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3.1 Glaubensloyalität versus Recht auf Wiederverheiratung

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Ein Beispiel betrifft den berühmten Fall eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses, der im Jahr 2000 dort seine Stelle angetreten hat. Die Grundordnung des Dienstvertrages schrieb ihm die Anerkennung und Beachtung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre vor. Eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen kann – so der Arbeitsvertrag – nur bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen gerechtfertigt sein. Ein solcher lag aus Sicht der Krankenhausleitung vor, als der Chefarzt nach erfolgter Scheidung seine neue Lebensgefährtin heiratete. Die Krankenhausleitung kündigte den Arbeitsvertrag. Dagegen klagte der Chefarzt und bekam vom Arbeitsgericht als auch vom Landgericht Düsseldorf Recht, das Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidungen 2014 jedoch wieder auf, mit der Begründung, die Vorinstanzen hätten sich nicht so detailliert mit dem kirchlichen Arbeitsverhältnis auseinandersetzen dürfen. Die Sache wurde vom Bundesverfassungsgericht an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen, welches nun eine Überprüfung des Falles durch den EuGH fordert.

Die Kündigung und die schwierige Urteilsfindung sind für einen Nichtjuristen schwer nachvollziehbar. Es ist einzusehen, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eines katholischen Krankenhauses keine offene oder verdeckte Agitation gegen die katholische Kirche unternehmen dürfen – weder in der Dienstzeit noch in der Freizeit. Man würde es auch als eine Verletzung der Loyalität gegenüber dem kirchlichen Arbeitgeber empfinden, wenn der Chefarzt am Wochenende von Haus zu Haus geht und für die Zeugen Jehovas Werbung betreibt. Aber die eheliche Legitimierung einer Partnerschaft als Grund für die Kündigung zu sehen, nur weil es die zweite Ehe ist und er damit gegen die dogmatische Norm der Unauflöslichkeit der Ehe verstoßen hat, geht als Begründung wohl zu weit, weil es mit der eigentlichen Aufgabe eines Chefarztes in keinerlei Beziehung steht. Das weltliche Recht auf Wiederverheiratung gerät mit dem kirchlichen Arbeitsrecht in Konflikt, in so einem Fall könnte man für Mäßigung plädieren.

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