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4.2.2 Die (erste) Visite

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Wenn die erste Visite einer neu aufgenommenen Patientin oder eines Patienten von einer positiven Grundstimmung und einer engagierten Arbeitsatmosphäre geprägt ist, werden die Weichen in Richtung einer erfolgreichen Behandlung gestellt. Nur ist dies leider keineswegs immer der Fall. Oft werden in der ersten Visite z. B. Zweifel geäußert, ob der Schritt zu einer (teil-)stationären Behandlung wirklich richtig war oder ob die Klinik, Abteilung oder Station überhaupt die Geeignete sei. Im Behandlungsteam kann dies unterschiedlichste (innere) Ereignisse im Sinne von Gedanken und Gefühlen etc. auslösen: Menschen – in diesem Fall Behandlerinnen und Behandler – fühlen sich z. B. gekränkt, dass jemand die Vorzüge der angebotenen Behandlung nicht sieht, fühlen sich nicht gewürdigt und gesehen in ihrem Engagement zum Wohle der Patientinnen und Patienten oder fühlen Resignation und denken den Gedanken: »Wenn das schon so losgeht, kann das ja nichts werden« usw. Auch hier hilft es für das Gelingen der konkreten Beziehungsgestaltung und der Behandlung insgesamt sehr, sich dieser eigenen Gedanken und Gefühle im Hier und Jetzt bewusst zu werden, inne zu halten und ein entsprechend hilfreiches, wert-orientiertes Vorgehen zu wählen. Dazu können wiederum die vier ACT-Fragen aus Kap. 4.2.1. hilfreich angewandt werden ( Kap. 4.2.1).

Aus der klinischen Erfahrung hat es sich zudem hilfreich gezeigt, ganz bewusst den eigenen »Normwert« zu überprüfen und ggf. zu adjustieren: initiale Zweifel der Patientinnen und Patienten an der Behandlung und am klinischen Setting sind so häufig, dass man sie als »Normwert« ansehen kann, selbst wenn es dem eigenen Anspruch, Wunsch oder Selbstbild (vgl. Selbst-als-Kontext) widerspricht. Hierzu gehört, Gedanken wie »Die Patientin muss doch unsere Behandlung als große Chance für sich wahrnehmen« bewusst wahrzunehmen (vgl. Hier und Jetzt), Abstand zu dem Gedanken zu gewinnen (vgl. Defusion) und anzuerkennen, dass Patientinnen und Patienten an unserer Therapie zweifeln dürfen, auch wenn dies in uns unliebsame Gefühle oder Gedanken hervorruft (vgl. Akzeptanz). Dies ermöglicht, gelassener mit dieser Art Situationen umzugehen und uns auf das zu fokussieren, was uns und den Patientinnen und Patienten für die Behandlung wichtig ist (vgl. Werte) und gemeinsam in diesem Sinne zu handeln (vgl. Engagiertes Handeln) – von Anfang an »gemeinsam in einem Boot« zu sitzen.

Letzterer Aspekt ist eine besonders wichtige Komponente der ersten Visite bzw. der ersten Kontakte, nämlich die Verknüpfung der Behandlung mit handlungsleitenden Werten, d. h.: Was ist mir im Leben so wichtig, dass ich diese Behandlung und alles, was damit zusammenhängt, auf mich nehme? Selbst oder gerade wenn diese individuellen Werte – wie oft bei schweren psychischen Erkrankungen – zunächst nicht spürbar und präsent sind, ist es von großer Bedeutung für die anstehende Behandlung, die persönlichen Werte der Person von Beginn an zu fokussieren und zur Sprache zu bringen, da dies den Perspektivwechsel von einer Symptombeseitigung (vgl. Vermeidungsziel/Weg-Bewegungen) hin zu Vitalität und Lebenssinn (vgl. Annäherungsziel/Hin-Bewegungen) unterstützt.

ACT in Klinik und Tagesklinik

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