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Marotten

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von Heinz Penndorf

Marotten sind gelegentlich nervig, Marotten sind manchmal lästig, Marotten sind hie und da liebenswert. – Marotten sind Teil der Persönlichkeit.

Jeden Morgen startet Kiyo als Letzter von acht Akitas zu seinem Rundgang im Garten. Er hat eine Menge zu tun … Sich zu erleichtern, zum Beispiel, aber auch »die Zeitung« zu lesen, das heißt, alle Gerüche auf Neuigkeiten zu überprüfen und natürlich auch bei den Pferden, Eseln, Schafen und Hühnern nach dem Rechten zu sehen. Ist dies alles zu seiner Zufriedenheit erledigt, öffnet er eine der Türen und kommt zurück ins Wohnzimmer, wo sein Frühstück auf ihn wartet. Das ist der Ablauf eines »normalen« Morgens.

Ein Tag in der Woche ist aber nicht normal, es herrscht ein strenger Fastentag. Wozu sollte er es da eilig haben zurückzukehren? Kiyo sieht dazu nicht den geringsten Grund. Er öffnet wie gewohnt die Außentüren, denkt aber gar nicht daran hereinzukommen. Er legt sich lieber vor die Küchentür und wartet. Worauf denn? Na, auf Herrchen, der ist nämlich sein Partner bei seiner Marotte, ohne ihn funktioniert sie nicht. Der weiß das und geht bei geöffneter Tür zur Leckerlibox. Getrockneter Pansen ist da drin und getrockneter Fisch und andere Köstlichkeiten. Kiyo beobachtet scheinbar gelangweilt, ist aber höchst konzentriert, denn Herrchen kommt mit einer Leckerei in der geschlossenen Faust zu ihm und lässt ihn schnüffeln – schließlich muss Kiyo ja wissen, ob es sich lohnt zu kommen oder nicht, denn wegen ein wenig Trockenfutter oder Ähnlichem käme er niemals.

Nachdem er den Pansen gerochen hat, ist er sehr aufmerksam. Herrchen wirft den Belohnungshappen in die Küche auf den Boden … ein genauer Blick von Kiyo … zu klein das Stück … aufstehen lohnt sich nicht. Brav holt Herrchen noch ein Stückchen, diesmal etwas größer, und wirft es zu dem anderen. Gut, das kann ein Akita akzeptieren. Wie der Blitz ist der Rüde in der Küche, frisst die beiden Stücke und legt sich genüsslich zu Herrchen neben den Herd. Er sieht sehr zufrieden mit sich und der Welt aus. Darf er doch auch sein.

Herrchen ist genauso zufrieden, denn manchmal kann auch der Stärkere nachgeben, wenn er dazu noch der Klügere ist. Tja Kiyo, so ist das nun mal.

»Sagen Sie, warum erziehen Sie Ihre Hunde nicht? Meinen gewöhne ich solche Unarten ab!«

»Unarten erziehe ich meinen Hunden doch auch ab.«

»Warum dann nicht auch diese?«

»Weil es keine Unart ist, sondern eine Marotte.«

»Haarspalterei!«

»Nein, eine Unart ist etwas, was uns ärgert oder nervt, eine Marotte bringt uns zum Schmunzeln. Wie manches empfunden wird, hängt wohl von der Großzügigkeit des Beobachters ab. Oder sind Sie da anderer Meinung?«


Kiyo

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