Читать книгу Ein Prinz für Cinderella - Группа авторов - Страница 9
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ОглавлениеPeter Maxdorfer durchwühlte eine Schublade nach der anderen in seiner dreißig Quadratmeter großen Küche. Alles war da: Haufenweise Pfannenwender, Silberbesteck, zehn verschiedene Reiben, bloß kein ...
„Wenn ich helfen kann ...?“, hörte er die vertraute Stimme von Cornelius hinter sich. Peter zuckte zusammen. Sein Butler wurde ihm langsam unheimlich, wie er stets geräuschlos und ohne Vorwarnung auftauchte und scheinbar immer wusste, wann er wo gebraucht wurde.
„Haben wir keinen Flaschenöffner im Haus?“, erkundigte er sich bei Cornelius.
Peter versuchte sich zu erinnern, wann er zuletzt seine eigene Küche betreten hatte. Seit Jahren hatte es keinen Grund dafür gegeben. Wenn er von der Arbeit kam, war das Essen bereits fertig zubereitet und stand zum Servieren bereit. Und da sein Butler offenbar tagsüber an Unterforderung litt, umsorgte er seinen Arbeitgeber an den Abenden mit Getränken und Knabbereien und brauchte dazu nur selten eine Anweisung. Der Mann war sein Geld definitiv wert, stelle Peter wie so oft fest. Im Moment aber war er zu aufgekratzt, um sich gemütlich auf der Couch bedienen zu lassen. Er hatte sogar mit dem Gedanken geliebäugelt, den Rasen selbst zu mähen. Körperliche Arbeit, Schwitzen und Dreck an den Händen – manchmal vermisste er das alles. Leider nahm der Gärtner seine Arbeit sehr ernst, weshalb der Rasen so akkurat gestutzt war, dass ein englischer Golfrasen vor Neid erblasst wäre. Auch sonst gab es im Haus rein gar nichts zu tun, dabei hätte Peter einiges darum gegeben, zumindest eine Glühbirne selbst auszuwechseln. Sein Personal war einfach zu gut. Wenn er schon auf das Auspowern durch körperliche Arbeit verzichten musste, wollte er sich zumindest mit einem kühlen Bier aus der Flasche trösten. Selbst geöffnet, kein Silbertablett und bloß kein edles Glas.
„Sie haben nicht zufällig ein Feuerzeug oder einen Meterstab in ihrer Livree versteckt? Ich bräuchte ein ganz einfaches Plastikfeuerzeug, also kein silbernes Zippo“, wandte er sich an Cornelius.
Für einen Moment blickte Cornelius seinen Chef irritiert an, dann zauberte er ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche.
„Danke.“
Peter bemerkte das leichte Schmunzeln auf Cornelius Lippen, als er ihm dabei zusah, wie er den Kronkorken der Bierflasche mit dem Feuerzeug abploppen ließ. Nach einem großen Schluck gab er ein zufriedenes „Ah“ von sich.
„Ich glaube, ich habe seit fünfzehn Jahren keine Bierflasche mehr mit dem Feuerzeug geöffnet. Genehmigen Sie sich doch auch eines!“ Ein Gefühl der Entspannung breitete sich in ihm aus. Sein Butler brauchte allerdings eine weitere Aufforderung, bis er sich vor den Augen des Arbeitgebers ein Pils aus dem Kühlschrank nahm.
Etwa eine halbe Stunde später saßen die beiden rauchend am Personaltisch, neben ihnen stand ein aufgerissenes Sixpack. Peter ertappte sich dabei, wie er vor sich hinstarrte und mit den Gedanken abdriftete.
Diese Stille ... kein Geklappter von Stöckelschuhen, keine Musik aus dem ersten Stock ... Wie es ihr wohl gerade geht?
Er konnte nicht leugnen, dass er sich ein wenig hinterhältig vorkam. Hätte er Lucia vielleicht doch vorwarnen und noch einmal mit ihr sprechen sollen, bevor er sie so radikal ins Leben hinausgeschubst hatte? Die Idee war ihm schon länger gekommen: Seine Tochter brauchte einen Dämpfer. Sie war schon zu sehr in ihrer eigenen Welt gefangen, alles war selbstverständlich geworden, da nützte es auch nichts, wenn sie einmal im Jahr auf einer Charity-Gala großzügig für kranke Kinder spendete. Das hatte nicht so weitergehen dürfen. Andernfalls hätte seine Tochter sich vor lauter Überheblichkeit irgendwann derart in Schwierigkeiten gebracht, dass ihr kein Anwalt mehr hätte helfen können.
„Möchten Sie darüber sprechen?“, erkundigte sich Cornelius, dem offenbar Peters Stimmung nicht entgangen war. Er war selbstverständlich eingeweiht gewesen, hatte sogar diese Wohnung für Lucia vorgeschlagen. Das Appartement lag in dem alten Mietshaus, das Peter vor einiger Zeit aus Steuergründen gekauft hatte. Den plötzlichen Rauswurf allerdings hatte er selbst beschlossen. Auf dem Monitor der Überwachungskamera hatte er ihr Entsetzen beobachten können, als Lucia seine Nachricht las. Dass zu diesem Zeitpunkt er selbst, Cornelius, die Köchin und die Putzfrau im Haus gewesen waren, hatte sie nicht wissen können. Jeder hatte seine Anweisungen genau befolgt, auch wenn die Köchin ihre Ansicht zu dieser Aktion anschließend lautstark geäußert hatte. Mit hochrotem Gesicht war sie kopfschüttelnd davongestapft und hatte angekündigt, sich den Abend frei zu nehmen. Sollte doch der Hausherr auch wissen, wie es war, ohne Hilfe zurechtzukommen. Sie war eindeutig auf Lucias Seite.
„War ich vielleicht zu hart?“, fragte Peter nachdenklich.
Cornelius drückte seine Zigarette aus und räusperte sich. Sogar wenn man ihn dazu ermunterte, sich locker zu verhalten, konnte er nicht aus seiner Haut. Sein Beruf war ihm vermutlich schon während der Ausbildung auf der britischen Butlerschule in Fleisch und Blut übergegangen.
„Wenn Sie erlauben ...“, begann er zögernd.
„Natürlich, sagen Sie mir ruhig, was sie davon halten.“
„Hart wäre es gewesen, wenn Sie ihre Tochter zur Entwicklungshilfe nach Afrika geschickt hätten, wo den Menschen in der Woche weniger Trinkwasser zur Verfügung steht, als – bitte verzeihen Sie – in diesem Haus bereits vor dem Frühstück verbraucht wird.“
Peter nickte langsam. „Sie glauben also, meine Tochter wird mir das verzeihen?“
„Ich denke sogar, wenn alles nach Plan läuft und sie sich wieder daran erinnert, wie das echte Leben ist, wird sie ihnen eines Tages dankbar sein.“
Peter brummte. So ganz wollte er nicht daran glauben.
„Es könnte natürlich auch passieren ...“, sprach Cornelius weiter.
Peter vollendete seinen Satz mit einem Lachen: „Es könnte passieren, dass sie erstmal komplett durchdreht oder sich bei ihren Freunden einquartiert. Ach, meine kleine verwöhnte Lucia.“
Während Peter sich entspannt zurücklehnte und nach dem nächsten Bier griff, stand Cornelius bereits wieder und warf einen Blick auf die Uhr.
„Wünschen Sie, dass ich etwas zum Abendessen kommen lasse?“
Peter winkte ab. „Für mich alleine wäre das Verschwendung. Wissen Sie was: Ich wärme mir einfach was auf oder mach mir ein belegtes Brot.“
„Wie Sie wünschen.“
Ein weiteres Schmunzeln zeigte sich in Cornelius` Gesicht. Peters Gedanken aber waren bei Lucia. Er zog sein Handy aus der Tasche und überprüfte das Display. Eigenartig ... sein Telefon hätte schon längst voll sein müssen mit Anrufen in Abwesenheit oder zornigen Nachrichten, aber nichts. Das Festnetztelefon gab ebenfalls kein Geräusch von sich. Hatte er seine Tochter etwa unterschätzt? Oder befand sie sich noch in Schockstarre über die neue Wohngegend sowie den Zustand ihres Appartements?