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Vorbemerkung

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»and knives and questions, which, unanswered

close the covers of a book we insist on living in«

Jim Carroll: Living at the Movies

Mit der vorliegenden Anthologie haben wir uns als Herausgeberteam den Wunsch nach einer ambitionierten, vielschichtigen Auseinandersetzung mit dem österreichischen Sagenschatz erfüllt – eine vorsätzlich literarische Wunscherfüllung, die, so ist zu hoffen, auch ganz im Sinne einer wohlwollenden Leserschaft geschehen ist. Die Sage, klar abzutrennen von den verwandten Textsorten Märchen oder Legende, sollte dabei, so unser schon vor Jahren in Gesprächen ausformulierter Gedanke, sowohl auf ihre Verbindungen von Geschichte, Geschichten und Geschichtsschreibung hin befragt werden als auch auf die Kontexte eines zu problematisierenden Erzählens. In der Umsetzung ist dies weit lustvoller und lebendiger als es in diesen etwas spröde anmutenden Sätzen anklingen mag, stehen im Zentrum der Sagen doch oft Fragen und Herausforderungen, die auch in unseren Tagen nichts von ihrer grundsätzlichen Bedeutung eingebüßt haben. Es sind die sprichwörtlich großen Themen, denen wir in unserer menschlichen Zerbrechlichkeit, Schönheit oder auch Schrecklichkeit weder entkommen können noch wollen.

Um diese Aktualisierungen zu gewährleisten, wollten wir unseren Autorinnen und Autoren möglichst viele Freiheiten gewähren, ohne aber auf die einfache, doch wahre Klausel zu vergessen, dass wenige, doch verbindliche Vorgaben anregender wirken können, als wenn einfach alles erlaubt ist (oder zu sein scheint). So entschieden wir uns zuletzt für zwei strukturelle Spielregeln: Einerseits sollte ein deutlicher Bezug zu einer österreichischen Sage, den darin eingelagerten Motiven und dem jeweiligen Bundesland eingelöst werden, andererseits, ganz gemäß den vorliegenden Sagensammlungen, sollte der neue literarische Text im Umfang eher knapp bemessen sein. Dass die Kürze der durch die Sagenforschung zusammengetragenen Texte wohl auch den Bedingungen des Sammelns an sich geschuldet ist, sei an dieser Stelle schon erwähnt – nachdem wir aber sonst keinerlei weitere Vorgaben machen wollten, konnte diesem Umstand von unserer Seite aus Rechnung getragen werden: Neben einer ausführlichen Nachbemerkung, die alle Aspekte der österreichischen Sagen, ihrer Geschichte, Verbreitung und Erforschung vorstellt, haben wir den biografischen Anhang um grundsätzliche Informationen zu den Sagentexten, auf die jeweils Bezug genommen wurde, ergänzen können. Ganz vorsätzlich haben wir auf einen Wiederabdruck der ursprünglichen Texte verzichtet, die ja nicht nur ohnehin leicht verfügbar sind, sondern vielleicht auch eher von den hier erstmals zusammengestellten Beiträgen abgelenkt hätten. Die gelungene Auseinandersetzung mit den Sagen zeigt sich in ihrer lustvollen kritischen Befragung und Aktualisierung, das Spektrum der literarischen Annäherungen reicht dabei von der klassischen Nacherzählung bis zum interaktiven Spiele-Text, von der lyrischen Prosa bis zum filmischen Treatment, vom Essay bis zur dramatischen Szene. Die Zusammenstellung im Band folgt, nach langer Überlegung, einer alphabetischen Ordnung gemäß den Nachnamen der Autorinnen und Autoren – so hat sich nicht nur eine wünschenswerte Durchmischung nach Bezugstexten und Bundesländern ergeben, vielmehr konnten wir so auch verhindern, das insbesondere in unserer Gegenwart so kritisch zu durchleuchtende Moment der Grenze erneut zu bestätigen oder gar zu verfestigen. Vielmehr, und das ist uns mit den hier versammelten Texten hoffentlich gelungen, war es uns ein übergeordnetes Anliegen, das Wandern von Motiven, Bildern und Fragen nachzuzeichnen und dem menschlichen Grundbedürfnis des Erzählens gemeinsam nachzuspüren.

Wir danken deshalb an erster Stelle allen Autorinnen und Autoren, die unserer Einladung so bereitwillig gefolgt sind und uns alle mit ihren Texten beschenkt haben; wir danken dem Team des Czernin Verlags, das unseren Vorschlag mit großer Begeisterung aufgenommen und in allen Phasen der Erarbeitung unterstützt hat, und last, but not least danken wir Noémi Kolbus, die unsere fordernde editorische und redaktionelle Arbeit mit humorvoller Unerschütterlichkeit und viel Elan begleitet hat.

Thomas Ballhausen & Sophie Reyer

(Wien, im Sommer 2020)

Sagen reloaded

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