Читать книгу Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4 - Группа авторов - Страница 13
Bude und Stammtisch
ОглавлениеOb der Beruf der Milchmixerin auch in Oberhausen vertreten war, ist nicht bekannt. Milchbars dürfte es, wenn überhaupt, nur wenige gegeben haben. Dafür gab es umso mehr „Büdchen“, oder „Trinkhallen“, wie sie offiziell hießen. Am Ende der 1950er Jahre wurden noch 320 im Stadtgebiet von Oberhausen gezählt. An Curry-Wurst dachte damals noch keiner, dafür gab es Rollmops und Kautabak. Flaschenbier durfte eigentlich nur zu Hause, nicht im Stehen an der Bude, getrunken werden. Aber die alten Verschlüsse der Bierflaschen waren so praktisch, dass wohl mancher Rollmops auch mit ein paar Schluck Bier hinunter gespült wurde.21 Der Trend zum Flaschenbier machte den Wirten in Oberhausen große Sorgen. „Die Stammtische sterben aus.“ Diese gute deutsche Tradition würde bald durch „das Fernsehbier“ verdrängt, so die Befürchtung mancher Wirte. Es gab aber auch hoffnungsfrohe Anzeichen: Die Heimatvertriebenen pflegten ihre Sehnsucht in neuen Stammtischrunden, die Kegelstammtische florierten wie eh und je und in manchen Kneipen eröffneten gar Frauen ihre eigenen Stammtischrunden.22 Ob die Oberhausener Gastwirte das „Aussterben der Stammtische“ wohl zum Vorwand nahmen, um die Getränkesteuer nicht mehr zu bezahlen? Der Kämmerer reagierte gelassen auf den Steuerstreik der Wirte, obwohl er mit einem Fehlbetrag von 400.000 DM rechnen musste. Zwei Gründe gab es für diese beeindruckende Gelassenheit: Erstens würde die Getränkesteuer im folgenden Etatjahr sowieso wegfallen, und zweitens konnte die Stadt Oberhausen derartige Fehlbeträge anscheinend noch gut verkraften.23
Wie die Bierflasche so hatte auch die Milchflasche ihren Siegeszug angetreten. Nur sehr sparsame Hausfrauen kauften noch mit der Milchkanne bei einem der 90 ambulanten Milchmänner, die den Liter Milch vor der Haustür zwölf Pfennig billiger anboten. Warum die fleißigen Milchmänner ihre Existenzberechtigung vor Gericht verteidigen mussten, bleibt schleierhaft. 1960 konnten sie aber erst einmal aufatmen, als das Oberlandesgericht Düsseldorf – darüber kam nur noch der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht! – ihre Existenzberechtigung anerkannte.24