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Vorwort von Paul Michael Lützeler (Washington University, St. Louis)

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Ein Höhepunkt der Aktivitäten des Internationalen Arbeitskreises Hermann Broch war Anfang Juni 2019 die internationale Tagung Broch und der ‚Brenner‘ an der Universität Innsbruck. Sie wurde von mir zusammen mit der Innsbrucker Kollegin Ulrike Tanzer, Direktorin des Brenner-Archivs, und ihrem Mitarbeiter Markus Ender vorbereitet. Dieses Symposium beschäftigte sich vor allem mit dem Frühwerk Brochs, das ohne den Kontakt von 1912/13 zu Ludwig von Ficker als Herausgeber der Kulturzeitschrift Der Brenner nicht denkbar ist. Die ersten Essays Brochs erschienen dort, und die Spurensuche der frühen Wirkungen auf das spätere Werk war ergiebig. Markus Ender und ich bereiteten anschließend die Dokumentation des Symposiums in der Reihe Edition Brenner-Forum vor, die vom Brenner-Archiv herausgegeben wird.

Der einleitende Vortrag von mir spricht viele der Themen an, die in den Vorträgen im einzelnen untersucht werden. Beim Tod des Vergil sind direkte Bezüge zwischen dem späten Roman und den frühen Publikationen im Brenner – sieht man von Einflüssen Theodor Haeckers ab – nicht unvermittelt herzustellen, weshalb hier auf eine Spurensuche verzichtet wurde, obgleich die frühen kulturkritischen Anmerkungen sowie die Reflexionen über Ethik und Ästhetik in der Entwicklung hin auf den Roman nicht unterschätzt werden dürfen. An den Anfang wurde die Untersuchung von Markus Ender gestellt. Hier wird der Stellenwert der Korrespondenz zwischen Hermann Broch und Ludwig von Ficker in ihrer Verhältnismäßigkeit gesehen: Wie wichtig war sie für Broch, wie wichtig für den Herausgeber der Zeitschrift? Seine Entwicklung hin zum Essayisten und Romancier ist ohne die Friktionen mit und ohne die Parallelen zu Ludwig von Fickers Ambitionen schwer vorstellbar. Das zeigen im Hinblick auf die ethisch motivierte Kulturkritk und die modern ausgerichtete Ästhetik im einzelnen die Beiträge von Anton Unterkircher, Monika Ritzer, Stephen Dowden und Steen Tullberg. Jürgen Heizmann, Sarah McGaughey und Sigurd Paul Scheichl weisen nach, wie sich die frühe Auseinandersetzung mit den inzwischen kanonisierten Autoren Thomas Mann und Karl Kraus sowie mit dem schon bald wieder vergessenen Carl Dallago im Romanwerk Brochs nachweisen lässt. 1936/37 stellte Broch den lange unterbrochenen Kontakt zu Ludwig von Ficker erneut her. Damals schrieb er die politische, gegen Menschenrechtsverstöße totalitärer Staaten gerichtete Völkerbund-Resolution, über die Werner Wintersteiner einen Aufsatz beisteuert.

Symposien sind mehr als aneinandergereihte Vorträge. Die Diskussionen, für die dankenswerterweise genügend Zeit angesetzt worden war, trugen zur Differenzierung des Bildes bei, das wir vom jungen Broch haben. Kollegial, ja freundschaftlich waren auch die Gespräche am Rand, die sich nicht zuletzt bei dem wunderbaren Ausflug nach Mösern in Tirol ergaben, zu jenem Dorf, in dem Broch 1935/36 im Klotz-Hof seinen Roman Die Verzauberung schrieb. Die Klotz-Familie bewirtschaftet in der Enkelgeneration den Hof immer noch, und man freute sich über unseren Besuch. Seit den 1960er Jahren erinnert eine Gedenktafel der Österreichischen Gesellschaft für Literatur am Klotz-Hof an die Zeit Brochs in Mösern. Bei den Spaziergängen auf den Spuren Brochs entdeckten wir auch einen als „Broch-Weg“ ausgewiesenen Pfad, der zum Möserer See führt. Der Blick in die schon Broch „verzaubernde“ Tiroler Bergwelt sowie die Besichtigung der Friedensglocke in Mösern sind in bester Erinnerung geblieben.

Für die Gastfreundschaft des Brenner-Archivs und für den von Christine Riccabona organisierten Ausflug gilt unser Dank Ulrike Tanzer. Das Symposium war der Beitrag des Brenner-Archivs zu den Feiern im Umkreis des 350. Geburtstags der Universität Innsbruck.

Paul Michael Lützeler, Januar 2020

Hermann Broch und Der Brenner

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