtsformen bei den MVZ nahe. Zudem sprechen Integrationsaspekte für die Wiedereinführung des Erfordernisses einer »fachübergreifenden Versorgung«.

Förderungswürdige Praxisnetze der Stufen I und II sollten den Leistungserbringerstatus erhalten können. Die bisher enttäuschende Entwicklung der ASV könnte zunächst eine Entbürokratisierung der Teilnahmevorrausetzungen stimulieren. Gleiches gilt für die Schaffung eines speziellen Vergütungssystems, das die Teilnahme insbesondere für die Krankenhäuser finanziell attraktiver macht. Der Selbstverwaltung im G-BA fällt hier die Aufgabe zu, die im Gesetz vorgesehene diagnosebezogene Gebührenordnung zu konzipieren und umzusetzen.

Ein erheblicher Reformbedarf besteht im Zusammenhang mit der besonderen Versorgung im Bereich der wettbewerblich ausgestalteten selektiven Verträge. Zunächst könnte ein ergebnisoffener Wettbewerb zwischen der selektiven und der kollektiven Vertragsgestaltung einen Qualitätswettbewerb auch innerhalb der KVen auslösen. Dies bedeutet im Bereich der selektiven Verträge gleiche Chancen für alle konkurrierenden Vertragsformen und keinen Zwang zum Angebot einer bestimmten Variante, wie z. B. der hausarztzentrierten Versorgung, und keine finanzielle Förderung einer solchen, wie z. B. bei den DMPs. Diese können integrale Elemente im Rahmen einer umfassenderen besonderen Versorgung bilden und ihre Auswahl sollte nicht, wie § 137 f. Abs.1 festlegt, das Gesetz vorgeben, sondern den regionalen Vertragspartnern überlassen bleiben. Wenn überhaupt, verdienen Versorgungsformen mit einem hohen Integrationsgrad, wie populationsorientierte Konzepte, sofern sie bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, eine finanzielle Förderung.

Ein besonderes Hindernis für eine sektorenübergreifende Versorgung stellt der Wirtschaftlichkeitsnachweis der Projekte nach 4 Jahren dar. Abgesehen davon, dass sich der gesamte Nutzen von bestimmten Projekten, wie z. B. von präventiven Programmen, im Rahmen dieser Zeitspanne noch nicht hinreichend nachweisen lässt, erscheint diese Vorschrift im Hinblick auf die Interessen der Vertragspartner überflüssig. Der intensive Wettbewerb der Krankenkassen um günstige Beitragssätze sorgt bereits dafür, dass sie finanzielle Defizite bei diesen Projekten zu vermeiden suchen. In dieser Hinsicht sollte der Gesetzgeber den Vertragspartnern mehr Handlungsfreiheiten einräumen. Unter diesem Aspekt besitzt eine obligatorische Evaluation nur bei Versorgungsprojekten mit einer speziellen bzw. externen finanziellen Förderung eine Berechtigung.

Für eine Erweiterung und einen erfolgreicheren Verlauf der selektiven Verträge im Rahmen der sektorenübergreifenden besonderen Versorgung bedarf es auch eines stärkeren Einbezugs von Pflegeeinrichtungen, Rehakliniken, pharmazeutischen und Medizinprodukteherstellern sowie Apotheken. Letztere können derzeit nicht als gleichberechtigte Partner an der besonderen Versorgung teilnehmen, d. h. mit den Krankenkassen entsprechende Verträge nach § 140a Abs. 3 SGB V schließen. Dabei stellen sie für die Patienten bei vermuteten Krankheiten häufig die erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen dar. Schließlich gibt es im stationären Sektor keine Möglichkeit für einen Wettbewerb zwischen kollektiven und selektiven Verträgen. Dabei bietet sich zumindest für ein bestimmtes Spektrum ausgewählter, elektiver Krankenhausleistungen ein Einstieg in selektive Verträge mit den Krankenkassen an.

Insgesamt gesehen existiert somit bei den verschiedenen Versorgungsformen, die derzeit eine sektorenübergreifende Versorgung ermöglichen, und hier insbesondere bei Konzepten im Rahmen selektiver Verträge eine Fülle von Hindernissen. Die entsprechenden Regelungen bedürfen, um hier nachhaltige Effekte zu erzielen, mit dem Ziel einer effizienteren und effektiveren Behandlung der Patienten einer teilweise grundlegenderen Reform. Die Bund-Länder-AG »sektorenübergreifende Versorgung« (2019, S. 6) empfiehlt hier bisher u. a. ambulante Versorgungsaufträge für stationäre Einrichtungen und einen gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereich mit einheitlicher Vergütung. Diese Vorschläge lassen aber bei der sektorenübergreifenden Versorgung sowohl den integrativen Aspekt als auch den gesamten Bereich selektiver Verträge und die damit verbundenen Chancen nahezu ausgeblendet. Insofern steht trotz zahlreicher anderer Reformen eine aussichtsreiche, vor allem eine wettbewerbliche Ausgestaltung der sektorenübergreifenden Versorgung momentan nicht zu erwarten.

Intersektorale Versorgung im deutschen Gesundheitswesen

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