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6 Die Romanistik zwischen den beiden Weltkriegen

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Es ist hier nicht der Ort, die weitere Geschichte der Romanistik zu skizzieren. Neu hinzukamen die Sprachgeographie, die Etymologika der romanischen Einzelsprachen, die verschiedenen strukturalistischen Schulen, die generativen Ansätze im Gefolge von Noam Chomsky, die Soziolinguistik, die angewandte Linguistik, die Textlinguistik und die Pragmatik, um nur einige hervorstechende Bereiche zu nennen (Kramer/Willems 2014). Es ist auffällig, dass die Epoche der Erneuerung der Romanistik sich nicht in gewichtigen Gesamtdarstellungen dieser Wissenschaft niederschlug: Es gab natürlich weiterhin Darstellungen der Romanistik als Wissenschaftszweig, aber das waren meist Neubearbeitungen von Werken aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, etwa Die romanischen Literaturen und Sprachen von Heinrich Morf und Wilhelm Meyer-Lübke (1925), womit ein umfänglicheres Werk von 1909 aktualisiert wurde.

Insgesamt gelangten die Länder, in denen die Kernbereiche der Romanistik intensiv betrieben wurden, sukzessive unter den Einfluss von rechtsgerichteten politischen Diktaturen: 1923 breitete sich der Faschismus über Italien aus, das hatte aber abgesehen vom zunehmend pompösen Stil der Abhandlungen wenig inhaltliche Auswirkungen auf die Romanistik, und Spanien war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass der Sieg der Franco-Allianz von 1936 Auswirkungen auf die Romanistik gehabt haben könnte. Anders war es in Deutschland, das ab 1933 im Sumpf des Nationalsozialismus versank. Schon 1933 wurden aus rassischen oder politischen Gründen 10 Professoren entlassen, das Französische war in der „Deutschen Oberschule“ seit 1935 kein Pflichtfach mehr, die Restromanistik geriet in den Sog der Rassenkunde und der Wesenskunde, Forschungen zur Völkerwanderungszeit wurden zu Abhandlungen über den Wettkampf zwischen romanischen und germanischem Volkstum (Romania Germanica von Ernst Gamillscheg [1887–1971], Verfasser des Romanistik-Artikels in der Hitler-Festschrift von 1939). Die Romanistik war freilich kein politisch bedeutsames Fach, und so konnte man immer noch unverdächtige Spezialbereiche finden, um den politischen Ansprüchen des Nationalsozialismus auszuweichen (Kramer 2008), und insgesamt kam „die deutsche Romanistik, gemessen an anderen Disziplinen, noch einmal glimpflich davon“ (Hausmann 1989, 47), freilich als auf das Essentielle zurückgeführtes Schrumpffach ohne Gefolgschaft in der jüngeren Generation.

Fachbewusstsein der Romanistik

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