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1 Charakteristika und Erkennungsmerkmale
ОглавлениеAuffällig an den Ulmen ist ihre leiterartige Verzweigung (Abbildung 2) – daran erkennt man sie sogar auf der Autobahn (als Beifahrer), wenn welche auf dem Mittelstreifen wachsen. Sie kommt durch eine sehr streng zweizeilige Blattstellung zustande: immer rechts-links-rechts-links … Und wenn die Blätter so angeordnet sind, müssen die Seitenzweige genauso stehen, da sie immer aus den Knospen in den Blattstiel-Achseln entspringen. Der Austrieb der Ulmen erfolgt erst relativ spät. Als ringporige Baumarten müssen sie im Frühjahr zunächst im neuen Jahrring Frühholzgefäße bilden, bevor sie die neuen Blätter mit Wasser versorgen können.
Die Rinde entwickelt sich zu einer dunkelgrauen Netzborke. Die Ulmen können Wunden mäßig gegen Infektionen schützen, sie haben ein mittleres Abschottungsvermögen. Die Zweige (auch Wipfeltriebe) wachsen anfangs waagerecht und richten sich erst anschließend bei ausreichender Belichtung auf, was wie bei Linde, Hainbuche und Rot-Buche als Zeichen für Schattenanpassung zu interpretieren ist.
Der Stamm der Flatter-Ulme kann 6 m (selten 9 m) Umfang erreichen, dafür muss man ggf. oberhalb vorhandener Brettwurzeln messen (MICHELS & ROLOFF 2018). Ulmen werden schnell große Bäume von 30–40 m Höhe, das Höchstalter erreicht 250–300, selten über 400 Jahre. Flatter-Ulmen treiben reichlich Wasserreiser und stammnahe Schösslinge aus den Wurzelanläufen aus und sind sehr stockausschlagfreudig.
Abbildung 1: Alter Solitär in der Flussaue
Weiter ist für Ulmenblätter der schiefe (asymmetrische) Blattgrund charakteristisch, d. h. auf einer Seite des Blattstieles reicht die Blattspreitenbasis meist viel länger zum Zweig herab als auf der anderen. Die Herbstfärbung ist gelb bis orange, selten sogar rötlich.
Eine Unterscheidung der drei einheimischen Ulmenarten ist eigentlich nicht schwierig, sie gelingt am besten anhand folgender Merkmale (zusätzlich zu den zuvor genannten): Die Blätter der Flatter-Ulme weisen in der oberen Blatthälfte keine gegabelten Hauptnerven auf (Abbildung 3), wogegen dies bei Berg- und Feld-Ulme (Ulmus glabra und U. minor) immer der Fall ist. Die Blätter der Berg-Ulme sind an einigen bis vielen Blättern 3-spitzig, die der beiden anderen Ulmen haben nur eine Spitze. Die Blätter der Berg-Ulme sind zudem oberseits so rau behaart, dass es sich wie Schleifpapier anhört, wenn man mit dem Finger darüber streicht.
Die Blüten und Früchte der Flatter-Ulme sind lang gestielt (Abbildung 4) und letztere flattern im Wind, daher ihr deutscher Name – die der beiden anderen Ulmen sind ungestielt/sitzend. Der Blütezeitraum ist sehr früh, oft schon im März, die Blüten sind unauffällig, zwittrig und werden vom Wind bestäubt. Man erkennt zur Blütezeit von weitem nur viele Kügelchen in der Krone. Erst wenn sich die Früchte ebenfalls relativ früh (im April und Mai) bis zur Reife entwickeln, fallen diese auf, da sie zunächst von einem grünen Flügel umgeben sind. Dessen grüne Farbe macht sofort deutlich, dass er Photosynthese betreibt – so ist die schnelle Fruchtreife schon vor dem Austreiben der Bäume zu erklären. Man könnte zunächst denken, dass die Ulmen austreiben, aber es sind „nur“ die Früchte (Abbildung 5). Von Nahem sieht man (gegen das Licht oder mit Lupe) eine wunderschöne Bewimperung am Rand der reifenden Früchte. Die Flatter-Ulme kreuzt sich nicht mit Berg- oder Feld-Ulme, diese beiden bilden hingegen miteinander den Hybrid Holländische Ulme (Ulmus x hollandica).
An alten Flatter-Ulmen treten oft markante Brettwurzeln auf: weit ausladende Wurzelanläufe zur Verbesserung der Standfestigkeit auf nassen Standorten. Diese Eigenschaft behält die Art meist auch auf trockenen (z. B. Park-)Standorten bei. Zudem ist ihr Stamm oft von vielen Wasserreisern (jungen Stammaustrieben) bedeckt, ohne dass dafür eine Krisensituation der Anlass ist – es handelt sich also nicht um Angsttriebe, wie gelegentlich (für Eichen) zu hören oder zu lesen ist. Das Wurzelsystem entwickelt sich herzförmig und erreicht Tiefen von 2 m.
Die dickste Flatter-Ulme der Republik dürfte auf dem ehemaligen Friedhof hinter der Kirche von Gülitz (in NW-Brandenburg) stehen (www.championtrees.de), mit einem Stammumfang von 9,98 m und einem bemerkenswerten Alter von geschätzten 400–500 Jahren. In ihrem Stamm sind Reste der früheren Friedhofsmauer eingewachsen.
Die Ulmen gehören zur Familie der Ulmengewächse (Ulmaceae), mit ihnen auch die Zelkove (Zelkova), aber neuerdings nicht mehr der Zürgelbaum (Celtis).