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1 Einleitung

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Kirchenleitungen nehmen ländliche Räume als Herausforderung wahr – für sich selbst und für die Gesellschaft. 2013 wurden hochrangige Experten aus Kirche, Kultur, Politik und Universität zum Gespräch eingeladen, um die Situation der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) zu diskutieren. Es zeigte sich, dass der Beitrag der Kirche zum gesellschaftlichen Leben als bedeutend eingeschätzt wurde; von der Kirche wird in dieser Hinsicht viel erwartet – zur Überraschung mancher Kirchenleute! Welchen Beitrag Kirche tatsächlich leisten kann, ist eine offene und gute Frage. Insgesamt war das Expertengespräch stark von dem Thema »entvölkerter Regionen« geprägt.1 Demographische Wandlungen durch Wanderungsbewegungen und Altersverschiebungen stellen die Organisation der Volkskirchen in Frage. Von der Lieth, Geschäftsführer der Hilfswerk Siedlung GmbH, dem Immobilienunternehmen der EKBO, bringt die organisatorischen Herausforderungen auf den Punkt:

»Ich glaube, dass im ländlichen Bereich die dreigliedrige Struktur aus landeskirchlicher Verwaltung, Superintendenturen und Kirchengemeinden nicht funktionieren kann. Diese Konstruktion funktioniert nur im städtischen Bereich. […] Ich kenne eine Kirchengemeinde, zu der ein Dorf mit 80 Einwohnern gehört. Zehn davon waren Kirchenmitglieder, von denen waren wiederum weit über die Hälfte über 80 Jahre alt. Dort ist ehrenamtlich organisierte Arbeit eigentlich nicht mehr möglich.«2

Einerseits erscheint die kirchliche Organisationsstruktur als unangemessen für die gegebene Situation in ländlichen Räumen und andererseits sind die personellen Ressourcen auch im Bereich des Ehrenamtes dünn. Für Berlin-Brandenburg ergeben sich solche Situationen, weil Regionen derzeit eine höchst unterschiedliche Entwicklung durchlaufen. Von den 2,5 Millionen Brandenburgern leben 50 % in der Nähe Berlins. Bis 2030 wird die Bevölkerungszahl in Brandenburg um 300 000 Personen abnehmen. Dieser Rückgang findet jedoch mehrheitlich in den Regionen statt, die weit ab von Berlin liegen.3 Genau dies setzt kirchliche und gesellschaftliche Institutionen und Infrastrukturen unter Druck.

Derartige Problemanzeigen bzw. Problemwahrnehmungen sind nicht auf die EKBO beschränkt. Schon 2007 gab die EKD ein Strategiepapier für ländliche Räume heraus, welches ein breit gefächertes Instrumentarium zur Wahrnehmung ländlicher Räume bereithält.4 Hier werden strukturschwache Räume mit Reduktion kirchlicher Präsenz und dem Erhalt einer Grundversorgung in Verbindung gebracht.5 Damit geraten auch hier einerseits die abgelegenen, ländlichen Räume als potentiell gefährdete Teilgebiete der kirchlichen Organisation in den Blick. Andererseits werden auch die »Ländliche[n] Räume im engeren Umfeld von Verdichtungsgebieten – Kirche mit Wachstumsperspektive« wahrgenommen.6

Bischof Dröge beschließt das »Schwanenwerder Gespräch« 2013 mit der Einsicht, »dass wir die regionalen Unterschiede noch schärfer sehen müssen, als ich [sic] sie bisher gesehen habe.«7 So kann an dieser Stelle festgehalten werden: Die Wahrnehmung der ländlichen Räume changiert demnach zwischen Wachstumsaussichten und bedrohlichen Schrumpfungsszenarien. Weiterhin wird eine differenzierte Sichtweise hinsichtlich der Unterschiedlichkeit von Regionen eingefordert.

Für eine Untersuchung des Landpfarramts ist aus den genannten Gründen eine differenzierte Beschreibung ländlicher Räume wichtig. Hierzu zählt auch die Abgrenzung der ländlichen Räume von städtischen Gebieten. Diese Deskriptionen sind notwendig für eine präzise Wahrnehmung des Untersuchungsgegenstands. Von gesteigertem Interesse sind natürlich die ländlichen Räume, in denen die Herausforderungen für das kirchliche Personal größer erscheinen.

Deswegen werden nun Beschreibungen des ländlichen Raums aus Geographie und Soziologie nachvollzogen. Anschließend werden die Arbeiten aus der Praktischen Theologie aufgerufen, die sich mit diesem Feld beschäftigen und Einschätzungen bezüglich der Belastungen des Pfarrpersonals geben. Dann wird das Vorgehen in unserer Studie beschrieben, um Stadt und Land voneinander zu unterscheiden. Es folgt die Darstellung unserer Kategorisierungen und somit die Festlegung, welche Pfarrer wir als eher ländlich oder städtisch eingeordnet haben.

Stadt, Land, Frust?

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