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Wer ist hier der Boss?

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von Mo Berlitz

Ein Anruf zwei Tage vor Weihnachten. Im Tierheim von X sitzt ein ausgesetzter Akita-Jungrüde und braucht dringend eine Pflegestelle über die Feiertage. Und weil ich doch am nächsten dran wohne, schon eine Akitahündin und somit Erfahrung habe, da könnte ich doch vielleicht?

Naja, nah dran? … Schlappe 150 km … Und zwei Tage vor Weihnachten hat man ja auch was anderes zu tun! … Und überhaupt will ich keinen zweiten Hund … Und schon gar keinen Rüden!

Andererseits hat man zwei Tage vor Weihnachten für ein gutes Werk ein offenes Herz … Und der arme kleine verlassene Hund? Und es ist ja auch nur über die Feiertage …

Also fahre ich mit Mann und Akitahündin einen Tag vor Weihnachten nach X, und wenn die Akitahündin mit dem Akitarüden kann, dann darf er mit – aber nur über die Feiertage!

Im Tierheim hören wir erst mal die Geschichte des Findelkindes. Ein Polizist ging mit seinem Hund spazieren, sah auf einer weiß verschneiten Wiese einen schwarzen Fleck, der sich bewegte – ein junger Hund – und brachte ihn ins Tierheim. Dort wurde der kleine, verschüchterte Kerl zu einem älteren, souveränen Retrieverrüden ins Gehege gesetzt, damit er nicht allein wäre und Zutrauen fassen könne. Nach einiger Zeit schaute man nach den beiden. Da kauerte der »souveräne« Retriever ängstlich in einer Ecke und vor ihm stand drohend aufgebaut der »verschüchterte Kleine«.

Also wurde der offenbar doch nicht so Verschüchterte in die Futterküche verbannt. Einige Zeit später schaute man wieder nach ihm – da hatte er die Küche umgeräumt.

Daraufhin rief man eine dem Tierheim bekannte Akitabesitzerin an und fragte nach einer Pflegestelle. Die rief mich an. Und so standen wir jetzt vor dem Rabauken und überlegten, ob wir uns den wirklich antun sollten. Aber Alewa fand ihn ganz in Ordnung – also durfte er mit. Aber nur über die Feiertage!


Zuhause angekommen, wusste der Jungspund wie ein Wolf auf der Suche nach einem neuen Revier sofort, worauf es ankommt: erstens einen geschützten Schlafplatz und zweitens gesicherte Futterversorgung.

Der Schlafplatz war schnell gefunden – 1. Stock vorne rechts im Eckzimmer, die Kudde neben dem Menschenbett, schön weich mit Schaffell gepolstert, das wär’s. Ein Satz, ein paar Mal um die eigene Achse gedreht und – plumps – da lümmelte er.

Und rums – da flog er. Das von ihm ausgewählte Bett gehörte nämlich schon jemandem: Alewa. Und die ist, was ihr Eigentum angeht, sehr eigen und teilt nicht gerne. Also griff sie sich den Frechdachs und warf ihn aus ihrem Bett. Da saß er nun auf dem harten Boden und schüttelte sich – der Versuch war fürs Erste gescheitert.

Aber vielleicht klappte es ja mit dem Futter besser. Also wieder runter ins Erdgeschoss, kurz gewittert und da vorne links neben der Haustür, da roch es so verführerisch, das musste sie sein! Tatsächlich, die Küche. Rein ins Paradies, eine Erkundungsrunde gedreht, Blick in alle Ecken, Nase in alle Schränke, Pfoten auf die Bank, da – der Napf! Nase rein – bloß Wasser! Gibt es hier keinen Napf fürs Futter? Egal, der kommt noch, erst mal die Immobilie sichern. Er stellte sich breitbeinig und besitzergreifend mitten in die Tür und verkündete knurrend: »Ab sofort gehört die Küche mir!«

Aber da hatte er die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Ein roter Blitz, ein Sprung, ein Drachenfauchen, ein entsetzter Schrei, ein Winseln – Alewa hatte ihm mit dem Eckzahn ein Ohr an die Küchentür genagelt.

Seit damals sind hier die Fronten geklärt – Alewa ist die Chefin und Kuma, der Pflegehund »nur über die Feiertage« hat die Rangordnung akzeptiert.

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