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Die 1960er Jahre: Bevölkerung, Wirtschaft, Infrastruktur

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Am Ende des ersten Nachkriegsjahrzehnts wurde allenthalben Bilanz gezogen. Das Statistische Amt der Stadt Oberhausen kam nach einer Sonderauszählung vom Sommer 1959 zu überraschenden Ergebnissen: Durch wachsende Geburtenzahlen seit Kriegsende verjüngte sich die Bevölkerung der Stadt sehr rasch. In der graphischen Darstellung ergab sich daraus eine Bevölkerungspyramide mit immer breiterer Basis – beneidenswert aus heutiger Sicht, da die Bevölkerungs-„zwiebel“ unten immer schmaler und oben bei den Senioren immer breiter wird. Niemanden hat es überrascht, dass bei der Kriegsgeneration – und dazu gehörten in Deutschland alle vor 1930 Geborenen – die Männer in der Minderheit waren. Umso erstaunlicher war aber der Männerüberschuss in den Jahrgängen danach. Der Grund wurde klar benannt: Oberhausen bot viele Arbeitsplätze für Männer an, und als Folge dessen waren seit Mitte der 1950er Jahre viele junge, unverheirateter Männer aus dem Ausland nach Oberhausen gekommen.80 Vor allem im Bergbau hatten sie Arbeit gefunden. Der aber steckte seit 1958 in einer Absatzkrise.

Ging es zunächst nur ab und zu um Feierschichten, so war ab 1960 immer öfter von Stilllegungen ganzer Zechen die Rede. Noch hieß es, dass die Arbeitsplätze nicht verschwinden, sondern nur auf andere Zechen verlagert würden. Aber auf den städtischen Ämtern wurde zum ersten Mal ein Rückgang der in Oberhausen gemeldeten Ausländer registriert: Von 5.264 im Jahr 1959 auf 4.419 ein Jahr später.81 Während es im Bergbau für alle unübersehbar schon seit zwei Jahren kriselte, brummte 1960 die Produktion in der Stahlindustrie wieder. Wegen des Stahlarbeiterstreiks in den USA, vor allem aber wegen der anhaltend guten Baukonjunktur in Deutschland verzeichnete die HOAG im Geschäftsjahr 1959/​60 einen Produktionsrekord nach dem anderen.82

1961 war schon wieder von einer „Ausländerinvasion“ die Rede. Das Statistische Amt zählte im März bereits 6.752 Ausländer, pro Jahr kamen in den frühen 1960er Jahren rund tausend weitere hinzu. Die meisten waren Italiener, gefolgt von Niederländern, Spaniern, Österreichern, Polen, Griechen und Jugoslawen. Noch hießen die Einwanderer „Fremdarbeiter“. Und auch wenn betont wurde, dass die meisten sich gut „anpassten“, so wurde die Oberhausener Öffentlichkeit doch auch ausführlich über die Ausnahmefälle informiert: „Heißblütigen Südländern, denen das Messer allzu locker in der Tasche sitzt, die der Oberhausener Weiblichkeit allzu temperamentvoll ihre Verehrung zeigen oder dazu gar – wie es leider in Ausnahmefällen vorgekommen ist – zu sehr massiven, um nicht zu sagen kriminellen Mitteln greifen“, konnten abgeschoben werden. 65 derartige Fälle wurden bis zum Sommer 1961 registriert.83 Die Anwerbung ging in der Hochkonjunktur Anfang der 1960er Jahre überwiegend noch von der traditionellen Schwerindustrie aus. Auf den fünf Zechen in Oberhausen gab es Ende der 1950er Jahre noch 20.000 Arbeitsplätze.84 Seitdem Oberhausen 1963 die Höchstmarke mit 260.220 Einwohnern erreicht hatte, wuchs die Stadt nicht mehr weiter. Nur etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Oberhausener war in Oberhausen geboren. Hintergrund dessen waren die Flüchtlingsströme am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach.85 47 Prozent der Oberhausener hatten also einen „Migrationshintergrund“, noch bevor der Zustrom der „Gastarbeiter“ in den 1960er Jahren richtig einsetzte!

Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4

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