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Zwei Wochen später

„Was ist das hier?“, fragte ich gähnend den Chauffeur, den Dad mir gnädigerweise für diesen Tag überlassen hatte.

„Wir sind am Ziel“, informierte mich der Mann hinter dem Lenkrad.

„Welches Ziel?“

Wach war ich definitiv noch nicht. Während der Fahrt war ich kurz eingenickt und hatte beim Aufwachen für einen Moment geglaubt, dieser Morgen wäre nur ein Traum gewesen.

„Beim Tierheim. Heute ist ihr erster Arbeitstag.“

Ach ja, jetzt fiel mir wieder ein, warum ich mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen worden war. Mein Vater war tatsächlich der Meinung, er würde mir etwas Gutes tun, indem er mich anstatt zu sabbernden alten Leuten zu sabbernden Hunden schickte. Meine Stimmung war bereits beim ersten Piepsen des Handyweckers auf null gesunken. Ich fragte mich, warum man immer im schönsten Moment aus seinen Träumen gerissen wird. Und dieser Traum hätte wegen mir ewig weitergehen können:

Nur mit einem Morgenmantel aus fließendem Satin bekleidet stand ich vor ihm. Er drehte mir den Rücken zu, an seiner rechten Schulter blitzte ein Tattoo auf. Die halblangen braunen Haare fielen ihm in den Nacken und seine Jeans saß lässig auf den Hüften. Ich bewegte mich lautlos auf ihn zu, meine Hand tastete nach seiner Schulter. Da drehte er sich um und überfiel mich mit einem stürmischen Kuss. Ich konnte es beinahe fühlen, einen so realistischen Traum erlebte ich zum ersten Mal. Er löste die Schleife meines Morgenmantels und schob ihn auseinander. Ich zitterte, alles an mir pulsierte vor lauter Gier nach seinem Körper, seinen Küssen und seinem ...

Ich wusste nicht, wer der Mann war, der mir in letzter Zeit den Schlaf versüßte, doch wurden unsere Traumbegegnungen mit jedem Mal intensiver. Er sprach nie, ein Blick auf sein Gesicht war mir bisher auch verwehrt geblieben, und doch wusste ich, dass ich ihm komplett verfallen war. Alles an mir wollte ihn, mein Traum-Ich war willenlos in seiner Gegenwart.

Plötzlich lagen wir nackt auf meinem Bett. Den Teil des Ausziehens hatte meine Fantasie übersprungen. Ich schlang meine Beine um seine durchtrainierten Hüften und bog mich ihm entgegen. Sprechen musste ich nicht, er wusste auch so, was ich wollte. Mein Traumprinz griff zwischen meine Beine und ... In genau dieser Sekunde war ich im Bett hochgeschnellt. Ein paar Flüche waren mir durch den Kopf gegangen, von denen ich gar nicht wusste, wo ich sie aufgeschnappt hatte. Ich versuchte zwar, bis zum nächsten Tüdelü der Schlummerfunktion weiterzuschlafen, doch mein erotischer Traum war verpufft.

Eine Stunde später fand ich mich in einer Art Trancezustand auf dem Rücksitz des Jaguars wieder und sah mich um. Durch die getönten Scheiben der Seitenfenster erkannte ich ein graues Gebäude, das vermutlich das Tierheim darstellen sollte. Schlaftrunken ließ ich das Fenster herunter, um besser sehen zu können. Hätte ich es doch nur zugelassen! Das Haus war ein hässlicher Klotz mit einem Gitterzaun an der Seite und ein paar Rostlauben davor, und es strahlte eine unangenehme Gefängnisatmosphäre aus.

„Das soll wohl ein Witz sein ... haben Sie sich nicht verfahren?“

Ich konnte sehen, wie Achims Mundwinkel zuckten.

„Soll ich Sie zur Tür begleiten?“, bot er freundlich an.

Noch bevor er die Frage beendete, stieg er aus und öffnete mir schwungvoll die Autotür. Ein miefiger Geruch schlug mir entgegen. Das, zusammen mit dem Hundegebell im Hintergrund, ließ die Baracke vor mir nur noch düsterer wirken. Hier sollte ich allen Ernstes die nächsten Wochen jeden Tag verbringen? Wer auch immer sich ausgedacht hatte, dass Straftäter (als solcher galt ich wohl) anstelle einer Bewährungsstrafe oder einer angenehmen Geldbuße zu Zwangsarbeit in einem versifften Loch verurteilt wurden, musste ein Sadist gewesen sein.

Ich hätte zum Eingang gehen sollen, aber alles in mir sträubte sich, dem Gebäude näherzukommen.

Nein, das können sie vergessen! Ich fahre wieder heim, leg mich ins Bett und sage, ich wäre krank.

Ich spürte sowieso schon den ganzen Morgen ein Kratzen im Hals, fiel mir auf. Mein Magen machte auch so ungesunde Geräusche.

Ich steige einfach wieder ins Auto und lass mich am Arsch lecken.

„Ich hole Sie dann um 16 Uhr ab!“, hörte ich Jochen oder Achim sagen, seinen Namen konnte ich mir ganz schlecht merken, gleich darauf klackte hinter mir eine Autotür.

„He, warten Sie!“

Scheiße. Dieser Mistkerl hatte bestimmt die Anweisung, mich hier stehenzulassen. Für einen Moment überlegte ich, mir ein Taxi zu rufen, doch hätte mir das nur einen Tag Aufschub gebracht. Da ich mich nicht ewig vor meiner Strafe drücken konnte, beschloss ich, die Sache hinter mich zu bringen. Vorsichtig ging ich auf die Eingangstür zu. Ein paar Meter entfernt begann der Gitterzaun, das musste der Freilauf für die Hunde sein. Je näher ich kam, umso hysterischer wurde das Gekläffe aus dieser Richtung. Mit Hunden hatte ich keinerlei Erfahrung, abgesehen von den Handtaschen-Fiffis meiner Freundin Clarissa. Hinter dieser Absperrung vermutete ich jedoch etwas größere Exemplare mit ausgeprägterem Gebiss. Vor meinem inneren Auge sah ich mich schon unter einer Meute Dobermänner liegen, die sich ausgehungert auf mein zartes Fleisch stürzten.

„Ja, ich komm ja schon. Sie müssen nicht gleich Sturm läuten!“, erklang es genervt von der anderen Seite der Tür.

Eine üppige Frau zwischen Ende vierzig und Anfang fünfzig begrüßte mich mit einem mürrischen Gesichtsausdruck.

„Morgen. Ich bin hier weil ... Das Gericht hat mich geschickt.“

„Name?“

„Maxdorfer.“

Ihr Gesicht nahm einen freundlicheren Ausdruck an, sobald die Frau meinen Namen hörte.

„Ah, Sie sind das. Dann kommen Sie mal rein. Ich bin Ute Kazcinski, die Leiterin des Tierheims.“

Ich folgte der gestresst wirkenden Frau mit den zotteligen aschblonden Haaren in einen kleinen Aufenthaltsraum ... ein Büro ... oder was auch immer das sein sollte, ich konnte es nicht eindeutig identifizieren. Alles war vollgestellt mit Tierzeug; zwischen Katzenkörben, Hundeleinen, und Kisten mit Tierspielsachen stand auf einem Klapptisch ein PC, etwas weiter hinten gab es eine winzige Küchenzeile und daneben eine altmodische Eckbank. Wenigstens sah es sauber aus.

„Ihre Tasche können Sie da unten reinstellen, da kommt nichts weg“, sagte sie im Vorbeigehen.

„Wo genau meinen Sie? Doch nicht etwa da unter der Spüle?“

Mit beiden Händen presste ich die Henkel meiner Louis-Vuitton-Tasche fester an mich. Offenbar entgleisten auch meine Gesichtszüge, denn die Frau blieb stehen und setzte ein mildes Lächeln auf.

„Die war wohl ziemlich teuer, hm? Sie können Sie auch in dem Schrank da verstauen. Und ihre Jacke ...“ Sie betrachtete mich kopfschüttelnd von oben bis unten. „Die Jacke ziehen Sie am besten aus. Haben Sie noch was anderes dabei, ein altes T-Shirt oder so was?“

„N ... nein.“ Langsam drängte sich mir der Verdacht auf, dass ich für dieses Ambiente leicht overdressed war. Heute Morgen hatte ich in der Hektik blind ein Sommerkleid aus dem Schrank gerissen und mir beim Rausrennen die neue Seidenjacke übergeschmissen. Diese Ute Ka...irgendwas war passender für diesen Job hier angezogen mit ihrer ausgewaschenen Karottenjeans und den billigen Stoffturnschuhen.

Nachdem ich meine Jacke ausgezogen und behutsam über eine Stuhllehne gehängt hatte, setzte ich mich auf ein freies Plätzchen der Eckbank und schielte zur Kaffeemaschine. Sicher würde mir die Frau erstmal einen starken Kaffee anbieten und eine Stunde lang erklären, was ich hier zu tun hätte.

„Dann kommen Sie mit, das Hundehaus muss sauber gemacht werden. Mit der Hygiene nehmen wir`s sehr genau, wegen Krankheiten und so, außerdem fühlen sich die Tiere viel wohler, wenn es sauber ist.“

Also kein Kaffee. Na gut, darum konnte ich mich auch kümmern, während ich die Putzfrau beaufsichtigte.


Das war der schlimmste Tag meines Lebens! Zur Krönung hatte mich auch noch der Chauffeur vergessen und ich hatte in der brütenden Hitze ewig auf ein Taxi warten müssen. Ich wollte nur noch heim, in den Pool springen und es mir im Schatten mit einem kalten Cocktail gemütlich machen.

Als ich erschöpft und verschwitzt mit einem meiner Schuhe in der Hand die Einfahrt hochhumpelte, wäre ich beim Anblick des Ferraris vor dem Eingang am liebsten gleich wieder umgedreht. Die einzigen in meinem Freundeskreis, die eine solche Nuttenschleuder fuhren, waren Clarissa und ihr Bruder. Den Spott der beiden hörte ich jetzt schon: „Süße, wie siehst du denn aus? Einen Ausflug in die Gosse gemacht?“

Das verstand Clarissa unter Humor. Passend dazu würde sie ihre Sonnenbrille bis zur Nasenspitze vorziehen und ihrem Bruder zuzwinkern: Christoph Johann Emanuel der Dritte. Eine Mischung aus Robert Pattinson (rein optisch) und einem Arschloch. Seit der Shades-of-Grey-Hype angefangen hatte, hielt sich dieser Typ für einen zweiten Christian Grey und trug die Nase noch ein Stück höher als sonst. Auch seine Reaktion auf meinen Zustand konnte ich mir lebhaft vorstellen: anzüglicher Spruch, gelüpfte Augenbraue, arrogantes Kopfschütteln.

Um den beiden aus dem Weg zu gehen, schlich ich zur Terrasse, nicht ahnend, dass es sich dort der Möchtegern-Casanova bequem gemacht hatte. Er lag sichtlich gelangweilt im Anzug auf meiner Liege und stocherte mit dem Schirmchen in einem Cocktail rum. Zum wiederholten Mal bestätigte er meine Annahme, er wäre nicht ganz dicht. Wer sonst würde sich bei dreißig Grad im Schatten in Hemd und Jackett auf eine aufgeheizte Terrasse legen? Die obersten Hemdknöpfe natürlich offen, damit man seine blasse Brust sehen konnte. Seine Schwester saß daneben und hielt sich einen kleinen Handventilator vors Gesicht.

Ich wollte mich hinter einen Busch werfen, bevor sie mich entdeckten, aber es war zu spät.

„Oh, Süße, was ist denn mit dir passiert?“, schallte es mir entgegen.

„Frag lieber nicht ...“ Ich zog rasch meinen zweiten Schuh aus und schleppte mich zu den Liegen. Clarissa begrüßte mich mit Küsschen links und rechts, ihr Bruder sagte nichts. Ich ertrug diesen Menschen selten länger als fünf Minuten; wäre ich fitter gewesen, hätte ich ihn mit einem Tritt von meiner Lieblingsliege befördert.

„Warum seid ihr so früh schon da? Hast du meine SMS nicht bekommen?“, fragte ich Clarissa, die sich steif auf einen Liegestuhl setzte. Ihr hautenges weißes Kleid war nicht für gemütliche Körperhaltungen gemacht. Vermutlich hatte sie Angst, eine Naht könnte aufplatzen. So sehr sie auf ihre Kleidung Wert legte, so wenig Zeit investierte sie in ihre Frisur. Ich hatte sie nur selten mit einer anderen Frisur als diesem akkuraten Pferdeschwanz gesehen, dabei hätte sie mit einem leichten Stufenschnitt weniger streng gewirkt. Clarissa war keine Schönheit, dafür waren die korrigierte Nase und die modellierten Wangenknochen viel zu perfekt. Ein typisches Hollywoodgesicht, das jegliche Ausstrahlung vermissen ließ. Aber sie fühlte sich damit wohl, also erwähnte ich das Thema Schönheits-OPs so gut wie nie.

„Wir waren grad in der Nähe und wollten wissen, wie dein erster Tag war“, flötete sie.

„Die Hölle“, murmelte ich.

Mit einer grazilen Bewegung griff Clarissa nach dem Cocktail auf dem Tischchen neben sich. Für mich war leider keiner vorbereitet. Wo steckte eigentlich der Butler? Mir klebte schon der Mund zusammen. Am liebsten hätte ich Clarissa das Glas aus der Hand gerissen und mir alles auf einmal reingeschüttet. Da ich wusste, wie gerne sie sich über meine Herkunft lustig machte, ließ ich das bleiben. Ich sollte dazu sagen: Clarissa und ihr Bruder waren zwar in meinem Alter, sie trieben sich ebenfalls ständig auf Partys rum, aber man merkte ihnen deutlich ihre strenge Erziehung an. Oder sollte ich besser sagen: die abgehobene Erziehung? Ihre Familie gehörte zum alten deutschen Adel, was sich darin äußerte, dass alle mit einem Stock im Arsch auf die Welt gekommen waren. Als ich damals als Zwölfjährige auf die Privatschule gewechselt war und mich noch normal auf einen Stuhl setzte, hatte Clarissa bereits eine perfekte Society-Lady verkörpert. Zumindest hatte sie sich in der Öffentlichkeit so verhalten. Stets eine aufrechte Haltung wie festzementiert, die Nase entsprechend weit oben und ein verhaltenes Lachen, wenn sie es für angebracht hielt. Mittlerweile lachte sie häufiger und drückte sich bei ihren Freunden nicht mehr so geschwollen aus, aber das Verkrampfte hatte sie sich nie ganz abgewöhnt. Wenn ihre Familie wüsste, was ich mit ihr und dem Mann mit den drei Vornamen schon alles erlebt hatte ... sie würden sich vor Scham alle die Kugel geben. Und mein Vater dachte allen Ernstes, ich wäre überdreht. Er hatte eben noch nie gesehen, wie sich Clarissa von ihrem eigenen Bruder im Suff Champagner vom Körper lecken ließ. Zur Entschuldigung der beiden sollte ich erwähnen, dass sie und ihr Bruder die meiste Zeit ihres Leben getrennt verbracht hatten – er in einem Internat, sie auf der örtlichen Privatschule. Kurz vor der peinlichen Champagner-Nummer war Christoph vom Internat zurückgekehrt, um mit seiner Schwester ihren 18. Geburtstag zu feiern. Ich war selbstverständlich auch anwesend, ebenso am nächsten Tag, als Clarissa bei Gräfin von-und-zu mit abgespreiztem Finger am Tee nippte, während Mr. Cool die Anwesenden mit einer Geschichte über ein angebliches Wohltätigkeitsprojekt seinerseits langweilte. Das einzig Wohltätige, das ich bei diesem Menschen jemals erlebt hatte, war, als er sich von verdorbenem Sushi eine Lebensmittelvergiftung zugezogen und uns einige Tage mit seiner Anwesenheit verschont hatte.

„Was riecht hier so nach Hund?“ Christoph sah sich naserümpfend um.

Ich warf ihm einen giftigen Blick zu, da mir keine passende Antwort für ihn einfiel. Natürlich kam der Gestank von mir, das wusste er ganz genau. Außer mir war auch niemand in der Nähe, der sich den ganzen Tag lang vollsabbern lassen musste und mit Designerschuhen in Hundekacke getreten war.

„Jetzt klär uns endlich auf“, forderte Clarissa, „was musst du in diesem Tierheim machen? Du siehst so aus, als wärst du überfallen worden.“

„Gleich.“ Ich war ganz kurz durch den Anblick eines Lichtwesens abgelenkt, das in meine Richtung schwebte: Unser Butler trat aus dem Schatten, in seiner Hand ein Tablett mit einem eiskalten Tequila Sunrise für mich. Ich hatte mich selten so gefreut über diesen Service wie in diesem Moment. Dieser Mann konnte also doch Gedanken lesen und wusste, was ich nach einem harten Tag wie diesem erwartete. Cornelius beugte sich mit einem verständnisvollen Ausdruck in den Augen zu mir herunter, wartete, ob ich Anweisungen für ihn hätte, und verschwand wieder genau so lautlos, wie er gekommen war.

Während ich das halbe Glas in einem Zug austrank, hörte ich rechts von mir ein angewidertes Schnuppern.

„Willst du nicht zuerst duschen gehen?“, schlug Mr. Cool vor.

„Du kannst dich ja weiter wegsetzen, wenn dein feines Näschen mich nicht aushält“, erwiderte ich schnippisch.

„Warum springst du nicht kurz in den Pool, wenn dir duschen zu anstrengend ist?“

„Ich hab keinen Bikini darunter an.“

Daraufhin blinzelte er mich schelmisch an.

„Oh nein, das kannst du vergessen! Ich werd deine kranken Fantasien sicher nicht noch mehr anheizen und nackt baden, wenn du in der Nähe bist.“

Er drehte sich auf die Seite, seine Augen verfielen in den Schlafzimmerblick-Modus. Mit gesenkter Stimme fragte er: „Würdest du dich besser fühlen, wenn ich mit dir in den Pool steige?“

Clarissa gackerte begeistert los und bedachte uns mit einem zweideutigen Blick.

„Leck mich“, fauchte ich Christoph an.

Nein, er antworte nicht das, was man jetzt erwarten würde. Er zwinkerte mir lediglich zu, bevor er sich wieder auf den Rücken legte.

Nach einem weiteren Schluck stand ich auf und gab Clarissa ein Zeichen, mit mir zum Pool zu kommen. Ich setze mich an den Rand, um meine schmerzenden Füße im Wasser zu kühlen. Außerdem konnten wir dort ungestört reden, ohne dass Christoph dauernd dazwischen funken würde.

Eigentlich hatte ich meinen Freunden gar nicht erzählen wollen, wie es im Tierheim wirklich war, das hätte mich noch mehr gedemütigt. Stattdessen hatte ich es so geplant, ihnen in sauberer Kleidung und frisch geduscht gegenüberzutreten und lässig etwas von „Ach, alles halb so wild, ich sitze die meiste Zeit im Büro und trinke Kaffee“ zu erzählen. Für eine solche Show war ich nun viel zu erledigt.

„Ich musste das Hundehaus saubermachen“, platzte ich heraus. „Das war so ekelhaft! Einer hat auf den Boden gepinkelt; und überall diese Haare! Und erst der Hundefuttergestank. Was fütterst du deinem Fif ... deinem Kleinen eigentlich? Bei euch stinkt es nie so.“

Clarissa stutze. „Gibt es dort keine Putzfrau?“

„ICH bin die Putzfrau! Mein Gott, wenn ich das gewusst hätte, wäre ich an diesem einen Abend mit dem Taxi gefahren, dann wäre diese ganze Scheiße nicht passiert.“

Meine Freundin schlug die Beine übereinander und wippte mit einem Fuß. Das tat sie immer, wenn sie über etwas nachdachte.

„Wir lassen unsere Tiere nur hochwertiges Futter fressen“, sagte sie. „Meistens wird es in der Küche frisch zubereitet. Rassehunde darf man nicht mit so einem Müll füttern, der in billigen Dosen verkauft wird.“

„Hast du mir zugehört? Ich soll wochenlang diese widerliche Drecksarbeit machen!“ Clarissa wollte noch etwas sagen, aber ich redete ohne Pause weiter. „Den ganzen Vormittag bin ich angesabbert worden, dann ist noch ein Fressnapf umgekippt und alles hat sich über meine Schuhe verteilt. Ein kleiner Pinscher hat sich sofort auf meine Füße gestürzt und meinen rechten Schuh angeknabbert, danach hat ein anderer meine Jacke für eine Decke gehalten und darauf ein Schläfchen gemacht, während ich seine Kacke von meinem anderen Schuh putzen musste.“ Von den Wasserblasen an meinen Füßen sagte ich nichts, denn daran war ich ausnahmsweise ganz alleine schuld. Was musste ich auch gedankenlos Stilettos zu meiner Strafarbeit anziehen? Für den nächsten Tag erübrigte sich die Frage der Schuhauswahl, denn meine nagelneuen Lieblingsschuhe würden umgehend in den Müll wandern, zusammen mit dem, was von der Jacke noch übrig war.

„Du wirkst etwas überreizt, meine Süße“, stellte Clarissa unnötigerweise fest.

Danke, darauf wär ich selbst nicht gekommen.

„Roxy und ich machen morgen eine kleine Tour durch die Maximilianstraße, falls der Wetterbericht recht hat und wir kein Poolwetter bekommen.“ Sie gackerte eine Weile über ihren eigenen Witz mit dem Poolwetter. „Danach wollten wir noch im Wellnessbad vorbeischauen, die haben dort einen neuen Masseur.“

„Das ist schön, ich wünsch euch viel Spaß“, knurrte ich.

„Komm doch mit, ohne dich ertrage ich Roxys Temperament nicht den ganzen Tag.“

„Ich kann nicht, ich muss arbeiten.“ Meine Güte, ich hörte mich schon an wie mein Vater.

„Och, bittebittebitte“, säuselte sie und strich mir die Haare aus dem Gesicht. „Ich brauch meine kleine Lucille morgen. Lass dir eine Krankheit einfallen und pfeif auf die Sozialstunden.“

Nichts lieber als das, dachte ich, aber die Luft war schon extrem dünn für mich, ich wollte es nicht noch mehr auf die Spitze treiben.

„Ich kann nicht ... wenn mein Vater das rausfindet ...“

„Baby, du bist erwachsen! Er kann es dir nicht verbieten.“

Ich war vielleicht volljährig, aber mein Vater saß am Geldhahn. Einem Geldhahn, der jederzeit abgedreht werden konnte. Außerdem müsste ich ihn anlügen, das hatte ich zwar als Teenager noch okay gefunden, doch mittlerweile fühlte ich mich dabei verdammt unwohl. Ich konnte das nicht. Ich durfte und wollte nicht das letzte bisschen Vertrauen meines Vaters riskieren.

„Du solltest dir endlich ein schickes Appartement nehmen und dein eigenes Leben führen“, sagte Clarissa.

Ich verzog das Gesicht. Die Vorstellung von Unabhängigkeit klang zwar verlockend, aber deshalb eine Villa mit Pool, einem Garten von der Größe eines Parks und unser Personal aufgeben? Die meiste Zeit hatte ich das Haus ohnehin für mich, es wäre also idiotisch gewesen, nur aus einer Laune heraus auszuziehen.

Clarissa sah mir wohl an, was ich dachte, denn sie sprang wieder zum anderen Thema. „Also, kommst du morgen mit oder willst du dich lieber von wilden Tieren anpinkeln lassen?“

Ein Prinz für Cinderella

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